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AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian – Erstes Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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geflüstert hatte, so laut pochte das Blut in ihren Ohren.
    Ein warmer Hauch streifte ihre Schläfe, ihre Wange ...
    Donner krachte, ein greller Blitz zerriss die nächtliche Schwärze, ein zweiter Schlag brach sich rollend an den Bergen, dann prasselte kalter Regen gegen den Turm.
    Sie sprangen auf, im Handumdrehen bis auf die Haut durchnässt. Ava war unendlich erleichtert. Sie hörte Jermyn fluchen und im kurzen Aufzucken der Blitze sah sie, dass er sich über das Geländer beugte.
    »Verdammter Dreck, wir müssen wenigstens bis zum unteren Balkon hinunter, aber die Mauer ist jetzt glitschig, wir müssen uns abseilen!«
    »Ich kann einen Wind herbeirufen«, rief sie über das Tosen des Regens.
    »Da spring ich lieber«, brüllte er wütend zurück, »aber mach doch was du willst.«
    Ava schwieg, sie hätte das ganze Unwetter fortschicken können, aber es war ihr lieber, wenn er jetzt zornig war.
    »Also, was ist, kletterst du?« Er hatte sich das Seil umgebunden und befestigte das andere Ende am Geländer.
    »Ja, ich komme.«
    »Gut, ich rufe, wenn ich unten bin. Leg dir das Seil wie eine Schlinge um, so wie ich es dir gezeigt habe.«
    Er schwang die Beine über die Brüstung und verschwand in der nassen Dunkelheit. Ava wartete zähneklappernd, dann wand sie das schlaffe Seil um sich und kletterte über den Balkon. Mit den Füßen tastete sie nach der Mauer und ließ sich vorsichtig, Hand über Hand, in die Tiefe gleiten. Der Regen peitschte ihr in die Augen, so dass sie fast blind kletterte. Der Weg zum unteren Balkon schien länger als sonst und es dauerte eine ganze Weile, bis sie Jermyns Hände an ihren Knöcheln fühlte.
    »Spring, ich fang dich auf!«
    Sie spürte seine Arme um sich und riss sich los.
    »Jetzt über die Treppe, das Seil hol ich morgen.«
    Sie tasteten sich die stockfinsteren Stufen hinunter und als sie in den strömenden Regen hinauskamen, verschwand Jermyn wortlos in der Dunkelheit. Wie von Dämonen gehetzt, rannte er in seine Zelle, riss sich die Kleider vom Leib und stürzte die ganze Phiole Mohnsaft hinunter, die der Vater Heiler ihm gegen Kopfschmerzen gegeben hatte. Die Droge wirkte schnell und bald lag er in bleiernem Schlaf.
    Ava lief im Licht der Blitze zu ihrer Kammer und warf sich, nass wie sie war, auf ihr Bett. Eine ganze Weile lag sie da und starrte vor sich hin. Als ihre Zähne vor Kälte aufeinander schlugen, raffte sie sich auf, rieb sich ab, zog trockene Kleider an und kroch unter die Decken.
    Aber der Schlaf wollte nicht kommen. Was geschah mit ihr? Wer war sie wirklich? Und wenn Jermyn Recht hatte, was würde aus Ninian? Das Klettern hatte ihr Spaß gemacht, sie liebte die Anstrengung und Herausforderung. Und Jermyn? Oh ja, er war gewiss ein mieser Kerl, aber sie konnte es nicht lassen, sich immer wieder mit ihm zu treffen.
    Plötzlich wünschte sie sehnlichst, dass ihre Eltern kämen und sie mitnähmen. Sie war Ava, nur Ava und sie würde nicht mehr zum Turm gehen.
     
    Der Fürst von Tillholde leerte dankbar den Becher Traubensaft, den Vater Dermot ihm gereicht hatte. Der staubige Weg hatte seine Spuren auf dem schlichten, braunen Reisegewand des Fürsten hinterlassen. Da er keinen Wein trank, hatte der Vater unvergorenen Saft bringen lassen.
    Der Fürst stellte keine hohen Ansprüche. Vor mehr als zwanzig Jahreswechseln war er als heimatloser Wanderer nach Tillholde gekommen, nach Ablauf eines Jahres hatte der alte Fürst ihn zu seinem Nachfolger bestimmt und mit der jüngsten seiner drei Töchter vermählt. Der Ruf des Paares für weise Herrschaft und gerechten Sinn reichte weit über die Grenzen ihres gebirgigen Reiches hinaus. Die niedere Herkunft und der seltsame Werdegang des Fürsten waren darüber in Vergessenheit geraten.
    Nach einigen höflichen Worten stellte er den Becher weg und sah den Vater aus klugen Augen an.
    »Was ist so wichtig, Vater Dermot, dass es nicht warten kann, bis ich mir den Reisestaub abgespült habe?«
    Der Gedankenmeister nahm den leisen Vorwurf gelassen hin, er verneigte sich und erwiderte:
    »Verzeiht, Herr, aber ich wollte Euch sprechen, bevor Íhr Eure Tochter gesehen habt. Ich fürchte, sie ist hier unter einen Einfluss geraten, den Ihr nicht billigen könnt. Wenn Ihr sie vorzeitig mit Euch nähmet, würde ich es nicht verübeln.«
    Der Fürst hob die Brauen. »Tatsächlich? Es wäre das erste Mal, dass Ava sich beeinflussen lässt. Mir ist es nie gelungen«, meinte er lächelnd. Aber Vater Dermot erwiderte das Lächeln

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