AvaNinian – Zweites Buch
gegen deinen Willen«, zwei rote Flecke erschienen auf seinen Wangen. einen Moment starrten sie sich an. Dann sagte er heiser:
»Wenn du tanzen willst - ich zeig dir, wo sie wirklich tanzen, solche wie wir ...«
Seine Augen glitzerten und ohne ihre Antwort abzuwarten, zog er mit sich zum Westrand des Platzes. Ninian folgte ihm, hin und her gerissen zwischen Ärger und Neugierde.
Während sie sich ihren Weg durch die brechend vollen Straßen bahnten, verrauchte ihr Zorn, die wilde, ausgelassene Fröhlichkeit der Menschen war ansteckend. Ab und zu half sie mit sanften Funken nach, niemandem fiel es heute Nacht auf, wenn er so gekitzelt wurde. Als Jermyn ihr vorsichtig den Arm um die Schulter legte, ließ sie es zu seiner Erleichterung geschehen und schmiegte sich an ihn. An einer Garküche nahm er, ohne sich mit Zahlen aufzuhalten, zwei Krapfen vom Stapel und reichte ihr einen.
»Hier, iss, nachher kommen wir nicht mehr dazu.«
»Warum nicht? Was haben wir denn Großes vor?«, fragte sie kauend, aber er grinste nur.
»Wirst schon sehen.«
Der Wind trug ihnen den Modergeruch des Flusses zu, bevor noch die Holzbrücke in Sicht kam, an der ein ganzer Pulk von Menschen wartete. Sie war nur Fußgängern zugänglich und vier Stadtwächter achteten auf beiden Seiten darauf, dass nie mehr als zwei Dutzend Leute darüber gingen. Vor einigen Jahren war während der Wilden Nächte ein anderer hölzerner Steg unter dem Ansturm der Menge zusammengebrochen und viele hatten in den kalten Fluten den Tod gefunden. Seither ließ Duquesne diese Überwege bewachen. Die Leute trieben ihren Spott mit den Wächtern, die Dienst tun mussten, alte Haudegen, die einen Witz zurückgeben konnten, aber ihre Hellebarden flößten einen gesunden Respekt ein und man wartete geduldig.
»Was ist das?«
Geschrei und Gelächter übertönend wehte der Wind das Dröhnen von Trommelschlägen über den Fluss. Der harte Glanz in Jermyns Augen verstärkte sich.
»Da wollen wir hin, aber das dauert mir zu lange.«
Er stieß seinem bulligen Vordermann die Faust in die Nieren und der fuhr herum.
»Oi, du kleine Ratte ... och, ver...verzeiht, Herr«, sein Blick wurde glasig, »hab Euch nich gleich erkannt.«
Katzbuckelnd trat er beiseite und die anderen taten es ihm eilig nach.
»Was machst du ihnen vor?«, flüsterte Ninian, während sie durch die Gasse schritten und die Brücke betraten, vorbei an den Wachen, die stramm ihre Hellebarden präsentierten.
»Duquesne prüft, ob alles seine Ordnung hat«, murmelte Jermyn aus dem Mundwinkel und sie kicherte.
Ihre Schritte hallten auf den Holzbohlen, der Bau bebte unter dem Gewicht vieler Füße. Ninian beugte sich über das Geländer. Schwarzes Wasser gurgelte um die Brückenpfeiler.
»Sieh mal.«
Ein Stück stromaufwärts lag ein großes Floß, das von Männern mit langen Stangen in der Mitte des Flusses gehalten wurde. Im Lichte zahlreichen Fackeln erhob sich ein lebender Turm aus schimmernden, nackten Leibern, einer auf den Schultern des anderen. Auf der Spitze aber balancierte ein Knabe, nackt bis auf ein Paar neckischer kleiner Flügel und schwenkte eine Fackel. Ninian stimmte in den Beifall ein, der vom Ufer und von der Brücke aufstieg, aber Jermyn zog sie ungeduldig weiter.
»Komm schon, das ist nur Kinderkram.«
Auf der anderen Seite dröhnten die Trommelschläge lauter und in Scharen folgten ihnen die Menschen durch krumme Gassen, vorbei an schmalbrüstigen, schäbigen Häusern. Wandfackeln warfen ihren flackernden Schein und Rußflocken auf die dichtgedrängten Köpfe.
Jermyn ließ sich treiben, er hatte seinen Arm um Ninian geschlungen und der Menschenstrom trug sie auf einen weiten Platz, eingerahmt von hohen, halb verfallenen Gebäuden, denen jedoch ein Rest früherer Herrlichkeit geblieben war. Zierliche Balkone, gedrechselte Säulchen, Zinnen aus steinerner Spitze - alles zerbrochen und geborsten, aber immer noch von leichter, spielerischer Eleganz. Unter anderen Umständen hätte Ninian diese vergangene Pracht entzückt, doch jetzt hatte sie keinen Blick dafür. Das Dröhnen war stetig lauter geworden, bis es schmerzhaft in ihrer Brust widerhallte.
Eine hohe Plattform beherrschte den Platz. Fünf Holzpfeiler ragten in den Nachthimmel, mit langen, flatternden Bändern geschmückt, und an jedem Pfeiler hing eine mächtige, runde Trommel.
Vor jeder standen zwei Männer, nackt bis auf ein Lendentuch und schlugen mit armdicken Holzprügeln einen rasenden Rhythmus auf die straff
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