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Auszeit

Auszeit

Titel: Auszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco von Münchhausen
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sie, um ein lebenswichtiges Serum zur Verhinderung einer schweren Krankheit herzustellen. Allerdings braucht das eine Land die Schalen und das andere das Fruchtfleisch. Beide Kontrahenten haben ein Budget bis zu 1 Million Euro. Nun kommt es darauf an, ob sich die Kontrahenten gegenseitig bis zur Million hochsteigern oder ob sie den Mut haben, ihre Karten auf den Tisch zu legen, um sofort zu erkennen, dass sie am besten die Ladung gemeinsam erwerben (was jeden nur 5 000 Euro kosten würde), um sich entsprechend ihrer Bedürfnisse Schalen und Fruchtfleisch zu teilen.
    Nicht immer lassen sich Konfrontationen so einfach lösen, und in der Regel hat unser innerer Autopilot Recht, wenn wir zunächst unseren Standpunkt sichern. Letztlich geht es um eine gute Balance zwischen Egoismus und Altruismus, also um die richtige Intuition und Sensibilität, zu erkennen, wann Kooperation statt Konfrontation angesagt ist.

    Fragen zum Nachdenken
Wo habe ich schon erfahren, dass Kooperation und gegenseitige Hilfe positive Auswirkungen hatten?
Welche Bedenken und Ängste habe ich gegenüber zu großer Offenheit und Zusammenarbeit?
In welchen Bereichen meines Lebens könnte ich mehr gegenseitige Offenheit und Kooperation zulassen?

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|73| Veränderung
    Der Sufi Bayazid erzählt folgende Geschichte:
    »In meiner Jugend war ich Revolutionär, und mein einziges Gebet zu Gott lautete: ›Herr, gib mir die Kraft, die Welt zu ändern.‹
    Als ich die mittleren Jahre erreichte und merkte, dass die Hälfte meines Lebens vertan war, ohne dass ich eine einzige Seele geändert hätte, wandelte ich mein Gebet ab und bat: ›Herr, gib mir die Gnade, alle jene zu verändern, die mit mir in Berührung kommen. Nur meine Familie und Freunde, dann bin ich schon zufrieden .‹
    Nun, da ich ein alter Mann bin und meine Tage gezählt sind, beginne ich einzusehen, wie töricht ich war. Mein einziges Gebet lautet nun: ›Herr, gib mir die Gnade, mich selbst zu ändern.‹ Wenn ich von Anfang an darum gebetet hätte, wäre mein Leben nicht vertan.«
    Natürlich, das einzige, was wir wirklich verändern können, sind wir selbst. Und doch scheinen ein paar Modifikationen und Fragen angebracht:
Wie geht das eigentlich: sich selbst zu ändern?
Wenn wir andere nicht ändern können, so doch vielleicht unsere Umgangsweise mit ihnen?
Können wir nicht doch auch die Welt verändern?
|74| Muss ich erst mich selbst ändern, bevor ich um mich herum etwas verändern kann?
    Die erste Frage scheint die wohl schwierigste zu sein, zumal wir nicht einfach wie ein technisches Gerät funktionieren, das nach eingehender Fehlerdiagnose fachmännisch repariert werden kann. Selbst wenn man erkannt hat, in welchen Punkten man sich verändern sollte, wird man immer wieder feststellen, dass Erkenntnis allein noch nicht heilt. Selbst wenn wir uns vornehmen, geduldiger oder gelassener zu reagieren – in Stresssituationen wirken wieder die alten, tiefsitzenden Programme, die sich willentlich eben nicht einfach verändern lassen. Das kann auf Dauer sehr entmutigend sein. Und doch gibt es einen Weg, sich behutsam weiterzuentwickeln und als Persönlichkeit zu reifen. (Mehr zu diesem Aspekt finden Sie im Kapitel »Persönliches Wachstum«, S. 211.) Der erste Schritt besteht darin, die eigenen, oft unbewussten Muster mit der Zeit immer besser zu erkennen und sich selbst mit ihnen anzunehmen , ohne sich dafür zu verurteilen, wie man eben ist, mit all den eigenen Fehlern und Schattenseiten. Wenn man es schafft, die eigenen Reaktions- und Verhaltensweisen mit neugierigem und wohlwollendem Interesse zu erforschen, ja vielleicht mit einer guten Portion Humor sogar darüber zu lächeln, eröffnet sich ein Raum, in dem es möglich wird, hin und wieder anders zu handeln. Dies ist eine Veränderung, die sich von innen heraus entfaltet und nicht von außen mit Zwang und Selbstverurteilung angegangen wird. Es ist der Weg einer behutsamen Selbstannahme und einer schrittweisen Veränderung durch Integration und nicht durch Unterdrückung oder Verdrängung. Natürlich erfordert dieser Weg den inneren Wunsch, Veränderung zuzulassen (statt zu »machen«) und ein gutes Maß an Geduld, da Persönlichkeitsentwicklung viel Zeit braucht.
    Früher oder später wird man merken, dass es nicht möglich |75| ist, andere Menschen zu verändern, so sehr man sich auch bemühen mag. Allenfalls kann man vielleicht mit Druck oder sonstigen Manipulationsmitteln erreichen, dass diese bestimmte Dinge tun,

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