AvaNinian – Zweites Buch
kamen sie herbei, schwangen ihre Peitschen und stießen die Sporen in die aufwärts gewandten Gesichter. Jammernd wichen die Leute zurück, die Schreie verstummten, schlaff hing das Mädchen zwischen ihren Entführern, es hatte die Besinnung verloren.
»Komm runter«, fauchte Jermyn mit wutverzerrtem Gesicht, »sie haben uns gestört, jetzt wollen wir ihr Spielchen verderben!«
Ninian sprang ab.
»Nehmt uns auf die Schultern«, herrschte er zwei kräftige Männer an und sie gehorchten vor der roten Glut in seinem Blick.
Die Maskierten hatten mit ihrer Beute fast das Ende des Platzes erreicht. Jermyns Augen loderten auf. Einer der Maskierten warf mit einem gellenden Aufschrei die Arme hoch, den zweiten traf ein Strahl blauweißen Feuers aus Ninians Händen. Beide stürzten rücklings in die tobende Menge, die sie unter sich begrub.
Als die übrigen Masken sahen, dass ihre Gefährten verloren waren, schufen sie sich mit ihren Peitschen Platz und verschwanden in den angrenzenden Gassen. So groß war die Frucht, die sie verbreiteten, dass niemand wagte sie aufzuhalten. Ihr Opfer aber schwebte von Hand zu Hand über die Köpfe der Menge zu einem offenen Fenster und wurde von hilfreichen Frauen hereingeholt.
Jermyn und Ninian waren von den Schultern ihrer Träger herabgesprungen. Sie achteten weder auf den Jubel noch auf die furchtsam bewundernden Blicke. Das rote Feuer in Jermyns Augen glühte noch, er schien außer sich vor Zorn, doch Ninian ahnte, dass es nicht das Schicksal des Mädchens war, das ihn erzürnte.
Die Trommler waren aus dem Takt gekommen und schwangen drohend ihre Stöcke. Jermyn schnellte sich hoch.
»Weiter, ihr Helden«, schrie er, »so wie eben, schlagt drauf oder ich helf nach!«
Ein glühender Strahl in ihre Köpfe trieb die erregten Männer zur Raserei, mit doppelter Wucht stürzten sie sich auf ihre Trommeln. Schnell zog der pochende Schlag der Erde die Menge wieder in seinen Bann und der Tanz begann von neuem.
Jermyn wandte sich Ninian zu. Die beherrschte, kühle Schönheit war verschwunden, der entschiedene Mund weich und süß wie in ihren Liebesstunden, nasses Haar klebte an ihrer Stirn und kräuselte sich um ihre Wangen.
Sein Inneres zerschmolz. Er nahm ihr Gesicht in beide Hände und begann sich langsam, im Takt der Trommeln, zu bewegen. Auf’s Neue versuchte sein machtvoller Blick, sie zu fesseln, die Versuchung war übermächtig. Sie schmiegte sich an ihn und folgte bereitwillig seinen Bewegungen, doch sie sah ihn nicht an und ließ die Stirn schließlich an seine Schulter sinken.
Da wusste er, dass der rechte Augenblick vorübergegangen war, und am liebsten hätte er seine Enttäuschung in den Nachthimmel hinausgeschrien. Aber er spürte ihre Lippen weich an seinem Hals, ihre Hände unter seinen Schulterblättern, ihre Brüste, die ihn trösteten, und mit einem Seufzer beschied er sich mit dem, was sie freiwillig gab. Er vergrub das Gesicht in ihrem feuchten Haar und sie tanzten wie alle anderen Paare.
Noch einmal ergriff sie der Rausch der Vereinigung, sie wollten ineinander vergehen, als wieder ein schriller Angstschrei das dumpfe Dröhnen der Trommeln durchschnitt.
»Masken - die Meute kommt zurück!«
Ninian schreckte aus dem süßen Taumel auf, aus dem Augenwinkel sah sie schwarze, peitschenschwingende Gestalten am anderen Ende des Platzes und, halb von ihren flatternden Umhängen verdeckt, einen sich windenden Körper.
»Sie haben schon wieder ein Mädchen!«
Zitternd vor Wut und Begierde riss Jermyn sie an sich.
»Ist doch scheißegal!«
Er presste seinen Mund auf ihre Lippen, wendete alle Künste an, die er kannte, und aufgewühlt ließ sie sich noch einmal fesseln. Aber in dieser Nacht war ihnen kein Glück beschieden. Eine bekannte, jammernde Stimme trieb sie auseinander.
»Pa...Patron, Hil...Hilfe, sie ... sie haha...ham ... ja, lass mich doch durch, du Hurensohn! He, he, lasst los, lasst los ... Hi...Hilfeeee ...«
Ein schmächtiger Körper, von starken Armen hochgeschleudert, schoss über die Köpfe der Tanzenden auf sie zu. Er prallte gegen sie und nur mit Mühe fingen sie ihn auf. Als Jermyn das Bündel am Kragen packte und aufrichtete, sahen sie in Wags kreideweißes Gesicht.
»Patron, Patron«, wimmernd krallte er sich in Jermyns Arm, »sie ham Kamante, die Scheißer ham mein Mädchen! Du muss sie rettn, schnell, schnell, Patron ...«
Jermyn starrte ihn an, als habe er nicht gehört.
»Was machst du hier, du kleiner Wichser?«
Er schüttelte den
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