AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)
Donovan bewachen lassen? Der Gedanke trieb ihm den kalten Schweiß auf die Stirn. Wenn es so war, drohte Margeau höchste Gefahr.
An jedem Ende der Galerie gab es eine Treppe und er lief auf die näher gelegene zu, verhielt dabei aber am nächsten Fenster, aus Furcht, die drei Gestalten dort unten aus den Augen zu verlieren.
Da - jetzt setzte sich auch Donovan in Bewegung. Paul wartete mit angehaltenem Atem, ob der Schatten vielleicht dem Thronerben folgte, wie er hoffte. Aber nein, der Schatten schlug den gleichen Weg ein wie Margeau.
Der junge Wachmann zögerte nicht länger. Er rannte die Galerie entlang auf die Treppe zu und verfluchte die schwere Hellebarde. Sie behinderte ihn, aber er wagte nicht, sie zurückzulassen. In seiner Eile, die Treppe hinunter zu kommen, wäre er beinahe auf dem glatten Marmorboden ausgerutscht. Er fing sich gerade noch, aber die Hellebarde fiel klirrend zu Boden.
Fluchend bückte er sich nach ihr und als er sich aufrichtete, fand er sich Aug in Auge mit Leutnant Caedmon, der zwei Stufen unter ihm auf der Treppe stand und ihm seine Laterne ins Gesicht hielt.
»Berengar, seid Ihr das? Ihr habt Euren Posten verlassen? Erklärt Euch!«
Gemächlich folgte Jermyn seinem Opfer durch die stillen, dunklen Gänge des Palastes. Sie war ihm ein gutes Stück voraus, er hörte ihre Schritte nicht, aber er hatte die Sperren geöffnet und sah ihren leuchtenden Schemen vor seinem inneren Auge. Im Labyrinth war er ihr einmal zu nahe gekommen. Ein dürrer Zweig war unter seinem Fuß zerbrochen.
»D...Donovan?«
Sie war herumgefahren und eine Welle von Panik war ihm entgegengerollt, er hatte schon gefürchtet, sie würde ohnmächtig werden, was ihm nicht recht gewesen wäre.
Also hatte er sich in sich zurückgezogen, so dass ihre von Angst geschärften Sinne seine Anwesenheit nicht einmal wahrgenommen hätten, wenn er in der Dunkelheit direkt neben ihr gestanden hätte. Schließlich hatte sie sich beruhigt und war rasch weitergelaufen.
Im Palast war sie in einem Zimmer verschwunden, einer kleinen Kammer, die außer ein paar Mäusen kein lebendiges Wesen verbarg.
Im Schatten einer Fensternische hatte er auf sie gewartet. Sie hatte sich umgezogen und die Schleppe eines Kleides, die unter dem Umhang hervorlugte, wirbelte kleine Staubwolken auf, als sie weitereilte. Belustigt stellte er fest, dass sie sich in ihren weiten Röcken sicherer bewegte als vorher. Offenbar war sie es nicht gewohnt, Männerkleidung zu tragen.
An diesem kleinen Abendspaziergang war doch mehr dran, als er gedacht hatte, und je weiter sie im nächtlichen Palast umherliefen, desto neugieriger wurde er.
»Ein Wachmann, junger Paul - wisst Ihr überhaupt, was das ist? Einer, der wacht, wenn die anderen schlafen, einer, dessen Aufmerksamkeit niemals nachlässt, einer, von dessen Wachsamkeit die Sicherheit, ja das Leben aller anderen abhängt!« Leutnant Caedmon lauschte seinen beredten Worten nach und begann von neuem:
»Wisst Ihr, wir Wachleute sind eigentlich die wichtigsten Menschen im ganzen Palast. Was wäre der Patriarch, was der Rat, was der ganze Hofstaat ohne uns? Wir schützen die Führung der Stadt und damit die Stadt selbst, wir sind nicht nur Palastwachen, wir sind die Wachen der Großen Stadt Dea in einem viel nobleren Sinn als Duquesnes zusammengewürfelter Haufen. Ihr müsst Euch dieser hohen Stellung immer bewusst sein, Berengar, wenn Ihr wirklich zu uns gehören wollt.«
Caedmon musterte den jungen Mann streng, der unbehaglich von einem Fuß auf den anderen trat. Er gedachte einen tiefen Eindruck zu machen, es sollte nicht heißen, Leutnant Caedmon handhabe die Regeln lascher als Hauptmann Battiste. Sollte sich dieser flatterhafte, junge Wachmann einbilden, heute Nacht ginge es nicht so streng zu wie sonst, so wollte er ihn eines Besseren belehren!
»Wie kommt Ihr also dazu, die Galerie, deren Schutz Euch anvertraut war, vor der Ablösung zu verlassen? Wir verlassen niemals unseren Posten, das solltet Ihr trotz Eurer Jugend schon gelernt haben. Vergesst nicht, dass es der Garde immer frei steht, sich von Männern zu trennen, die den hohen Ansprüchen nicht genügen. Besonders, wenn sie nur auf Probe eingestellt sind! Es war ein Gefallen, den wir Eurem werten Onkel getan haben, wie Ihr Euch sicher erinnert. Habt Ihr also verstanden, was Ihr Euch zuschulden habt kommen lassen und gebt Ihr mir Euer Wort, dass es nicht wieder vorkommen wird?«
Mit Befriedigung sah der Leutnant im Schein der Laterne, wie
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