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Ave Maria - Roman

Ave Maria - Roman

Titel: Ave Maria - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Ich bin Mary . Scheiße!
    Sie schaute ihn merkwürdig an. Plötzlich wusste er, dass es eine schlechte Idee gewesen war. Nicht die alte Tracey war verrückt - er war es. Er hatte soeben sein ganzes Projekt vermasselt. Und wofür? Um ein bisschen Dampf mit einer alten Freundin abzulassen? Eine Beichte?
    Sie starrte ihn an, als hätte er zwei Köpfe - mindestens so viele. »Nochmal. Was hast du gerade gesagt?«
    Er lachte schallend und bemühte sich, so überzeugend wie möglich zu klingen.
    »Das ist ein Scherz, Tracey. Wir sind zugedröhnt. Ich habe einen Scherz gemacht. He, ich fahre dich nach Hause. Du hast dein Kind im Hotel und die Kinderfrau. Alles klar. Und du bist doch eine gute Mammi, oder?«

57
    Im Auto sprachen sie nicht viel. Ihm war bewusst, welchen Riesenfehler er begangen hatte, und er fragte sich, welche weiteren Fehler er in letzter Zeit noch gemacht hätte. Vielleicht wichtige, derentwegen er erwischt werden würde. Wie damals in New York City. Die Morde im Kino.
    »Ich war unter viel Stress, weißt du«, sagte er schließlich.
    »Klar, verstehe«, murmelte sie.
    Mann, sie trieb ihn in den Verfolgungswahn und machte ihn auch ein bisschen wahnsinnig. Aber sie waren seit so langer Zeit Freunde. »Wie alt ist dein Kind jetzt?«
    »Viereinhalb. Er ist großartig. Er heißt Stefan.«
    Sie machte ihm tatsächlich Angst. Was nun? Was zum Teufel sollte er tun? Das war keine »Mary-Smith-Szene«. Tracey kam in seiner Geschichte gar nicht vor. Das war schlimm.
    Unvermittelt lenkte er den gemieteten Volvo an den rechten Straßenrand. Was nun?
    »Was ist los?«, fragte sie.
    »Du solltest lieber hier aussteigen, Trace. Ich scherze nicht. Raus! Den Rest des Wegs kannst du zu Fuß gehen.«
    »Zu Fuß gehen? Sag mal, bist du verrückt geworden? Was redest du denn da?«
    »Steig aus! Sofort! Steig aus, ehe ich dich rausschmei ße!«
    Das brachte sie in Bewegung. Sie riss die Beifahrertür auf und stieg aus. Dabei fluchte sie wie ein Trucker. Drau ßen war es kalt. Sie schlug die Arme um sich und schrie:
»Du bist ja verrückt, weißt du das? Ich dachte, wir seien Freunde.«
    Sie wollte auf der dunklen Straße in einer Wohngegend zwischen dem Mariott und ihrem Hotel fortlaufen.
    Der Geschichtenerzähler stieg aus und lief ihr hinterher. »He, Tracey, warte! He, Tracey!«
    Er holte sie locker ein. »He, he. Tut mir Leid, dass ich dir Angst eingejagt habe, Baby. Ehrlich. Alles in Ordnung?« Dann schoss er sie in die Kehle und, sobald sie auf dem Gehsteig lag, nochmal in den Kopf.
    Diesmal war es nicht gut. Er hatte überhaupt kein gutes Gefühl.
    Weil die Geschichte sich verselbstständigte, sich selbst schrieb, und es der Geschichte egal zu sein schien, wer verletzt wurde.

58
    Als ich am nächsten Tag von Seattle zurück nach Los Angeles flog, kam mir plötzlich der Gedanke, dass dieser
    Mary-Smith-Fall wie ein Hintergrund meines gesamten Lebens war. Außerdem hatte ich das Gefühl, langsam Rekordhalter für komplizierte oder gescheiterte Beziehungen zu werden. Mit Christine hatte ich mich lediglich darüber einigen können, dass wir schon bald wieder miteinander sprechen würden. Ich war aufgeregt bei der Vorstellung, Klein Alex - Ali - näher bei mir zu wissen, aber ich wollte mich nicht zu früh freuen. Christine hatte in der Vergangenheit ihre Meinung so oft geändert, dass ich mich auf nichts mehr verlassen konnte, was sie sagte.
    Noch ehe ich den Terminal in Los Angeles verlassen hatte, steckte ich wieder bis über beide Ohren in dem Mordfall.
    Ich hörte eine Nachrichtensendung im Fernsehen und blieb stehen, um die jüngste Entwicklung zu sehen.
    Ich konnte nicht wegschauen, als eine Frau meldete: »Bei einer Pressekonferenz heute Morgen bestritt Detective Jeanne Galletta, die die Ermittlungen leitet, dass es im Hollywood-Stalker-Fall eine so genannte Todesliste gäbe.«
    Hollywood Stalker war der Name, den die Medien inzwischen für Mary Smith erfunden hatten. Ich hatte keine Ahnung, was mit der »Todesliste« gemeint sein könnte, von der die Fernsehereporterin sprach.
    »LAPD ruft die Bevölkerung auf, Ruhe zu bewahren und
ihrer Arbeit nachzugehen. Aber viele Menschen sind zutiefst verunsichert.
    Eine Bürgergruppe erschien im örtlichen Polizeirevier und verlangte, die Todesliste zu sehen, die laut Aussagen der Polizei gar nicht existiert. Wem auch immer Sie glauben wollen, eines ist klar: Der Stalker hat diese Gemeinde« - die Reporterin legte eine Kunstpause ein - »sehr nervös gemacht. Lorraine Solie,

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