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AUTOMATENHELDEN: Ein Jahr Online-Dating

AUTOMATENHELDEN: Ein Jahr Online-Dating

Titel: AUTOMATENHELDEN: Ein Jahr Online-Dating Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gill Gartenstadt
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ich zwölf bin, darin sind kleine Kügelchen, die früher mal nach Pfefferminze dufteten. Die schnelle, kreisende Bewegung des fliegenden Reifens, seine regelmäßigen Berührungen, wie ein fliegender Griff um meine kreisenden Hüften, dazu die laute Musik und, ACH JA, die zwei Bier natürlich, berauschen mich. Ich denke an sein Stilmittel, jeden Satz mit zwei Punkten zu beenden. In Zukunft wird er jedes Mal, wenn er zwei Punkte tippt, garantiert an mich denken:
     
    SMS an ihn
    23:33, 17 Mai
     
    Du machst mich so heiß. Jeder Schritt durch den Tag ein Lustgewinn. Ich werde mich ausziehen und Dir hingeben, damit Du mich fickst und fingerst in beide..
     
    Ich liege im Bett, als ich diese SMS, die ich vorher mal wieder auf einen Zettel im Badezimmer notiert hatte, losschicke. GÄNSEHAUT. KRIBBELN. ERREGUNG. Furchtbar, als hätte ich gerade etwas Verbotenes getan. Und ich liege unter meiner Decke, wie ein verschrecktes, sich etwas schämendes Häschen. Ich stelle mir vor, wie er sie jetzt liest, wie sehr sie ihn erregt. Seine SMS gestern hat mich mitten am Tag voll erwischt und halb niedergestreckt. Ich konnte kaum noch laufen. Ob er jetzt kaum noch schlafen kann? Ich jedenfalls bin ganz unruhig.
     
    Samstag, 19. Mai 2012
    Vormittag.
     
    SMS an mich
    10:23, 19 Mai
     
    hast du zeit heute nachmittag? schreibst du mir deine adresse..
     
    SMS an mich
    10:43, 19 Mai
     
    hmm.., schon gut, ich bin eigentlich auch noch nicht gesund genug..
     
    Seine Nachrichten sehe ich erst nach dem Mittagessen und schreibe sofort zurück.
     
    SMS an ihn
    13:00, 19 Mai
     
    War grade am kochen. Heute Abend treffe ich ne Freundin. Kommst mich morgen besuchen? Wir können den ganzen Tag im Garten sitzen. Flohbusch 2, XXXXX WW.
     
    ♫ ORANGENBAUMBLÄTTER LIEGEN AUF DEM WEG. 37
     
    Mehrmals am Tag schaue ich jetzt nach, ob er antwortet. Aber er antwortet nicht. Ich denke mir, dass wenn er nicht kommt, er doch sicher absagen würde. Wird er mich dann überraschen? Direkt morgens mit einer Brötchentüte vor der Tür stehen?
     
    Abend.
    Ich bin mit Vera, einer Mutter aus dem Kindergarten in der Bahn verabredet. Ich stehe an der Haltestelle Am See und lasse die Sonne auf mich scheinen. Es ist sehr warm, und ich bin sommerlich angezogen. Ich trage einen blauen Jeansrock und mein beiges T-Shirt mit Palmenfotodruck. Dazu eine goldene Kette, die ich von meiner Oma geerbt habe, daran hängt eine kleine goldene Ananas, die ich mir aus London mitgebracht habe. »Es geht um die goldene Ananas.« Das sagt man doch immer bei Sportereignissen, wenn es eigentlich um nichts mehr geht, z.B. der zweite und dritte Platz spaßeshalber gegeneinander antreten.
    Pferdekoppel steigt sie in die Bahn dazu. Wir genießen es, den Rhein entlang zu laufen, während sich der Abendhimmel rosa färbt. In Oberkassel kann man die Lichter von der Kirmes beobachten, und es sind viele Schiffe unterwegs. Ein riesiger Containerfrachter zieht langsam an uns vorüber. Wir gehen in die Zicke und lassen es uns gut gehen. Vera sagt:
    »Komisch, ich habe die ganze Zeit das Gefühl, dass hier neben mir jemand am Tisch steht. Aber wenn ich hingucke, ist da niemand. Kennst du das auch?«
    Wer in Gedanken mit am Tisch sitzt, weiß ich ganz genau. Lasse mir aber nichts anmerken. Überhaupt habe ich niemandem erzählt, dass ich zu Marc wieder Kontakt aufgenommen habe. Ich möchte mir meine eigene Meinung bilden und mir von niemandem reinreden lassen.
    Als ich abends nach hause komme, räume ich noch schnell auf. Es soll schön sein, wenn Marc, vielleicht schon um 8:20 Uhr vor der Tür steht, so wie seine SMS mich letzten Sonntag im Bett überraschte.
     
    Sonntag, 20. Mai 2012
    Morgen.
    Ich stehe auf und bin etwas aufgeregt. Ich ziehe zum ersten Mal den BH an, den ich mir im Januar für ihn gekauft habe. Zu meiner jeansblauen Leggins wähle ich das neue T-Shirt mit den vielen Schmetterlingen darauf. Ich mache mir Frühstück. Wie viele Tassen Kaffee soll ich aufsetzen? Aber wenn er gleich kommt, werde ich eben einen neuen kochen. Dann setze ich mich aufs Sofa und beginne DIE WELTZEIT zu lesen. Draußen wird es langsam schön und immer wärmer. Die Sonne scheint, und ich habe den Garten im Blick. Unter dem riesigen Rot-Ahorn ist gerade ein großer Sonnenfleck. Ich gehe in den Keller und hole noch einen Gartenstuhl. Wir könnten uns dann mit beiden Gartenstühlen auf den Rasen setzen und in der Sonne baden. Ich gehe raus und stelle mich dahin. Aber viel lieber würde ich mit ihm hier

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