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AvaNinian – Zweites Buch

AvaNinian – Zweites Buch

Titel: AvaNinian – Zweites Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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gespannten Felle. Die Muskeln spielten unter ölglänzender Haut, wie Stricke traten die Sehnen hervor, die Brustkästen pumpten wie Blasebälge. Unter den Stirntüchern rann der Schweiß in Bächen, aber ein entrückter Ausdruck lag auf ihren Gesichtern, als merkten sie nichts von der Anstrengung.
    Der Platz unter ihnen aber war zum Bersten gefüllt mit springenden, stampfenden Menschen, die sich verzückt dem treibenden Schlag der Trommeln hingaben. Donner rollte über den Platz und Ninian starrte wie betäubt auf das wilde Treiben.
    »Schau, der Tanz der dunklen Viertel!«, brüllte Jermyn ihr ins Ohr, sein Gesicht leuchtete in wilder Erregung. Er schleuderte die Filzkapuze zur Seite, riss sich das Hemd vom Leib und schmiss es in die Menge. »Komm, Süße, komm, hier tanzen wir!«
    Vor dem Hunger in seinen Augen wich sie zurück, aber er lachte laut auf und zog sie mitten hinein zwischen die Tanzenden.
    Als seien sie in ein schäumendes Meer gefallen, umschlossen sie stoßende, stampfende Leiber. Ninian spürte Arme, Hände, Ellenbogen überall an ihrem Körper, aber es waren nur zufällige Berührungen, die Menschen waren viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt.
    Jermyn warf den Kopf zurück und breitete die Arme aus, als wolle er die Trommelschläge in sich aufnehmen. Im Takt begann er zu stampfen, erst langsam, dann schneller und schneller, bis er sich dem galoppierenden Rhythmus angepasst hatte.
    »Komm, du ... tanz mit ...«, keuchte er, »spürst du es nicht?«
    Durch den festgestampften Lehm drang der tausendfache Tritt der Tanzenden in Füße und Beine, aufwühlend, zwingend. Eine Frau schrie mit bebender, verzückter Stimme, die Menge nahm den Schrei auf und hob ihn in den Nachthimmel hinauf. Jermyns Augen saugten sich an Ninians Gesicht fest, lockten und drängten. Aber sie fiel nicht ein, sie stand wie abwesend und plötzlich flackerte der Zweifel in dem schwarzen Blick.
    »Was ist? Willst du nicht? Ninian ...«
    »Das ist falsch.«
    Jermyn spürte seine Wangen brennen, als habe sie ihn geschlagen. Die rote Wut kehrte zurück, ballte sich hinter seinen Augen.
    »Warum?«, schrie er, aber Ninian beachtete ihn nicht. Sie lauschte.
    Von jeher war sie es gewohnt, den Puls der Erdenmutter zu spüren, es schien ihr so natürlich wie ihr eigenes Atmen. Doch es war lange her, dass sie ihn unmittelbar empfunden hatte, in Dea lag der lebendige Leib der Mutter unter vielen, von Menschenhand geschaffenen und bearbeiteten Steinschichten verborgen. Die meisten Plätze der Stadt waren gepflastert, hier aber trat die lehmige Erde zutage.
    Hastig schleuderte sie ihre Stiefel beiseite und presste die Füße auf den feuchten Boden. Es war, als berührte sie nackte Haut, wo sie vorher nur Lagen von Stoff und Leder gefühlt hatte. Sie spürte den Herzschlag der Erde, er pulsierte in ihrem Blut, tief und majestätisch, aber voll jubelnden Wachstums. Die Säfte stiegen aus den Tiefen auf, die Mutter frohlockte im Erwachen des neuen Lebens.
    Ninian wollte in den Jubel einfallen, doch der durchdringende Schlag der Trommeln, den die Tanzenden aufnahmen und in den Erdboden stampften, überlagerte den Großen Puls mit einem anderen Takt. Er störte und reizte, wie ein schlecht gestimmtes Instrument, wie goldgeprägtes Leder, bei dem das Gold die Prägung nicht ausfüllte, sondern seitlich verrutscht war. Es war falsch, aber man konnte es richten.
    »Ich werde ihnen zeigen, wie sie es machen müssen. Hilf mir, damit sie tun, was ich sage!«
    Wie vor den Kopf geschlagen sah Jermyn ihr nach, während sie sich durch Menge schlängelte, bis sie vor dem Gerüst stand. Er wusste nicht, was sie vorhatte, aber als sie sich auf die Plattform schwang und zu dem ersten Trommler trat, hielt er sich bereit.
    Sie schlüpfte unter den wirbelnden Armen des Mannes durch und legte ihm die Hand auf die Schulter. Hier oben war das Dröhnen kaum erträglich, es verbot jedes Wort und sie musste dem Trommler einen leichten Schlag mit dem kalten Feuer versetzen, um ihn aus seiner Versunkenheit zu holen. Er fuhr herum, als der Schmerz ihn zu sich brachte, und es war gut, dass Jermyn seinen Arm lähmte.
    »Ich schlag dir den Schädel ein, Weib, niemand unterbricht die Trommeln in dieser Nacht!«, brüllte er. Speichel traf sie, doch Ninian achtete nicht darauf. Jermyn lähmte auch den zweiten Trommler, so dass sie sich verständlich machen konnte, wenn sie laut schrie.
    »Ihr macht es falsch. Ich werde euch zeigen, wie es sein muss!«
    Sie zerrte den

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