Ausziehen!
nur -«
»Vergiss es.«
Er hatte Recht. Vollkommen. Ich hatte offenbar den Verstand verloren. »Du hast Recht«, gab ich zu. »Das würdest nicht mal du hinkriegen.«
Wieder wurde es still. »Was kann nicht mal ich hinkriegen?«
»Mach dir keinen Kopf. Ich hätte dich das gar nicht erst fragen dürfen.«
»Diese Eileen …« Er hielt inne, weil er wusste, dass er falsch lag, und kämpfte wie ein Löwe gegen seine sozialen Unzulänglichkeiten an. »Elise … E -«
»Elaine«, korrigierte ich ihn.
»Genau. Hat sie wirklich Samstag noch nichts vor?«
»Eigentlich wollte sie mit einem Freund ins Kino gehen, aber der hat die Grippe.«
»Echt?«
Ich merkte, wie er schwach wurde. Falls ich eine Seele besessen hätte, hätte sich sicher längst mein schlechtes Gewissen gemeldet. Ich führte einen kurzen mentalen Check durch. Nichts.
»Hör zu, tut mir leid, dass ich dich damit belästigt habe«, sagte ich und hielt den Hörer immer weiter von meinem Ohr weg.
»Warte!«
Ich schäme mich zu sagen, dass ich womöglich gegrinst habe. Aber es war wirklich nur ein ganz klitzekleines Grinsen. »Wie bitte?«, fragte ich.
»Ist sie wirklich so heiß, wie sie im Internet aussieht?«
»Elaine?«
»Ja.«
»Sie macht Yoga.«
»Kein Witz?« Er klang, als sei er ein wenig außer Atem.
»Sie kann sich fast wie eine Brezel verbiegen.«
Wieder folgte eine kurze Stille. »Verdammt, McMullen, wenn ich in den Knast gehe, gehst du mit!«
18
Fairplay, schön und gut. Aber wenn du weißt, wie du ihnen ordentlich in die Eier treten kannst, kann dir das bei neun von zehn Malen ganz schön aus der Patsche helfen.
Glen McMullen, als Chrissy tränenüberströmt aus der dritten Klasse nach Hause kam
D er Himmel war rabenschwarz, als ich auf die 405 auffuhr. Ich bog auf die Burbank ab und parkte bei Bomstad um die Ecke. Ich fand den perfekten Parkplatz; er war weit genug von meinem Ziel entfernt, und man hatte von dort aus durch das Laubwerk der Bäume hindurch das oberste Stockwerk gut im Blick. Ich war mit der vollen Spionageausrüstung ausgestattet: Taschenlampe und dunkle Kleidung. Wie es schien, war so ein Spionagezubehör recht billig in der Anschaffung.
Dennoch saß ich in meinem Saturn und wartete ab, bis sich mein Herz wieder beruhigt hatte. Eine dunkle Limousine fuhr vorbei. Ich weigerte mich, hinzusehen, weil ich mir sicher war, dass der Fahrer die wahre Natur meiner Pläne erkennen würde und Riveras Nummer per Schnellwahltaste gespeichert hatte.
Als das Auto endlich an mir vorbeigefahren war, blieb ich allein zurück. Jetzt oder nie. Ich stieg aus dem Saturn und schloss die Tür. Der Krach hätte Tote aufwecken können und war fast so laut, dass er mein wild pochendes Herz übertönt hätte. Ich hatte das Gefühl, den Mount Everest zu erklimmen, als ich die Anhöhe zu Bomstads Toreinfahrt hochstieg. Dort angekommen, schnappte ich vor dem schmiedeeisernen Tor verstohlen nach Luft. Ich schaute mich flüchtig um, quetschte mein Gesicht wieder zwischen die Gitterstäbe und blickte angestrengt in die Dunkelheit, aber so sehr ich mich auch anstrengte, ich konnte einfach keinen kleinen roten Zyklop entdecken, der mir entgegenstarrte.
Wer hätte gedacht, dass Solberg so zu seinem Wort stand?
»Kann ich Ihnen helfen?«
Ich machte einen Satz auf die Straße. Fast hätte ich geschrien. Mucksmäuschenstill fuhr ein silberfarbener BMW im Schritttempo vorbei. Ein Typ in einem weißen Polohemd saß hinter dem Lenkrad und sah mich an.
»Ja.« Meine Antwort wurde von einem herzergreifenden Zittern in der Stimme begleitet. Ich zuckte zusammen, riss mich dann aber zusammen. »Ich habe mich irgendwie verlaufen.« Selbst in meinen Ohren hörte ich mich an, als würde ich gleich losheulen. Hätte ich auch nur noch den kleinsten Funken Stolz besessen, so hätte er sich spätestens jetzt bemerkbar gemacht. Aber die Angst hatte jede andere Gefühlsregung verschluckt. »Ich suche Julies Haus.«
»Julie?«
»Genau. Julie …« Verdammt. »Andrews.« Verdammt! Verdammt! Verdammt! »Sie wissen nicht vielleicht, wo …?« Ich zwang mich zu lachen. Es klang zittrig. Ich machte mich bereit, spontan wegzurennen. »Sie wissen nicht vielleicht zufällig, wo sie wohnt, oder?«
»Julie Andrews? Die Schauspielerin?« Ich bemerkte erst jetzt, dass er mit einem leichten Akzent sprach. Bei meinem Glück war er bestimmt ihr Neffe.
»Nein, nein. Natürlich nicht. Sie ist … Buchhalterin.«
»Eine Buchhalterin? Und sie wohnt hier in diesem
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