Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Avalon 08 - Die Nebel von Avalon

Titel: Avalon 08 - Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
Vom Netzwerk:
genommen. An Pfingsten würden sich alle Männer in Camelot versammeln, die von der Suche nach dem Gral zurückgekehrt waren. Sie sah viele vertraute Gesichter. Aber sie wußte, andere würden nie zurückkommen: Perceval, Bors und Lamorak… sie begegnete Morgause liebevoll, denn sie wußte, sie trauerte aufrichtig um Lamorak. In ihren Augen hatte sich die ältere Frau mit ihrem jungen Liebhaber zwar lächerlich gemacht – aber Leid blieb Leid. Als der Priester bei der Totenmesse für Galahad auch von all den anderen sprach, die auf der Suche nach dem Gral ihr Leben gelassen hatten, sah sie, daß Morgause hinter ihrem Schleier weinte.
    Nach dem Gottesdienst war ihr Gesicht rot und fleckig. Lancelot hatte die Nacht über bei der Leiche seines Sohnes die Totenwache gehalten. Gwenhwyfar fand keine Gelegenheit, mit ihm alleine zu sprechen. Jetzt nach der Messe bat sie ihn, beim Mahl neben ihr und Artus zu sitzen. Als sie seinen Becher füllte, hoffte sie, er würde sich betrinken und sein Leid vergessen. Sie litt, wenn sie in sein gezeichnetes Gesicht blickte, in dem Schmerz und Entbehrungen tiefe Spuren hinterlassen hatten. Seine Locken waren jetzt völlig weiß… Sie liebte ihn mehr als alle anderen. Aber sie konnte ihn nicht einmal umarmen und mit ihm weinen. Viele Jahre lang hatte es sie tief geschmerzt, daß sie nie das Recht haben würde, sich vor den Augen anderer zu ihm zu bekennen. Sie mußte an seiner Seite sitzen und blieb nur die Verwandte und die Königin. Jetzt erschien ihr das noch schrecklicher als jemals zuvor. Aber er wandte sich ihr nicht zu und wich sogar ihrem Blick aus.
    Artus erhob sich und trank auf die Ritter, die nie mehr zurückkehren würden. »Hier vor euch allen schwöre ich: Solange ich lebe und in Camelot noch ein Stein auf dem anderen steht, soll es ihren Frauen und Kindern nie an etwas mangeln! Ich teile euer Leid. Mein Thronerbe hat auf der Suche nach dem Gral sein Leben gelassen.« Er wandte sich um und streckte die Hand nach Gwydion aus, der sich ihm feierlich näherte. In seiner einfachen weißen Tunika und dem goldenen Ring in den dunklen Haaren wirkte er jünger als er war.
    Artus sagte: »Ein König darf sich nicht wie andere Menschen erlauben, lange zu trauern, meine Gefährten. Ich bitte Euch, um meinen Neffen und Adoptivsohn zu trauern, den ich verloren habe, und der deshalb nie an meiner Seite herrschen wird. Aber obwohl unser Schmerz darüber noch so lebendig ist, bitte ich Euch, Gwydion… den edlen Mordred… den Sohn meiner Schwester, Morgaine von Avalon, als Thronerben anzuerkennen. Gwydion ist jung, aber er gehört bereits zu meinen weisen Ratgebern.« Er hob den Becher. »Ich trinke auf Euch, mein Sohn, und auf Eure Herrschaft, wenn meine vorüber ist.«
    Gwydion kniete vor Artus nieder. »Möget Ihr lange herrschen, mein Vater.«
    Gwenhwyfar glaubte zu sehen, daß er die Tränen zurückhalten mußte. Und das gefiel ihr. Die Ritter tranken und brachen dann, angeführt von Gareth, in Hochrufe aus. Gwenhwyfar blieb schweigend sitzen. Sie hatte gewußt, es mußte geschehen. Aber an Galahads Totenfeier hatte sie es nicht erwartet.
    Zu Lancelot gewendet flüsterte sie: »Ich wünschte, er hätte gewartet. Ich wünschte, er hätte sich mit seinen Räten besprochen.«
    »Wußtest du nicht davon?« fragte Lancelot ebenso leise. Er griff nach ihrer Hand, drückte sie sanft und streichelte ihr die Finger. Sie waren jetzt dünn und knochig, nicht mehr jung und zart wie früher. Verlegen wollte sie die Hand zurückziehen, aber Lancelot ließ sie nicht los. Er streichelte ihr zärtlich die Handfläche und flüsterte: »Artus hätte es nicht tun sollen, ohne dich darauf vorzubereiten…«
    »Ich habe weiß Gott kein Recht, mich zu beklagen. Ich konnte ihm nicht einmal einen Sohn schenken. So muß er sich mit Morgaines Sohn abfinden…«
    »Trotzdem hätte er es dir sagen müssen«, beharrte Lancelot. Geistesabwesend dachte Gwenhwyfar:
Es ist das erste Mal, daß er mit Artus
'
Tun nicht ganz einverstanden ist.
Lancelot hob ihre Hand an seine Lippen, ließ sie aber los, als Artus mit Gwydion zu ihnen trat.
    Die Diener brachten Platten mit dampfendem Fleisch, Schalen mit heißem Brot und frischen Früchten und stellten Süßigkeiten auf die Tafel. Gwenhwyfar ließ sich von einem Edelknaben etwas Fleisch und ein paar Früchte geben, aber sie rührte kaum etwas an. Lächelnd stellte sie fest, daß sie wie sooft an Pfingsten mit Lancelot den Teller teilte. Niniane saß an Artus' anderer

Weitere Kostenlose Bücher