AVOCADO ZUM FRÜHSTÜCK
Fällen, konnte man gleich zwei gratis-Abstecher unternehmen: Erstens zu einem “Big Tree”, einem über allen Maßen riesigen Baobab, der zusammen mit kleineren seiner Art gleich am breiten Zambezi regiert. Man warnte vor wilden Tieren und tatsächlich erspähte ich erneut Elefanten, die fast zum Anfassen nah am Straßenrand sich badeten. Ich kam, um ein schönes Foto zu machen, einem Bullen sogar gefährlich nahe (100 Meter) und er musste mich tief schnaufend und mit den riesigen Ohren wehend, davonjagen. Der pure Adrenalinrausch!
Einen richtigen Kick kann man sich zweitens auf der 152 Metern hoher Brücke aus Zeiten König Edwards, zwischen Zimbabwe und Zambia (ZimZam) holen: hier kann sich, wer will und einhundert fünfundzwanzig Dollar hat, am Bungeeseil 110 Metern in die tiefe Schlucht stürzen. Ich wollte mein Leben dafür nicht aufs Spiel setzen und schaute nur belustigt zu, wie es eine junge blonde Touristin wagte. Um die Brücke betreten zu dürfen, muss man sich am Grenzposten an- und abmelden, jedoch ohne richtig registriert zu werden. Zu Fuß oder per Fahrrad kann man dann sogar einige hundert Metern auf der zambischen Seite der Brücke wandern und dort sogar ein Terrassencafé mit riesigem Ausblick besuchen. Durch die Schlucht hat man einen atemberaubenden, teils von hohen Klippen verdeckten Blick auf die Falls. Ich machte meine ersten Fotos an diesem ganz besonderen Ort und sparte mir die richtige Tour zu den Fällen für den nächsten Tag auf.
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Im Clique lernte ich, nun auf eigenen Beinen stehend, eines Sonnabends meinem Partner für den ganzen nächsten Lebensabschnitt kennen. Micha, groß gewachsen und schlank, schüchtern und von markantem Aussehen, hatte sich für vier Jahren bei der Luftwaffe verpflichtet – als Bürosoldat am Stützpunkt Wahner Heide. Mit einem Kameraden, dem viel forscheren und trinkfesten Nico, machte er an Wochenenden die Szene unsicher. Ich, noch mit spiegelglatt rasierter Birne und vor Alkohol und Energie strotzend, war für die Beiden gleichermaßen das Objekt der Begierde. Unter sich machten sie aus, wer mich ansprechen würde während ich argwöhnisch zuschaute und mich wunderte, was da auf mich zukam. Micha stellte sich mir letztendlich zuckersüß vor, wir erzählten uns ein wenig und küssten uns bald darauf. Die Hormone lagen blank und er kam am frühen Morgen gleich mit in mein Hochbett. Am nächsten Morgen machte ich den Sack zu, indem ich ihn mein eigen kreiertes Omelette mit Bananen und Honig zubereitete. Konnte man einen Ostdeutschen immer noch mit Bananen locken?... Jedenfalls konnte er nicht das kleinste Bisschen kochen und war gleich beeindruckt. Ich hatte noch Einiges mehr im Repertoire und in den folgenden vier Monaten besuchte er mich zweimal wöchentlich für eine Portion Liebe und gutem Essen. Beides fehlte in seiner Kaserne offenbar.
Im Frühling, den ich wie nie zuvor als farbenfroh und herrlich wahrnahm, suchten und fanden wir dann die perfekte Wohnung für uns beiden in Köln-Deutz, gleich an der Zubringerstraße aber auch unweit des Rheins. 45 Quadratmeter in einem modernen Bau mit ebenerdigem Aufzug, Garage, verglastem Laubengang und Balkon, gläsernen Zwischentüren und herrlicher Fußbodenheizung. Noch dazu bezahlbar. Täglich konnte ich nun auf dem Rad den Rhein zur Arbeit überqueren und fand es phantastisch. Wir richteten uns exzentrisch-schick ein: das selbstgebaute Bett hatte beispielsweise eine Umrandung aus orangenem Plüsch und das deckenhohe und raumbreite Balkonfenster war mit einem dunkelblauen Lamellenvorhang behangen. Eine Küche richteten wir uns aus zusammen gewürfelten, teils bunt gestrichenen Komponenten ein und der Balkon an sich wurde bald, mit meinem grünen Daumen, in einer Oase auf dem dritten Stock verwandelt. Vom Feigenbaum, der auch zweimal jährlich Früchte trug, über Sonnenblumen bis hin zum überschwänglich rankendem, lilanem Morning Glory pflanzte ich alles, was mir in die Finger kam.
Schon bald gab es eine Reise in Michas Heimat: einer Kreisstadt in Sachsen, direkt an der Elbe und in der Nähe der Elbflorenz, Dresden. Im heißen Sommerwetter staunte ich dort über die prachtvoll restaurierten Bauten, der neulich aufgebaute n Infrastruktur sowie die von blühenden Gärten umgebenen, frisch gestrichenen und gedeckten Wohnhäusern. Hier schien die Welt noch beziehungsweise wieder in Ordnung zu sein! Die Menschen, das Essen: alles stimmte und man wollte bleiben. Das angrenzende, fast
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