Ave Maria - Roman
herein.«
Ich winkte Baker am Straßenrand zu.
»Fünf Minuten«, rief ich, hauptsächlich um Ms Wagner wissen zu lassen, dass ich nicht allein hergekommen war. Hoffentlich waren für ihre Augen die zivilen Streifenwagen des LAPD unsichtbarer als für mich.
Ich ging hinein, und sie schloss die Tür hinter mir. Ein Adrenalinstoß schoss durch mich. War diese Frau eine Mörderin, möglicherweise eine Geisteskranke? Aus irgendeinem Grund fühlte ich mich keinesweg von ihr bedroht.
Das Haus war so aufgeräumt und ordentlich, dass ich sehr beeindruckt war. Der Fußboden war vor kurzem gefegt worden, und nirgends sah ich etwas herumliegen.
In der vorderen Diele hing eine Holzsägearbeit. Ein knicksendes Bauernmädchen, mit dem Wort Willkommen auf dem Rock eingebrannt. Plötzlich wurde mir bewusst, dass der verkommene Garten um das Haus Sache des Hauswirts war. Das Innere des Hauses war Mary Wagners Reich.
»Bitte, setzen Sie sich«, sagte sie.
Mary Wagner deutete zum Wohnzimmer, in das ein Türbogen nach rechts führte. Ein Sofa und ein nicht dazu passender Polstersessel nahmen den Großteil des Raums ein.
Ihr Fernseher war auf stumm geschaltet. Auf dem schäbigen Couchtisch aus Redwood standen eine Dose Diät Pepsi und eine halb geleerte Schüssel mit Suppe.
»Störe ich Sie beim Abendessen?«, fragte ich. »Das tut mir wirklich Leid.« Aber ich war nicht bereit, wieder zu gehen.
»Oh, nein, nein. Ich bin kein großer Esser.« Schnell schaltete sie den Fernseher aus und räumte den Tisch ab.
Ich blieb am Eingang stehen und sah mich um, während sie das Geschirr hinten in der Küche abstellte. Nichts sah ungewöhnlich aus. Ein ganz normales Haus, fast zu ordentlich. Nirgends lag etwas herum, alles glänzte vor Sauberkeit.
»Möchten Sie etwas trinken?«, rief sie aus der Küche.
»Nein, danke.«
»Wasser? Limonade? Orangensaft? Keine Mühe, Agent Cross.«
»Nein, alles bestens.«
Wahrscheinlich war ihr Tagebuch hier irgendwo im Haus, aber ich konnte es auf den ersten Blick nirgends sehen. Im Fernsehen hatte sie Jeopardy angeschaut.
»Ach, ich habe gar keinen Orangensaft mehr«, sagte sie freundlich und kam zu mir. Entweder fühlte sie sich vollkommen sicher, oder sie war eine hervorragende Schauspielerin. Sehr eigenartig. Ich folgte ihr ins Wohnzimmer. Wir setzten uns beide.
»So, was kann ich für Sie tun?«, fragte sie mit freundlicher Stimme, die irgendwie beunruhigend klang. »Selbstverständlich möchte ich Ihnen helfen.«
Ich sprach ganz ruhig, keineswegs einschüchternd. »Erstens, fahren nur Sie den Geländewagen?«
»Ja, nur ich.« Sie lächelte, als sei die Frage komisch. Ich fragte mich, weshalb sie das fand.
»War er während der vergangenen sechs Wochen irgendwann unbeaufsichtigt?«
»Nun, natürlich, wenn ich schlafe. Und wenn ich arbeite. Ich bin Zimmermädchen im Beverly Hills Hotel.«
»Verstehe. Also brauchen Sie den Wagen als Transportmittel zu Ihrem Arbeitsplatz.«
Sie fingerte an den Knöpfen ihrer Uniform und blickte auf den Block in meinen Händen, als wolle sie, dass ich ihre Aussage aufschreibe. Impulsiv tat ich das.
»Ich nehme daher an, die Antwort lautet ja«, fuhr sie fort. »Technisch gesehen war er... wie haben Sie gesagt?… unbeaufsichtigt .« Ihr Lachen war ein bisschen kokett.
Ich machte mir noch ein paar Notizen. Will unbedingt gefallen. Hände ständig in Bewegung. Will mir zeigen, dass sie intelligent ist.
Während wir weitersprachen, beobachtete ich sie genau,
während ich zuhörte. Aber nichts, was sie sagte, war irgendwie auffällig. Am meisten beeindruckte mich, wie stark sie sich auf mich konzentrierte. Ihre Hände waren ständig unterwegs, aber ihre braunen Augen ließen mich nicht los. Ich gewann den Eindruck, dass sie froh war, dass ich hier war.
Als ich aufstand, um die Befragung zu beenden, machte sie ein enttäuschtes Gesicht.
»Dürfte ich Sie um ein Glas Wasser bitten?«, fragte ich. Sofort strahlte sie wieder.
»Kommt sofort.«
Ich folgte ihr auf den Korridor. Alles in der Küche war ebenfalls peinlich aufgeräumt. Die Arbeitsplatten waren zum Großteil leer, abgesehen von einem Toaster für vier Scheiben und einer Reihe kitschiger Vorratsdosen.
Das Abtropfgestell neben der Spüle war voll. Beim Besteck waren zwei Steakmesser.
Sie füllte ein Glas aus dem Hahn und reichte es mir. Es schmeckte leicht seifig.
»Stammen Sie aus Kalifornien?«, fragte ich, um Konversation zu machen. »Aus dieser Gegend?«
»Oh, nein«, erklärte sie.
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