AvaNinian – Zweites Buch
hinaus, ein breiter Tragriemen lief über seine Stirn und er schnaufte wie ein Ochse. Hinter ihm her wieselte Knots, beladen mit einem schweren Leinenbeutel. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und murmelte mit herabgezogenen Mundwinkeln vor sich hin. Zuletzt trat Babitt mit würdiger Miene aus dem Schatten des Tores. Er trug nur einen Käfig, aus dem zorniges Gackern drang. Zwischen den Stäben schillerte metallisch glänzendes Gefieder und Wag sah ein böses, rotes Auge funkeln.
Mule bewegte die Schultern, um die Last zu verteilen und der Turm auf seinem Rücken geriet ins Wanken. Knots sprang eilig herbei, um ihn festzuhalten.
Babitt warf einen angewiderten Blick auf den fremden Patron, dann sah er Jermyn und winkte ihm zu.
»Oi, Bruder, da sind wir, heut Nacht gilt’s!«
Einen Moment schien Jermyn zu zögern, er warf einen bedauernden Blick auf den dicken Buffon, aber dann schlenderte er zu Babitt.
»So ist es. Hoffentlich sind sie gut in Form, deine Viecher.«
Vielsagend klopfte er auf seinen Ledergürtel, in dem es leise klirrte.
»Viecher! Wie redste denn von unsern Vögelchen?«, empörte sich Knots und rückte an dem Schulterriemen seines Beutels. »Ne elende Schinderei is das,« schimpfte er, »dabei könntn wa uns ’nen Wagen leisten un Träger. Aber nee ...«
»Hör auf zu stänkern. An unsere Vögel lassen wir keine fremden Hände nich!«, erwiderte Babitt würdevoll. Mule nickte gehorsam, aber Knots murmelte aufsässig:
»Pah, manche Leute tragn ja auch nich viel mehr als ihrn schönen Namen.«
Der Käfigturm schwankte wieder und er musste schnell zugreifen. Babitt sah sich um.
»Wo haste denn ...«, Wag schüttelte hinter Jermyns Rücken warnend den Kopf und legte den Finger an die Lippen, »den Bullen gelassen?«, fuhr Babitt glatt fort. »Er wollte an der Schule auf dich warten.«
»Bei Witok«, erwiderte Jermyn, »sie bereiten einen Wettkampf vor, um den wahren Meisterringer zu ermitteln oder so. Lass uns verschwinden, hier gibts zu viele verdammte Wichtigtuer.« Er drehte sich zu Wag um, der wie ein Schatten an seinem Ellenbogen klebte.
»Du musst nicht zusehn, du kippst doch nur um, wenn’s blutig wird. Verschwinde, du kannst dich vergnügen, wie du willst.«
»A...aber Patron, ich will lieber bei dir ... «, protestierte Wag erschrocken.
»Brauchst nicht auf mich aufzupassen, mein tapferer Gefolgsmann«, fiel Jermyn ihm ins Wort, »denkst du, ich merk nicht, wie du hinter meinem Rücken Zeichen machst? Wie würdest du mich denn zurückzuhalten? Wolltest du mich am Kragen packen? Also los, verschwind!«
Er ließ Wag stehen, der wie unter einer Ohrfeige zusammenzuckte, hakte Babitt unter und sagte freundlich: »Heute wollten wir doch nicht an die Weiber denken, nicht wahr, Bruder?«
Als Babitt wütend seinen Arm wegriss, lachte er und folgte Mule, der mit seiner Last schon weitergewandert war.
Der Volksplatz hatte sich in einen brodelnden Hexenkessel verwandelt, aber noch entluden sich die Leidenschaften nur im Tanz. Das einfache Volk war geblendet vom Glanz der vornehmen Gesellschaft. Immer mehr mischten sich die Tanzenden. Bademädchen und Putzmacherinnen wiegten sich im Schmuck ihrer Jugend und Lebensfreude mit eleganten Junkern, während die juwelenfunkelnden Damen sich von verlegen grinsenden Handwerksburschen herumschwenken ließen.
Donovan lehnte an einem Pfosten des Segeltuchdaches und leerte durstig einen Pokal mit schwerem Falarner Wein. Er ließ sich nachschenken und während der Wein plätscherte, betrachtete er das farbenfrohe Schauspiel vor sich.
Wie glänzende Schiffe schwammen die hellerleuchteten Tanzflächen in der Dunkelheit über der lärmenden Menge und hier, auf der größten Plattform, tanzte die Blüte der vornehmen Jugend.
Die Zuschauer standen dicht gedrängt am Fuß der Stufen, die Jungen hofften alle, heraufgeholt zu werden. Später würde er die Königin der Wilden Nächte krönen müssen und er würde die Fürstin wählen, wie es sich gehörte, aber die Nacht war noch jung, er hatte Zeit ...
Gerade schwieg die Musik, die Musikanten hockten erschöpft auf den Stufen und stillten dankbar ihren Durst aus großen Bierhumpen. Es gab Vornehme, die sie bis zum Umfallen spielen ließen, doch Donovan war Musiker genug, um so etwas nicht zuzulassen. Sein empfindliches Ohr litt unter den falschen Tönen, wenn die Finger ermüdeten und den Bläsern der Atem ausging. So hatte er ungewöhnlich gebieterisch auf der Pause und den Erfrischungen
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