Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
AUTOMATENHELDEN: Ein Jahr Online-Dating

AUTOMATENHELDEN: Ein Jahr Online-Dating

Titel: AUTOMATENHELDEN: Ein Jahr Online-Dating Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gill Gartenstadt
Vom Netzwerk:
ja eigentlich auch erst richtig Spaß macht, oder? Mit einem Leben aus dem Koffer hast Du Dich der Wissenschaft so sehr verschrieben, wie ich im umgekehrten und auch fast schon übersteigerten Sinne dem mütterlichen Nestbau. Ich habe ja nicht einfach nur ein Kind bekommen, sondern bin auch noch aus dem Job, in dem ich nur mit Männern zusammengearbeitet habe, von Berlin direkt aufs Land gezogen. Terrasse kärchern, Fenster putzen, Rasen düngen... ein Knochenjob! Hier treffe ich auf ganz einfache Frauen, aber glücklicher Weise auch auf »Zurückgekehrte«, die aus London, Hamburg, München kommend, sich ganz bewusst für ein Familienleben im Grünen entschieden haben.
    In Südafrika war ich nach der Schule ein Jahr, daher weiß ich, dass man in einer fremden Umgebung mit neuen Menschen und ungewohnter Tätigkeit, trotzdem seine Identität behält und sogar neue Facetten an sich entdecken kann, was ja immer eine Bereicherung ist... Deshalb nehme ich mein Leben so wie es ist dankbar an und freue mich über die Kinder und die Blumen im Garten.
    Dich zu treffen wäre schön! Vielleicht sind wir ja Topf und Deckelchen, wer weiß? Lass mich wissen, wenn Du Zeit hast!
    Liebe Grüße,
    Gill
     
    Donnerstag, 26. April 2012
    Was ist das denn? Ich kann es einfach nicht glauben. Soll sich diese Bekanntschaft etwa wieder in Luft auflösen? Hat er meine Nachricht vielleicht nicht bekommen, weil ich die Bilddatei angehängt habe? Oder fand er das Foto kitschig? Ist plötzlich eine andere, bessere Frau für ihn aus dem Nichts aufgetaucht?
     
    Ich an ihn
    26.04.2012, 20:21 Uhr
    Treffen?
     
    Lieber Rafael,
    jetzt höre ich gar nichts mehr von Dir... vielleicht hat der Server meine E-Mail von Sonntag gar nicht durchgelassen, weil ich eine Bilddatei angehängt hatte... oder Dein Postfach quillt gerade mit Liebesbriefen über, die Du alle noch abarbeiten musst... keine Ahnung, aber ich mache mir Gedanken:)
    Wie sieht denn Deine Projekte-/Zeitplanung für die nächsten Wochenenden aus? Wir haben hier am Samstag lange Nacht der Museen in Düsseldorf. Aber ein Abend in der Kneipe wäre mit Dir bestimmt genauso unterhaltsam. Oder wir unternehmen sonntags mal was zusammen? Leon und Flora gehen neuerdings beide jeden Samstagabend bis Sonntagabend zu ihrem Vater – meine Zeitplanung ist daher recht einfach:)
    Wenn Du magst, können wir auch mal telefonieren, ich würde mich freuen!
    Hoffentlich bis bald,
    Gill
    Tel. XXXXX.XXXX
     
    Samstag, 28. April 2012
    Vormittag.
    Diese E-Mail habe ich Donnerstagabend verschickt. Freitagabend kein Anruf. Ich merke, dass der Internetzugang nicht funktioniert.
     
    Nachmittag.
    Mir fällt auf, dass die Leitung tot ist. Ist mein Telefon etwa gerade gestern Abend kaputt gegangen? Welch Ironie des Schicksals. Ich dachte es mir ja schon, weil er nicht angerufen hat. Aber dass es tatsächlich so ist? Wie oft im Leben geht einem das Telefon kaputt? Ich lade das andere Telefon auch auf. Tot. Mit dem Handy rufe ich die Störungsstelle bei Tellbell an. Sie rechnen alles durch und tatsächlich, an der Hauptleitung ist eine Störung. Am Montag kann sie erst behoben werden.
     
    Abend.
    Die Kinder sind weg, ich bin alleine. Keiner geht mit mir zur Nacht der Museen. Den Robin habe ich vor einem Monat weggeklickt, der wäre bestimmt gerne mit mir dahin gegangen. Vielleicht hat Rafael versucht mich anzurufen? Die T-Box kann ich mit dem Handy nicht abhören. Wenn ich mich selber anrufe, kommt entweder ein Dauerbesetztzeichen oder der Spruch: »The person you have called is temporarily not available. Bitte versuchen sie es zu einem späteren Zeitpunkt nochmal.« Man kann also gar nicht aufs Band sprechen. Internet geht nicht, Fernseher geht nicht. Ich bin so verzweifelt, ich rufe mit meinem Handy Marc an. Nach neunmal Klingeln lege ich wieder auf. Kein Band, er geht nicht ran. Womöglich existiert diese Nummer gar nicht mehr. Für wen existiere ich? Ich lasse meinen Tränen freien Lauf. Das ist das erste Mal, dass ich aus Einsamkeit wirklich weinen muss.
    Gestern Abend habe ich eine Trauerkarte für unsere Nachbarin geschrieben, ihr Mann ist gestorben. Am liebsten würde ich spontan rüber laufen und mich in den Armen ihres attraktiven Sohnes ausheulen. Sein Auto steht gerade auf der Straße. Aber den Blumenstrauß kann ich Montag erst kaufen.
    Ich gehe in die Küche. Auf dem Tisch steht ein Wasserglas mit Vergissmeinnicht aus dem Garten. Hier, in dieser original 60er Jahre Küche, könnte auch eine sehr alte einsame

Weitere Kostenlose Bücher