AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)
Laune wiedergefunden und plauderte angeregt, bis sie das Ruinenfeld erreichten. Erstaunt sah er sich um.
»Wo bringt Ihr mich hin? Hier wohnt doch niemand.«
»Der Mann, zu dem ich Euch bringe, hat es so bestimmt«, antwortete sie vage.
Die zerklüfteten Platten ließen es nicht zu, dass sie neben einander ritten und erleichtert lenkte sie ihr Pferd voraus.
Jermyn hatte gerade begonnen, an seiner Einschätzung von Artos' Charakter zu zweifeln, als er Huftritte und Stimmen im Innenhof hörte. Er ließ sich auf einen Stuhl fallen und begann, scheinbar gelangweilt, seine Nägel mit dem Messer zu säubern. Sie sollten nicht merken, dass er gewartet hatte. Ninian stürmte zuerst herein, das Gesicht gerötet.
Artos hatte sie aus dem Sattel gehoben und seine Hände dabei ohne Scham wandern lassen. Um ihn nicht misstrauisch zu machen, hatte sie es mit zusammengebissenen Zähnen geduldet. Erst als er versucht hatte, sie zu küssen, hatte sie ihn von sich gestoßen.
»Da hast du ihn«, fauchte sie, »aber nächstes Mal kannst du selbst den Boten spielen!«
Artos Sasskatchevan folgte ihr arglos. Nur mit halbem Blick nahm er die fremdartige Umgebung war, seine Gedanken beschäftigten sich mit den Brüsten und Schenkeln seiner Führerin. Jermyn sah die lüsternen Bilder so deutlich vor sich wie das geschniegelte Bärtchen und die geölten Locken. Der Stuhl fiel krachend zu Boden, als er aufsprang.
Artos Sasskatchevan musterte ihn geringschätzig.
»Ist das der Kerl?«, näselte er. »Was weiß der denn von ...«
»Was hattest du gestern Nacht mit Fortunagra zu reden?«, fuhr ihm Jermyn in die Rede.
Artos schnappte nach Luft. War er betroffen gewesen, als Ninian den Brautschatz erwähnt hatte, so wurde sein Gesicht jetzt fahl, kleine Schweißtropfen traten auf seine Stirn. »W...was soll das?«, würgte er hervor. »Ich ... ich weiß nicht, wovon du redest.«
»Ach, nein, hast du es schon vergessen, wo du gestern warst, – zur vereinbarten Zeit an dem Ort, den Ihr vorgeschlagen habt?« , höhnte Jermyn.
Artos taumelte einen Schritt zurück. »Ich ... ich werde nicht hier bleiben, um mir diesen Unsinn anzuhören«, stammelte er, »du scheinst nicht recht im Kopf zu sein.«
Er strebte zur Tür.
»Sasskatchevan!« Wie ein Peitschenhieb zischte Jermyns Stimme. Artos duckte sich und erstarrte. »Komm her!«
Langsam, wie von unsichtbaren Fäden gezogen, wandte er sich um und tappte mit steifen Schritten zurück, bis er vor Jermyn stand.
»Du gehst erst, wenn ich es sage. Ich werde deinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen. Fortunagra hat dir vorgeschlagen, sich mit einem Herrn zu verbünden, der deine Schiffe wirkungsvoller schützen kann als der alte Patriarch und sein abgewirtschafteter Vasall Castlerea. Er hat dir reiche Belohnung versprochen, Ämter, Macht und Ansehen, wenn Du Dea in seine Hände lieferst. Hab ich Recht?«
Artos glotzte mit hervorquellenden Augen.
Selbst wenn der furchtbare Blick ihn nicht an den Boden gefesselt hätte, wäre er außerstande gewesen, auch nur einen Schritt zu tun. Hier stand einer der Dämonen, die ihn umtrieben, seit er sich mit dem Ehrenwerten eingelassen hatte. Ein Abgrund tat sich vor ihm auf, der ihn und die Seinen verschlingen würde. Der Vater – Artos fürchtete ihn beinahe noch mehr als diesen roten Teufel. Er war ein erklärter Freund des Patriarchen und glühender Verfechter der Verbindung mit dem uralten Adelsgeschlecht der Castlerea. Erfuhr er etwas von den heimlichen Versuchen seines Sohnes, diese Pläne zu hintertreiben, gab es keinen Ort auf der Welt, wo Artos vor seinem Zorn sicher wäre.
»Se...selbst wenn es so wäre«, stotterte er, »wer würde dir deine Behauptungen schon glauben? Du hast keine Beweise.«
»So, hab ich nicht, was?«, höhnte der andere. »Und das hier?«
Er zog einen zerknitterten Zettel aus seinem Hemd und hielt ihn dem schlotternden Mann vor das Gesicht.
»Es ... es steht kein Name drauf«, flüsterte Artos.
»Mach dich nicht lächerlich, Sasskatchevan, jeder weiß, dass du mit der Spinne siegelst.«
Er hob Artos' schlaffe Hand und betrachtete eingehend den Siegelring.
»Siehst du, hier ist der Steinschneider abgerutscht und hat dem armen Tier ein Beinchen abgeschnitten.«
In all seinem Entsetzen quälte den bedauernswerten Kaufmann die Frage, woher der Kerl all diese Dinge wusste. Er sah zu dem jungen Mädchen, das dem entwürdigenden Schauspiel reglos folgte. Sie gönnte ihm keinen Blick, ihre Augen hingen wie gebannt an
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