Autobiografie eines Lügners
daß sie nicht kommen konnten, da sie zu der Zeit nicht in den lunaren Regionen waren, wünschten uns allen aber alles Gute.
In meiner Verzweiflung klopfte ich an die Luke einer ganz aus Holz hergestellten Kapsel. Es kam keine Reaktion. Ich schob den Mahagoniriegel an der großen Teakholztür beiseite und näherte mich dem Sarg. In das Eichenholz geschnitzt waren die Worte: »Hier liegt Oscar Fingal O’Flaherty Wilde, ausgegangen und nicht zurückerwartet.« Ich hatte genug Entschuldigungen für einen Tag. Ich hebelte den Sargdeckel aus Lombardeipappelholz auf. Das Geräusch des Aufhebelns ähnelte einem lauten Rascheln, was auf Erden nichts bedeutet, im Weltraum aber nasenzerschmetternd wirken kann. Ich ergriff den toten Spötter bei den Beinen und schleifte ihn zu mir nach Hause.
»Wenn man den Haubentaucher bei der Haube packt, ist er darunter immer noch nicht nackt. Weder ist ein Mann eine Wespe, noch wurde Düsseldorf an einem Tag erbaut. Goethe spielt Flöte auf Schiller sei’m Piller. Mein Herz bäckt, eine benommene Taubheit füllt meinen Jenssen, let it be, let it be.«
»Was hat das denn zu bedeuten?« fragte David.
»Gar nicht schlecht. Dafür, daß er tot ist!« sagte ich.
»Ich bitte dich –, ›gar nicht schlecht, dafür, daß er tot ist‹!«
»Ich bitte Sie, Wilde, was bedeutet es?« fragte der Prinz von Wales.
»Es bedeutet, Euer Majestät … Es bedeutet ….«
Das Publikum brach in Gelächter aus.
Wir rannten alle von der Bühne, und John Cleese zischte mir zornig ins Ohr: »Lern deinen Scheißtext. Korrekt hätte es heißen sollen …
Du hast uns stundenlang warten lassen.«
GRAHAM ( schwächlich ): Ich hatte nicht den Eindruck, daß das jemand gemerkt hat.
JOHN ( noch schwächlicher ): Nein, hat wohl auch keiner.
GRAHAM ( noch viel schwächlicher ):
ENDE
ANHANG
Trauerrede auf Graham Chapman
gehalten im Januar 1990 von John Cleese
Graham Chapman, Ko-Autor des »Papageien-Sketch«, ist nicht mehr.
Er hat aufgehört zu sein, ging des Lebens verlustig, er ruht in Frieden, er hat den Löffel abgegeben, ist abgekratzt, hat ins Gras gebissen, den Geist aufgegeben, den letzten Schnaufer getan, ist zum Großen Abteilungsleiter »Leichte Unterhaltung« im Himmel berufen worden, und ich nehme an, wir finden es alle traurig, daß ein Mann von solchem Talent, solcher Kompetenz und Freundlichkeit so plötzlich, im Alter von nur achtundvierzig Jahren, weggezaubert wird, bevor er vieles von dem erreicht hatte, was er hätte erreichen können, und bevor er genug Spaß hatte.
Nun, ich finde, ich sollte sagen: »Unsinn. Weg mit Schaden, weg mit dem schmarotzenden Schweinehund! Ich hoffe, er brät.«
Und warum sollte ich das sagen? Weil er es mir nie verzeihen würde, wenn ich es nicht täte, wenn ich diese Gelegenheit, Sie alle in seinem Interesse zu schockieren, verstreichen ließe. Er hat Besseres verdient als geist- und besinnungslosen guten Geschmack. Als ich dies gestern nacht schrieb, konnte ich ihn hören, wie er mir ins Ohr flüsterte:
»Na schön, Cleese, du bist doch so stolz darauf, daß du der Erste bist, der jemals im Fernsehen ›shit‹ gesagt hat. Wenn diese Trauerfeier wirklich mir gilt, dann möchte ich, nur so im Vorabbereich, daß du der Erste bist, der jemals bei einem britischen Trauergottesdienst ›fuck‹ gesagt hat!«
Sehen Sie, das Schlimme ist, ich kann es nicht. Wenn er jetzt bei mir wäre, würde ich wahrscheinlich den Mut aufbringen,weil er mir immer Mut gemacht hat. Aber die Wahrheit ist, daß mir die Eier für sowas fehlen, sein großartiger Trotz, sein fabelhaftes Mir-so-wurscht. Und so werde ich mich damit bescheiden müssen, stattdessen »Betty Marsden!« zu sagen …
Aber kühnere Geister werden heute folgen, Geister, die weniger gehemmt sind als ich. Jones und Idle, Gilliam und Palin. Der Himmel weiß, was die nächste Stunde in Grahams Namen bringen wird. Ausgezogene Hosen, Gotteslästerer auf Hüpfstelzen, spektakuläre Vorführungen Hochgeschwindigkeitsfurzens, synchrone Blutschande. Einer der vier plant, sich einen toten Ozelot und eine Remington-Schreibmaschine aus dem Jahre 1922 zu den Klängen des 1 . Satzes von Elgars Cellokonzert in den eigenen Arsch zu schieben. Und das vor der Pause.
Denn, wissen Sie, Gray hätte es so gewollt. Wirklich. Für ihn nur das Beste, keinen geistlos guten Geschmack. Und das ist es, woran ich mich bei ihm immer erinnern werde –, außer natürlich an seine eines Olympiers würdige Extravaganz. Er
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