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Axis

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Titel: Axis Kostenlos Bücher Online Lesen
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kann, eine Art Bewusstsein hat. Ein Bewusstsein, das sich aus unzähligen Millionen von bewusstlosen Teilen zusammensetzt. Aber war nicht das die Definition eines jeden Bewusstseins? Ihres eigenen zum Beispiel?
    Die Nachmittagssonne war erbarmungslos. Lise nahm einen großen Schluck aus einer der Wasserflaschen, die die Rettungsleute ausgeteilt hatten. »Und was haben sie noch, außer einem Gedächtnis? Haben sie auch Gefühle. Oder Fantasie?«
    Sulean dachte darüber nach. Dann lächelte sie, was schmerzhaft sein musste, denn ihre Lippen waren rissig und bluteten sogar an einigen Stellen. »Ich weiß nicht. Vielleicht haben wir unsere eigene Rolle zu spielen. Als Gattung, meine ich. Das Eingreifen der Hypothetischen macht etwas Unberechenbares aus uns. Würden Sie das nicht als einen Akt der Fantasie bezeichnen?«
    Das Netzwerk der Hypothetischen erinnerte sich also und vielleicht träumte es auch und ließ die Menschen in seinen Träumen mitspielen. Aber konnte es Kummer und Leid empfinden? Machte es sich Gedanken über die Galaxien außerhalb seiner Grenzen? Sprach es mit ihnen und antworteten diese?
    Das waren Fragen, die ihr Vater gestellt hätte.
    Lises Schatten lag vor ihr wie ein dunkler Zwilling. Sie kniff die Augen zusammen und spähte in die Ferne. Dieser Fleck dort in der Wüste mochte unter Umständen der Bus sein, auf den sie warteten.
    Falls es also lebte, dachte sie, folgte daraus, dass es auch sterben würde? Und wusste es, dass es sterben würde?
    Und wollte es ewig leben?
     
    Vieles von dem, was Lise mit eigenen Augen gesehen hatte – der fremdartige Wald, das Auftauchen und das Zusammenbrechen des temporalen Torbogens –, war von Drohnenkameras aufgezeichnet und nach Port Magellan übermittelt worden. Inzwischen waren die Bilder um die ganze Welt gegangen – und auch in die dichter bevölkerte Welt nebenan. In der Sprachregelung der Kommentatoren handelte es sich um »ein Hypothetischen-Ereignis, dessen Bedeutung nicht bekannt ist«. Lise erzählte Brian, dass sie in der Nähe gewesen sei, als es passierte, und von Glück reden könne, überlebt zu haben, ließ sich jedoch keine weiteren Einzelheiten entlocken. Nicht weil sie ihm misstraute, sondern weil die Erinnerung noch zu frisch, zu lebendig war, als dass sie sie in Worte fassen konnte.
    Brian schien das zu akzeptieren, aber dann fragte er – so taktvoll, wie es ihm nur möglich war –, was mit Turk Findley geschehen sei. Und Lise schloss die Augen und überlegte, was sie darüber sagen konnte.
     
    Alles, woran sie denken konnte, war der Klang seiner Stimme, wie sie aus dem Wind und der Nacht zu ihr drang.
    Aus der Dunkelheit, beleuchtet nur durch den Schimmer der an den Hypothetischen-Bäumen verbliebenen Kugeln. Ihre unaufhörlich wechselnden Farben spielten über das Gesicht Sulean Mois, die sich in eine Plane gewickelt hatte und in den Schutz des Betonpiers gekrochen war. Am nächsten Morgen, nahm sich Lise das Versprechen ab, wenn der Wind sich gelegt hatte – falls er sich je legen würde –, sobald es möglich war, aufrecht zu stehen, würde sie graben; dort graben, wo die Bäume gruben; sie würde Turk und Isaac und sogar Dr. Dvali ausgraben. Aber es war schon so viel Zeit vergangen, seit das Gebäude eingestürzt war – mehrere Stunden –, und der Wind war immer stärker geworden, er bog die Hypothetischen-Bäume, dass sie wie reuige Sünder beim Gebet aussahen. Pfeifende Böen schossen durch die Lücken im Beton, und Lise konnte die Blechplatten singen hören, wenn sie vom Wind erfasst wurden. Die leuchtenden Kugeln klapperten auf ihren steifen Ästen, rissen sich los, wurden weggetragen. Sie sah, oder vielleicht träumte sie es auch, wie sie sich am Himmel ballten, ein Strom, eine lange Kette über den jetzt nackten Ästen der Bäume, eine leuchtende Vogelschar auf dem Zug nach Westen, angezogen vom temporalen Torbogen.
    »Lise«, sagte eine Stimme hinter ihr, laut genug, dass sie sie über das Kreischen des Windes hören konnte. Es war Turks Stimme, und in ihrer Verblüffung setzte sie sich auf und versuchte sich zu ihm umzudrehen. Er war irgendwo hinter diesen Betonklötzen, trotzte dem Wind.
    »Turk!«, rief sie.
    »Sieh mich nicht an, Lise. Es ist besser so.«
    Das machte ihr eine solche Angst, dass sie nicht hinsehen konnte. Sie stellte sich vor, dass er schreckliche Verletzungen erlitten hatte. Also blickte sie zu Boden, aber das nützte nicht viel, weil sie an den Schatten erkennen konnte, dass ein Licht von der

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