AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)
waschen?«
Er sprang auf und grinste entschuldigend.
»Ja, sicher. Wir haben sogar ein Waschhaus. Wag fand das überflüssig, aber dummerweise habe ich mir die Sauberkeit bei den Vätern angewöhnt. Und die Latrine zeig ich dir auch.«
Nachdem sie alles Nötige geholt hatte, führte er sie in den Innenhof, zu einer behelfsmäßigen Hütte am Rand des Schuttberges.
Der Boden war unbeholfen mit Resten zerbrochener Steinplatten ausgelegt und fiel zur einen Seite ein wenig ab, so dass das Wasser abfließen konnte. Eine Plane aus Segeltuch bedeckte die eine Seite der Hütte, über der anderen hing eine große tönerne Amphore in einem Netz aus Rosshaar. Sie hatte zwei Hälse, einen vorne und einen an der Oberseite. Um den vorderen war ein Seil geschlungen, an dem man das Gefäß kippen konnte, so dass sich das Wasser über den Badenden ergoss. In einem Korb lagen feinkörnige Schmirgelsteine und ein Topf mit Seifenpaste und über einem hölzernen Gestell hingen Lumpen von unbestimmter Farbe. Ninian musterte die notdürftige Badestube zweifelnd.
»Es ist nicht besonders angenehm«, meinte Jermyn entschuldigend, »und im Winter die reinste Mutprobe, aber Wag und ich haben uns schier umgebracht, um es soweit hinzukriegen. Du kannst dir nicht vorstellen, was dieser verdammte Topf da oben wiegt. Wag soll das Wasser eigentlich jeden Morgen auffüllen, wenn er es vergessen hat, zieh ich ihm das Fell ab. Ich hoffe, du kommst damit zurecht. Wenn was fehlt, schrei einfach.«
Er ließ sie allein und während Ninian sich auszog, hoffte sie inbrünstig, dass nichts fehlen würde, nach ihm schreien wollte sie gewiss nicht.
Es kostete einige Überwindung, sich unter den kalten Strahl zu stellen, aber danach fühlte sie sich erfrischt. Es war ein Vergnügen, frische Wäsche anzulegen und in das saubere, elegante Gewand zu schlüpfen. Sie hatte ihr Haar hochgebunden, jetzt löste sie den Zopf und bändigte die lockigen Strähnen so gut es ging, bis sie sich halbwegs gezähmt über ihre Schultern ringelten.
Jermyn wartete in der Vorhalle. Als er sie in dem Reitkleid sah, trat wieder der hungrige Blick in seine Augen, so dass ihre Wangen bald nicht nur vom kalten Wasser brannten.
Er bemerkte ihre Verwirrung und wandte sich brüsk ab.
»Weißt du, wo das Haus der Sasskatchevan liegt?«, fragte er rau. Sie nickte, bemüht, die Fassung zu bewahren.
»Ja, und ich weiß auch, wo er sich sonst so aufhält, aber es kann eine Weile dauern, bis ich ihn gefunden habe.«
»Macht nichts, ich werde mir überlegen, wie ich ihn dahin bringe, wo ich ihn haben will. Hoffentlich ist er nicht zu dumm, um seinen eigenen Vorteil zu erkennen.«
»Ely ap Bede meint, er sei ein guter Kaufmann.«
»Und wer mag Ely ap Bede sein, dass er dir solche Sachen anvertraut?«, fragte er misstrauisch.
»Ein anderer reicher Kaufmann – der Führer des Wagenzuges, mit dem ich gekommen bin. Ich habe ihm viel zu verdanken«, setzte sie hinterhältig hinzu und die Auskunft schien ihm keine Freude zu bereiten.
»So, hast du das?«
»Ja, er hat mich hier in der Stadt in seinem Haus aufgenommen, seine jüngste Tochter ist ein Jahr älter als ich. Jetzt gehe ich und mache meinen Freund Artos für dich ausfindig!«
Sie warf den Kopf in den Nacken und rauschte aus dem Zimmer, dass der Rocksaum um ihre Knöchel schlug.
Jermyn blieb reichlich Zeit, sich einen Plan zurechtzulegen, denn es bereitete ihr einige Mühe, ihren Auftrag auszuführen.
Nachdem sie Luna aus dem Stall des Stadthauses geholt und vergeblich in der prächtigen Residenz der Sasskatchevan nach Artos gefragt hatte, versuchte sie es in den ausgedehnten Stallungen.
Die Knechte versicherten, der junge Herr sei fortgeritten, konnten oder wollten ihr jedoch nicht sagen wohin. Ihr anzügliches Grinsen zeigte, dass sie Ninian für eine der vielen Gespielinnen ihres Herrn hielten – junge Damen aus gutem Haus ritten nicht ohne Begleitung aus.
Im Stadtgraben und vor den Handelshallen erging es ihr nicht besser. Sie erntete herablassende Blicke und lüsterne Bemerkungen von den eleganten Stutzern, doch immerhin rief ihr einer von ihnen zu, Artos habe das Goldene Badehaus aufgesucht.
»Wenn du dich beeilst, Schätzchen, kannst du ihm noch in der Bütte Gesellschaft leisten!«
Die anderen belachten wiehernd den geistreichen Scherz und als Ninian Artos vor dem Badehaus antraf, hegte sie wahrhaft unfreundliche Gefühle gegen ihn.
Auf seinem schwarzen Ross paradierte er vor dem luxuriösen Eingang und
Weitere Kostenlose Bücher