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Auszeit

Auszeit

Titel: Auszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco von Münchhausen
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Tode hetzen. Sobald du sie anschauen kannst und ihnen entgegentrittst, können sie dir nichts mehr anhaben und verschwinden«.
    Eine Erfahrung, die Sie vielleicht auch schon gemacht haben? Die gefürchtete Prüfung war viel leichter als gedacht, die Aussprache |112| mit dem Chef harmloser als erwartet, eine vermeintlich schwere Aufgabe viel leichter als vermutet. Doch diese Erfahrungen können wir nur machen, wenn wir den ersten Schritt wagen und uns der Herausforderung stellen. Manchmal gilt es tatsächlich, den ersten Schritt vorsichtig zu tun, um daraus den Mut für den nächsten zu schöpfen. Die Frage ist nur, ob der innere Antrieb, wie in den beiden Geschichten, erst aus letzter Verzweiflung kommen muss, oder ob wir nicht schon vorher aus freien Stücken den Mut finden, der Angst entgegenzutreten. Je häufiger wir die Erfahrung machen, dass die Furcht verschwindet, wenn wir das Gefürchtete wagen, umso größer wird auch unser Selbstvertrauen und damit die Bereitschaft, den entscheidenden Schritt immer öfter zu tun.

    Fragen zum Nachdenken
Bei welchen Gelegenheiten habe ich schon erfahren, dass meine Befürchtungen völlig unbegründet waren und dass die Angst verschwand, nachdem ich den ersten Schritt getan hatte?
In welchen Bereichen habe ich immer noch Angst, die vermutlich nur in meiner Vorstellung besteht?
Was könnte mir helfen, in diesen Bereichen wie der Löwe das Gesicht ins Wasser zu tauchen oder wie der Held auf die Schattenwölfe zuzugehen?

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|113| Flexibilität oder Starrsinn
    Am Ufer eines Teiches wuchs eine mächtige und stolze Eiche. Sie trotzte jedem Wetter und beugte sich keinem Sturm.
    In ihrer Nähe wuchs ein Schilfrohr, das schwach und zerbrechlich wirkte, da es bei jedem leichten Windstoß schwankte.
    Der Eiche tat das Schilfrohr leid, und sie sagte zu ihm: »Wenn du doch näher bei meinem starken Stamm gewachsen wärst! Dann könnte ich dich beschützen.«
    Das kleine Schilfrohr bedankte sich für die Freundlichkeit , meinte jedoch, dass ihm schon nichts geschehen werde: »Wenn ein gewaltiger Sturm kommt, dann beuge ich mich und lasse ihn über mich hinwegbrausen. Ich werde nicht brechen.«
    Die starke Eiche verstand das Schilfrohr nicht. Sie würde sich niemals beugen. Sie war davon überzeugt, jedem Sturm trotzig und kraftvoll Widerstand leisten zu können.
    Da geschah es eines Nachts, dass ein gewaltiger Orkan über die Gegend fegte.
    Die Eiche blieb standhaft und wollte sich nicht unterwerfen .
    Das Schilfrohr hingegen presste sich eng gegen den Boden und ließ ihn über sich hinwegfegen.
    |114| Und als sich der Orkan ausgetobt hatte, lag die Eiche am Boden — die Wurzeln aus dem Boden gerissen, die Blätter weggefegt und Zweige und Äste zerbrochen.
    Das kleine Schilfrohr dagegen stand aufrecht und erwartete den Morgen.
    Eiche oder Schilfrohr stehen hier für zwei grundverschiedene Haltungen im Leben. Die »Eichenhaltung« war vor allem bei den früheren Generationen das Ideal, das vermittelt und gelebt wurde, während Menschen mit »Schilfrohrmentalität« als schwache Charaktere belächelt, verachtet oder verurteilt wurden, als würden sie ihr Fähnchen jeder Windrichtung anpassen. Wofür könnten im persönlichen Leben die Bilder der Eiche und des Schilfrohrs stehen?
    Eichenmenschen sind eher konservativ, unbeweglich, starr und oft gleichzeitig stur. Sie verfolgen ihre Ziele mit den alten, für sie erprobten Strategien, scheuen Veränderungen und halten an ihren bisherigen Positionen und Ansichten so gut sie können fest. Sie erreichen ihre Ziele mit Kraft, notfalls mit juristischen Prozessen oder Gewalt, und sie führen bisweilen wie ein Soldat einen Kampf auf Leben und Tod. Es geht ihnen ums Recht-haben-Müssen, sie verurteilen andere nach klaren Kriterien von gut und böse, von richtig und falsch, und statt zu verzeihen sind sie nachtragend und versuchen, erlittenes Unrecht »Auge um Auge …« zu rächen. Ihre Starrheit ist oft auch äußerlich in ihrer eher steifen Körperhaltung und ihren unbewegten Gesichtszügen erkennbar, die kaum Emotionen wahrnehmen lassen.
    Schilfmenschen sind dagegen eher flexibel, beweglich und notfalls in der Lage nachzugeben, ohne aber ihren inneren Standpunkt aufzugeben. So wie auch das Schilfrohr seinen Standpunkt, wo es aus der Erde wächst und seine Wurzeln hat, nicht aufgibt, wenn es sich dem Sturm beugt. Sie sind eher bereit, neue Wege |115| zu gehen, sich dem Wandel der Dinge anzupassen, zu lernen, zu

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