AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)
denen man einen Hebel ansetzen konnte.
Aber das erforderte Zeit und Kraft und Duquesne war ein Mann von ungewöhnlicher Willenstärke – immer noch floss sein Geist in die Sperren, verdichtete sie mehr und mehr.
Doch auch er schien zu spüren, dass ihm ein langer, harter Kampf mit ungewissem Ausgang bevorstand, wenn er versuchte, Jermyn mit Gewalt zum Sprechen zu bringen. Er wandte sich ab.
»Lassen wir das. Reden wir.«
Jermyn zog sich zurück und einen Moment lang belauerten sie sich, wachsam wie Wölfe, die um eine Beute streiten.
Schließlich seufzte Duquesne.
»Hör zu, Bursche, vielleicht kann ich dich nicht zwingen zu reden. Aber ich kann dir das Leben schwer machen. Ich werde dich daran hindern, an den Brautschatz heranzukommen. Glaub mir, ich lasse dich nicht mehr aus den Augen und beobachte jeden deiner Schritte. Was du auch unternimmst, ich werde da sein und dich mit deiner Beute in Empfang nehmen. Ich habe viele treu ergebene Männer, nicht nur so übereifrige Trottel wie den Bogenschützen von gestern Nacht. Ich kenne einen Gedankenlenker, dessen Geisteskräften kein lebender Mensch standhält, der selbst dich im Handumdrehen in einen schwachsinnigen Idioten verwandelt. Es liegt in meiner Macht, ihn auf dich zu hetzen. Du wähnst dich überlegen, weil du weißt, wo der Brautschatz ist, aber du musst mit mir zusammenarbeiten, sonst nützt dir dieses Wissen nichts.«
Jermyn antwortete nicht. Er konnte Duquesnes Worte nicht entkräften. Nur solange niemand etwas von seiner Spur ahnte, war er im Vorteil, nur dann konnte er sich ungehindert bewegen. Wenn er den Goldnagel richtig verstanden hatte, brauchte er einen Gehilfen und wie sollte er jemanden unter ständiger Überwachung finden? Er konnte es drehen und wenden wie er wollte, sein Meisterstück war gescheitert, zu einer Auftragsarbeit verkommen, für die man ihn bezahlte – vielleicht.
»Die Belohnung ist hoch. Was springt für mich dabei heraus?«
Es sollte gelassen klingen, doch Duquesne lächelte.
»Das kommt darauf an, wie nützlich dein Wissen für mich ist. Einiges weiß ich selbst. Der Name Fortunagra ist gestern Abend gefallen und das bestätigt meinen Verdacht. Der Ehrenwerte ist gegen die Heirat, weil sie den Patriarchen stärkt. Er hasst die Sasskatchevan und hat große Anstrengungen unternommen, sie bei unserem Herrn anzuschwärzen. Eine Erhöhung ihres Ansehens durch die Verbindung mit den altehrwürdigen Castlerea ist das Letzte, was er will. Dabei besitzt er die Erfindungsgabe und die Mittel, eine Büberei wie den Raub des Brautschatzes auszuführen.«
Er schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, sein Hass gegen den Ehrenwerten schien nicht geringer als der gegen Jermyn.
»Wenn du mir bestätigst, dass er mit der Sache zu tun hat und der Schatz in seinem Palast verborgen ist, werde ich suchen, bis ich ihn gefunden habe. Dann können ihn nicht einmal seine dunklen Götter retten!«
Jermyn wischte den Teller mit einem Stück Brot sauber und erwiderte kauend: »Na, schau mal, wie weit du kommst. Sicher macht dir der Ehrenwerte Fortunagra gerne die Tür auf, damit deine Hampelmänner sein Haus durchsuchen können. Aber wenn ich nicht irre, ist er mit dem Patriarchen ganz schön dicke. Vielleicht solltest du den alten Herrn erst um Erlaubnis fragen.«
Scheinbar gelangweilt stocherte er das faserige Fleisch aus den Zähnen, aber innerlich kochte er vor Zorn. Wenn er Pech hatte – und was sollte er nach den Ereignissen des letzten Tages anderes erwarten – heimste dieser aufgeblasene Wichtigtuer Ehre und Belohnung ein. Angeekelt verzog Duquesne das Gesicht und begann, in der Zelle hin- und herzulaufen.
»Es sieht so aus, als seien wir aufeinander angewiesen«, sagte er endlich widerstrebend, »ein Drittel der Belohnung ist dein, wenn du mir hilfst, den Brautschatz zurückzuholen und den Schuldigen zu überführen.«
Jermyn wiegte den Kopf.
»Hm, das sind aber zwei verschiedene Dinge. Ein Drittel für den Brautschatz und noch etwas extra für den Schurken, sagen wir, hundert, nein zweihundert Goldstücke. Dir bleibt immer noch genug und den Ruhm bekommst du umsonst.«
Duquesne starrte ihn böse an. »Gut, so soll es sein. Und jetzt sag mir, was du von dem Toten erfahren hast.«
»Setz dich, ich will nicht die ganze Zeit zu dir hochsehen.«
Jermyn wartete, bis Duquesne der Aufforderung zähneknirschend gefolgt war.
»Es ist so wie du vermutet hast, der Ehrenwerte Fortunagra steckt bis zum Hals in der Sache. Er hat den
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