Ayesha - Sie kehrt zurück
gleich sehen, oder auch nicht, falls du es vorziehen solltest, hierzubleiben. Komm, Leo, mein Geliebter, und laß diesen Philosophen zuerst sein Problem finden, und dann die Lösung dazu erraten.«
Sie wandte mir den Rücken zu und lächelte Leo so liebevoll an, daß er, dem es noch mehr als mir widerstrebte, mit ihr zu gehen, ihr auch durch die Tür eines Feuerofens gefolgt wäre, was er auch, ohne es jetzt zu wissen, tun sollte.
Sie verließen den Raum, und ich folgte ihnen, da es bei Ayesha sinnlos war, falschen Stolz zu zeigen oder sich zum Opfer seines Gewissens zu machen. Außerdem war ich, offen zugegeben, neugierig auf das Wunder, das sie uns zeigen wollte, und dachte nicht daran, mich auf Leos Schilderungen zu verlassen, da seine Fähigkeiten auf diesem Gebiet ziemlich bescheiden waren.
Ayesha führte uns durch Gänge und Tunnel, die wir noch nie passiert hatten, zu einer Tür, die sie Leo zu öffnen bat. Er tat es, und aus der hinter der Tür liegenden Höhle strömte eine Flut von Licht. Wir errieten sofort, daß dies ein Laboratorium war, denn wir sahen eine Reihe von Metallbehältern und mehrere uns unbekannte Geräte und Instrumente. Außerdem war es mit einem Schmelzofen ausgerüstet, dem besten, den ich je gesehen hatte, denn er brauchte weder Brennstoff noch mußte er geschürt werden, da seine Gasflamme, wie die der Feuersäulen im Tempel, aus dem Schoß des unter unseren Füßen liegenden Vulkans gespeist wurden.
Als wir den Raum betraten, arbeiteten zwei Priester in ihm, der eine rührte mit einer Eisenstange in einem großen Tiegel, der andere goß die Schmelzmasse, die sich in diesem Tiegel befand, in eine Form aus Ton. Sie unterbrachen ihre Tätigkeit, um Ayesha zu begrüßen, doch sie befahl ihnen weiterzumachen und fragte sie, ob alles glatt ginge.
»Keinerlei Schwierigkeiten, o Hes«, antwortete einer der beiden.
Wir durchquerten den Raum und gelangten in einen Gang, und durch weitere Türen und Räume schließlich in eine kleine Kammer, die in den Fels gehauen worden war. Es gab keine Lampe oder eine andere Lichtquelle, und doch war der Raum von einer sanften Helligkeit erfüllt, die aus der gegenüberliegenden Wand zu kommen schien.
»Was haben die beiden Priester getan?« fragte ich, mehr um das Schweigen zu brechen, als aus irgendeinem anderen Grund.
»Was soll diese dumme Frage?« erwiderte sie. »Werden in deinem Land keine Metalle geschmolzen, lieber Holly? Du hättest fragen sollen, was ich tue. Doch das würdest du mir nicht glauben, ohne es zu sehen. Deshalb, du Zweifler, sollst du es sehen!«
Dann deutete sie auf zwei seltsame Anzüge, die an Wandhaken hingen und forderte uns auf, sie anzuziehen. Sie waren aus einem dicken, festen Material, und die dazugehörigen Kopfbedeckungen sahen aus wie Taucherhelme.
Nach Ayeshas Anweisung half Leo mir, meine Ausrüstung anzulegen, und den Anzug im Rücken zu verschnüren, wie ich aus seinen Berührungen erriet, denn durch den Helm drang kein einziger Lichtstrahl und ich leistete ihm anschließend denselben Dienst.
»Ich tappe ziemlich im dunkeln«, sagte ich dann, da es inzwischen wieder still war, und ich mich unter dieser Haube unsicher zu fühlen begann und mich vergewissern wollte, daß ich nicht alleingelassen worden war.
»Aber, Holly«, hörte ich Ayeshas spöttische Stimme sagen, »im dunkeln tapptest du doch schon immer, im tiefen Dunkel der Ignoranz und des Unglaubens. Aber ich werde dir, wie immer, ein Licht aufstecken.« Und während sie das sagte, hörte ich etwas zur Seite rollen; ich vermute, daß es eine schwere Steinplatte war.
Und dann war wirklich Licht, ja, selbst durch das Material des Helms drang eine solche Helligkeit, daß sie mich fast blendete. In dem Licht erkannte ich, daß die der Tür gegenüberliegende Wand geöffnet worden war und dort eine zweite Kammer lag. An ihrem Ende stand etwas, das wie ein kleiner Altar aus hartem schwarzen Stein aussah, und auf diesem Altar lag eine Masse von der Größe eines Kinderkopfes, jedoch wie eine Ellipse geformt, oder wie ein menschliches Auge.
Aus diesem Auge strahlte das unerträglich grelle Licht. Die Außenhaut dieses rätselhaften Gebildes, erkannte ich nun, bestand aus einer dicken Schicht von feuerfesten Ziegeln, doch das Licht drang durch sie hindurch, als sei es nichts weiter als dünne Gaze. Diese Ummantelung diente dazu, wie ich entdeckte, die volle Strahlungsenergie durch eine in ihr vorhandene Lücke nach oben zu richten, und in diesem
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