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Ave Maria - Roman

Ave Maria - Roman

Titel: Ave Maria - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Hotel ein Haar herausgeholt. Die Resultate sind soeben eingetroffen. Es ist dasselbe Haar. Danach hat Fielding zugeschlagen.«

    In meinem Kopf drehte sich alles. Ich musste diese neue Information einordnen. »Wie ich sehe, halten Sie sich tatsächlich völlig aus dem Fall raus«, sagte ich schließlich.
    »Was kann ich dafür, wenn ich rein zufällig etwas höre?«
    »Haben Sie auch - rein zufällig - gehört, wohin man sie gebracht hat?«
    Jeanne zögerte, aber nur wenige Sekunden. »Versuchen Sie es mal im Van Nuys Revier an der Sylmar Avenue. Aber beeilen Sie sich. Lang wird sie da nicht bleiben.«
    »Bin schon unterwegs.«

94
    Ich fuhr sofort zum Revier Van Nuys, aber dort lief ich gegen eine Betonmauer. Man sagte mir ins Gesicht, dass Mary Wagner hier nicht festgehalten würde.
    Gegen das LAPD war ich schlichtweg machtlos. Sie hatten die Frau, ihre mutmaßliche Mörderin, und sie würden sie nicht mit mir teilen. Selbst Ron Burns konnte - oder wollte - mir nicht helfen.
    Ich konnte Mary Wagner erst am nächsten Morgen sehen. Inzwischen hatte das LAPD sie vorübergehend in eine Zelle für Untersuchungshäftlinge im Zentrum gebracht und sie ständig befragt - ohne irgendwelche Fortschritte, wie ich vorausgesagt hatte.
    Ein mitfühlender Polizist beschrieb mir ihren Zustand als ein Zwischending zwischen niedergeschlagen und katatonisch. Trotzdem musste ich Mary Wagner selbst sehen.
    Als ich dort eintraf, war die Presse- und Medienmeute doppelt so groß wie alles, was wir bisher erlebt hatten. Für Wochen hatte der Hollywood Stalker nicht nur in den lokalen Zeitungen und Nachrichtensendungen, sondern landesweit für Schlagzeilen gesorgt. Mary Wagners Polizeifoto war überall. Eine wirre Frau mit leerem Blick, die genau dem Bild einer Mörderin entsprach.
    Ehe ich mein Autoradio ausschaltete, hörte ich noch in einer Talkshow das läppische Gerede und psychologische Gequatsche, weshalb Mary Wagner Verbrechen gegen die reichen und berühmten Frauen in Hollywood begangen habe.

    »Wie wäre es mit Kathy Bates? Sie könnte die Mary spielen. Sie ist eine großartige Schauspielerin«, meinte der Gesprächspartner der Moderatorin der Talkshow, der nur allzu gern das Spiel mitmachte.
    »Zu alt. Außerdem hat sie schon Misery gemacht. Meiner Meinung nach sollte man Nicky Kidman nehmen. Gebt ihr eine falsche Nase, eine Perücke und dreißig Pfund mehr, und ihr könnt loslegen«, erklärte die Moderatorin. »Oder vielleicht Meryl Streep. Emma Thompson? Kate Winslet wäre stark.«
    Es dauerte fünfundvierzig Minuten auf dem Revier, bis man mich überprüft hatte. Ich musste mit vier verschiedenen Polizisten sprechen und ein halbes Dutzend Mal meinen Ausweis zeigen, nur um in den kleinen Verhörraum zu gelangen, wohin sie Mary Wagner für mich bringen würden. Irgenwann - wann es ihnen passte.
    Als ich sie endlich sah, war meine erste Reaktion überraschenderweise Mitleid.
    Mary sah aus, als habe sie nicht geschlafen. Unter ihren Augen lagen tiefblaue Halbmonde. Sie schlurfte niedergeschlagen herein. Die rosa Hoteluniform war verschwunden. Sie trug jetzt weite graue Trainingshosen und ein altes Sweatshirt mit der gelben aufgeflockerten Schrift UCLA …
    Als sie mich sah, flackerte eine vage Erinnerung auf. Sie erinnerte mich an einige der Alzheimerpatienten, die ich regelmäßig im St. Anthony’s Krankenhaus in Washington besuchte.
    Ich bat den Schließer, ihr die Handschellen abzunehmen und draußen zu warten.
    »Das geht okay. Wir sind Freunde.«
    »Freunde«, wiederholte Mary und starrte mir intensiv in die Augen.

95
    »Mary, erinnern Sie sich an mich von gestern?«, fragte ich, sobald der Schließer drau ßen auf dem Korridor war. Ich hatte mir einen Stuhl herangezogen und mich direkt gegenüber von ihr gesetzt. Der einfache Holztisch zwischen uns war auf den Boden geschraubt. In dem kleinen Zimmer war es kalt, von irgendwoher kam Zugluft.
    »Sie sind Mister Cross«, sagte sie leise. »FBI-Agent Cross. Entschuldigung, es tut mir Leid.«
    »Gute Erinnerung. Wissen Sie, weshalb Sie hier sind?«
    Sie verspannte sich. Allerdings merkte man das bei ihrer niedergeschlagenen Haltung kaum. »Sie beschuldigen mich, dass ich einen Mord begangen habe.« Sie blickte auf den Fußboden. »Morde. Mehr als einen. Alle diese Leute in Hollywood. Die Leute glauben, dass ich das war.«
    Ich war froh, dass sie »die Leute« gesagt hatte. Das hieß, ich war für sie immer noch ein potenzieller Verbündeter. Vielleicht würde sie mir doch

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