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AvaNinian – Zweites Buch

AvaNinian – Zweites Buch

Titel: AvaNinian – Zweites Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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nich dabei, da kannste doch ma fünfe grade sein lassen.«
    Ihre Nachbarin, so mager und dunkel wie die andere groß und hell war, kam ein paar Schritte näher.
    »Ah, des Fräulein is laufn gegangn, he? Schau mich an, Patron, willste mich nich als Ersatz?«
    Viele Nachtschwalben aus den dunklen Vierteln nannten Ninian »das Fräulein«. Sie wagten es nur hinter ihrem Rücken, denn Ninian hasste den Namen.
    Jermyn drehte sich um. Das Grinsen verschwand aus den Gesichtern der Frauen. Sie wichen einen Schritt zurück.
    »Oi, nix für ungut, Patron ...«
    »War nur’n Späßchen ...«
    »Euer Geschäft ist für heute zu Ende, packt ein und verzieht euch.«
    Er sprach beiläufig, aber unter dem glasharten, schwarzen Blick rafften die Frauen Matten und Decken zusammen und stolperten hastig davon. Erst als sie im Dunkel des Brachfeldes verschwunden waren, ging Jermyn wortlos weiter. Wag schielte in sein weißes, unbewegtes Gesicht und schauderte. Der Bulle hatte verblüfft zugesehen, so hatte er Jermyn noch nicht erlebt. Er hielt ihm die Korbflasche hin, als ahne er, dass darin Trost lag, und zu Wags wachsendem Unbehagen trank Jermyn ohne zu zögern.
    Das Haupttor war weit geöffnet, trotzdem herrschte großes Gedränge in dem Bogengang. Eingezwängt in die Menge grölender, rempelnder Männer wurden sie in den ersten Hof geschwemmt. Dort verlief sich der Andrang ein wenig, der Bulle ruderte zum Nordflügel.
    »Kommt zum Hof von Kesselflickern ... in ein, zwei Stündchen - damit ihrr seht, was Ringerkunst is«, brüllte er ihnen zu, bevor er in einem weiteren Tor verschwand. Zu Wags Erleichterung nahm er die Korbflasche mit.
    Jermyn stand mit gerunzelten Brauen im Gedränge, rote Flecken brannten auf seinen Wangen und Wag wusste, dass er förmlich darauf wartete, angeraunzt zu werden. Bei der nächsten Gelegenheit würde es Ärger geben.
    »Patron ...«
    Verzweifelt überlegte Wag, wie er Jermyn aus dem überlaufenen Eingangshof weglocken konnte, als unter dem Haupttor eine gefährliche Unruhe ausbrach.
    Mehr als ein Dutzend wüster Kerle stürmte herein, furchteinflößende Rutenbündel in den Händen. Sie gaben vor, den Boden zu fegen und vertrieben dabei alle anderen Männer mit wilden Schwüngen vom Torplatz. Andere Waffen trugen sie nicht. Kalter Stahl war in dieser Nacht in den Höfen verboten und selbst der überheblichste Patron hielt sich an das Gesetz, denn wer es missachtete, den strafte der Gott, der hier herrschte. Von Besen war dagegen in dem Gebot nicht die Rede und so trugen die Gefolgsleute Ruten aus Dornen und Reisig, die in ihren Händen genug Schrecken verbreiteten.
    »Verpisst euch!«
    »Los, los, rührt die Hufe!«
    »Setzt die Ärsche in Bewegung, aber hurtig!«
    Unwillig wichen die Männer zurück. Als die Rutenschwinger genug Platz geschaffen hatten, rissen sie die Umhänge von den Schultern und warfen sie auf die Pflastersteine. Im Halbkreis, die Gesichter dem Tor zugewandt, warteten sie.
    Der große Mann kam. Wag kannte ihn nicht, er musste von der anderen Seite des Flusses kommen. Breitbeinig stapfte er daher, ein Hüne, stiernackig und massig. Gekleidet war er wie ein Bauer, mit gewickelten Hosen und einer Weste aus zottigem, schwarzem Fell, aber die Ketten, die sie über der nackten Brust schlossen, waren aus schwerem Gold.
    Auf den Mänteln seiner Gefolgsleute blieb er stehen und hob die Arme, an denen sich Muskeln wie Eisenkugeln wölbten. Die Hände über dem Kopf gefaltet grüßte er gewichtig in die Runde. Sein kahler Kopf glänzte im Schein der Fackeln und Wag glaubte nicht recht zu sehen - der Schädel war vergoldet!
    »Oi, Buffon ... oioioi, Buffon, hoihoihoi Buffon ...«
    Die Gefolgsleute bejubelten den Auftritt ihres Herrn und Wag murmelte halb bewundernd:
    »Mei’ Herrschaft, der weiß aber, wie man’s macht.«
    »Meinst du?«, fragte Jermyn seidenweich. Er lächelte. »Gefällt es dir besser als mein Auftritt?«
    »Nee, nee, Patron, is ja albern, das Getue, mein ich«, verbesserte sich der kleine Mann hastig, »versperrt den ganzen Weg, der Fettkloß ...«
    »Eben, und das werden wir gleich ändern!«
    Wag folgte ihm mit zitternden Knien, als er sich durch die Menge drängte, aber gerade als er den Kreis der fremden Gefolgsleute erreicht hatte, stolperten drei Männer aus dem Seitentor und zogen alle Aufmerksamkeit auf sich.
    Wag atmete auf, als er den großen Mule erkannte, tief gebeugt unter einer hölzernen Kiepe. Die mit einem Tuch bedeckte Last ragte weit über seinen Kopf

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