Autobiografie eines Lügners
dort drüben gesehen, wie sie eine kurze Ruhepause in einem randvollen Zeitplan genießen. Wer ist das da neben Hollywoods führendem Psychiater Dr Stuart Lerner?« 89
»Das könnte entweder Jane Seymour, Jenny Agutter, Susan George, Shelley Duvall oder Victor Borge sein.«
»Victor Borge?«
»Tut mir leid, habe ich ›Victor Borge‹ gesagt? Ich dachte nur, ich hätte einen Blick auf Victor Borge erhascht, wie er einen kleinen Plausch mit Charlton ›Chuck‹ Heston und seinem Lebensgefährten, dem Drehbuchautor Alan Katz, genießt ….«
»Ja, aber wer ist das Mädchen neben Stuart Lerner?«
»Oh, das ist Sylvia Kristel.«
»Oh ….«
Die Sonne sprenkelte sich durch die Bäume, verströmte sich auf das knackig weiße Linnen des Teetischs, der sich über die volle Länge des Gartens erstreckte. Gurkensandwiches wurden weitergereicht. Tee wurde aus Silberkannen in Knochenporzellantassen geschenkt, und das sanfte »Klopp« von Croquet-Schläger, der auf Croquet-Kugel trifft, wurde über den Rasen geweht …. Ein Alibi-Journalist in vier Metern Entfernung fand, die Party »gehe« ungeheuer »los«, und in der Ferne konnte ich hören, wie Bernard McKenna sich nach seiner zweiten Flasche Bourbon monoton übergab. Gottseidank hatten wir ihm eine eigene Suite überlassen. »Alle scheinen beschäftigt zu sein«, dachte ich, während ich mich durch die Gäste schlängelte, Burt Reynolds’ Chauffeur zunickte, diskret durch eine Nebentür und in eine wartende Präsidentenlimousine trat. Nun zu Phase zwei ….
Zufällig war gerade David Frosts Geburtstagsparty, die dritte an dem Nachmittag, und ich hatte versprochen, ich würde versuchen, auf ein, zwei Momentchen vorbeizuschauen. Ich bin froh, daß ich es getan habe, denn dort im Hauptballsaal saß David Paradine Frost am Honoratiorentisch, komplett von Journalisten umringt. David war so sehr in Anspruch genommen, daß er nicht merkte, wie Tisch um Tisch die Berühmtheiten, um diesen großartigen Anlaß zu ehren, auf Pappe aufgezogene Starschnitte ihrer selbst geschickt hatten. Dort saß ein Abbild von Peter Sellers; an einem anderen Tisch schwatzte eine Fotografie von James Coburn mit einem Lichtbild von Dick Van Dyke; zwischen ihnen konnte man sehen, wie der Umriß von Andy Williams eine Silhouette von Ray Stevens ersetzte. Mary Tyler-Moore, Jane Fonda, Gabe Caplan, Victor Borge und David Niven waren als Gruppenbild gekommen. David dankte einem zweidimensionalen Henry Kissinger für sein wohlüberlegtes Geschenk, zwei Dutzend frische Speichellecker, und noch überschwänglicher dankte er einer seiner Sekretärinnen, weil sie die absolut süperb fantastische und originelle Idee gehabt hatte, seine Mutter einzuladen. Dann, fast wie auf Stichwort, erschien ein singendes Telegramm: eine Vertriebene aus einem Busby-Berkeley-Musical schnulzte sich durch eine fad süßliche Lobpreisung Davids einzigartiger Verdienste. Dem folgte ein tanzendes Telegramm, dem ein tanzendes-und-singendes Telegramm folgte, dem wiederum ein tanzendes-singendes Telegramm auf Rollschuhen, als Geburtstagstorte verkleidet. David gelang es sogar, Überraschung vorzutäuschen, als ein rufendes-singendes Komiker-Duo auf Rollschuhen erschien. Zum ersten Mal hatte David sich ganz leicht verkalkuliert. Sogar sein synthetisiertes Lächeln machte Anstalten abzusacken, richtete sich aber glücklicherweise bei jedem Blitzlicht professionell auf.
Ebenso glücklicherweise hatte der aus Pappe ausgeschnittene Peter Sellers das Interesse an der Feier verloren, und es gelang mir, mich hinter ihm zu verstecken, während er sich wegen angegriffener Gesundheit entschuldigte; er war offensichtlich beim Skilaufen von einem Tiger ins Schienbein gebissen worden ….
Auf dem Weg nach draußen tröstete ich einen aufgebrachten Rod Stewart, der unglücklicherweise persönlich zur Party gekommen war. Er hatte an dem Vormittag geheiratet, und die Vergrößerungen des glücklichen Paares waren nicht rechtzeitig fertig geworden.
Eine carmen-mirandaëske Verabschiedungsperson mit schaurig nackten Beinen half mir auf meinen Rückrückrücksitz auf dem Starkümmerer -Hier-ist-noch-Platz-Limousinenbelader. Als ich hydraulisch auf meinen Platz in der Präsidentenlimousine gerutscht wurde, erhaschte ich durch das dunkel getönte Glas einen Blick auf Peters ausgeschnittenes Konterfei, welches unter Intensivstationsvorkehrungen in eine Rolls-Royce Silver Cloud Phantambulanzkarosse verladen wurde. Ich drückte den Ton des
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