Ausziehen!
das nutzlose Ding in meiner Hand, wirbelte dann herum und stürzte los. Seine Finger bekamen mein Kleid zu fassen und zerrten mich zurück. Ich fiel hin. Er packte mich am Rücken. Ich holte mit dem Arm aus und rammte ihm mit voller Wucht den Ellbogen auf die Nase.
Er heulte auf wie ein Tier, das in eine Falle geraten war. Mit beiden Armen und Beinen rudernd, schaffte ich es irgendwie, wieder auf die Beine zu kommen. Er lag immer noch am Boden. In den Büschen hinter ihm raschelte etwas. Freunde? Vielleicht. Aber seine oder meine? Mit wackeligen Knien rannte ich über den Parkplatz zu meinem Auto hin. Ich stocherte wie wild am Schlüsselloch herum, fluchte, betete und heulte, bis der Schlüssel endlich sein Ziel fand und ich im Auto saß. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wie ich die Tür zugeschlagen oder den Motor angelassen habe. Ich weiß nur noch, dass ich mit kreischenden Rädern vom Parkplatz auf die Straße gejagt bin.
Irgendetwas prallte gegen meine Stoßstange, aber mir war völlig egal, was. Mit Ausnahme meines Angreifers. Falls er es gewesen war, so hoffte ich inständig, dass ich seinen Kopf getroffen hatte.
10
Jeder ist seines Glückes Schmied. Es sei denn, ein Kerl erwischt dich mit seinem Mädchen. Dann wird er dir zeigen, wo der Hammer hängt.
Peter McMullen, nachdem er mit Mary Lou Johansan in flagranti ertappt wurde
A ls ich nach Hause kam, zitterten mir immer noch die Hände. Das Haus selbst kam mir schrecklich dunkel vor, auch nachdem ich alle Lampen angemacht hatte. Jede. Selbst die im Ofen. Ich wischte mir mit dem Handrücken über die Nase, drehte in jedem Türschloss den Schlüssel zweimal um und schleppte mich ins Badezimmer. Ich setzte mich auf den Toilettendeckel, streifte mir mit den Zehen die Sandalen von den Füßen und untersuchte meine Knie. Sie waren schwarz vor Teer und geronnenem Blut. Meine Nase war nicht mehr zu halten. Ich beugte mich vor, riss ein paar Blätter vom Toilettenpapier ab und versuchte, nicht zu weinen. Es nützte nichts. Darum steckte ich den Stopfen in die Badewanne, drehte die Wasserhähne auf und sagte mir, dass ich genauso gut ins Wasser heulen konnte.
Es mag zwar lächerlich klingen, aber es tat höllisch weh, mich auszuziehen, als wäre ich ausgepeitscht worden. Jeder einzelne Muskel schmerzte. Blutergüsse an den unmöglichsten Stellen ruinierten meine Pfirsichhaut. Vorsichtig stieg ich in die Wanne und zuckte regelrecht zusammen, als das Wasser mit meinen Wunden in Berührung kam. Nach und nach ließ der Schmerz jedoch nach. Ich weinte ein wenig vor mich hin, rutschte tiefer ins Wasser und schlief schließlich ein.
Irgendwann in der Nacht muss ich aufgewacht sein, da ich am nächsten Morgen in meinem Bett wach wurde.
Es war noch sehr früh. Eigentlich hätte ich liegen bleiben können, aber ich konnte nicht mehr einschlafen. Daher stand ich auf, verband die schlimmsten Hautabschürfungen und entschied mich für eine lange Hose und eine langärmelige Bluse, um die Kratzer und Schrammen zu verbergen. Indianer kennen keinen Schmerz, sagte ich mir, betrachtete mich im Schlafzimmerspiegel und fand, dass ich eigentlich gar nicht so schlimm aussah.
Elaine war anderer Meinung.
»Chrissy! Verdammt! Was ist denn mit dir passiert?« Ich war nicht mal ganz zur Tür herein, als ich schon zu heulen anfing. Wie eine Glucke kam Elaine um die Empfangstheke herum, nahm mich unter ihre Fittiche und beförderte mich auf meine eigene Couch. Zusammengekrümmt wie eine kaputte Marionette ließ ich mich auf den Kissen nieder. Sie strich mir das Haar von einer Schramme, die ich bisher noch nicht entdeckt hatte, und betrachtete mein Gesicht. »O, Chrissy! Wer hat dir das angetan?«
Außer einem Schluckauf hatte ich keine Antwort parat. Ich war der Meinung, dass, wenn man schon in Selbstmitleid zerfloss, man wenigstens richtig darin baden sollte.
»War das Rudy?!« Plötzlich klang sie fest entschlossen. »So ein Mistkerl! Den bring ich um!«
Rudy. Bei diesem Namen klingelte was in meinem umnebelten Hirn. Der Kerl war vor ungefähr zwei Jahren für kurze Zeit das Zentrum meines Universums gewesen. Mehr spuckte meine Erinnerung dazu nicht aus, obwohl die letzten Monate unserer Beziehung alles andere als angenehm gewesen waren. Im Vergleich zu den Ereignissen auf dem Parkplatz waren seine Schikanen jedoch reinste Poesie gewesen. Ich schüttelte den Kopf und versuchte, mich zusammenzureißen. Gegen Windmühlen zu kämpfen, wäre einfacher gewesen.
»Warum
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