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Ayesha - Sie kehrt zurück

Ayesha - Sie kehrt zurück

Titel: Ayesha - Sie kehrt zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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stören könnte, versuchte ich, meinem Gesicht einen möglichst neutralen Ausdruck zu geben.
    »Wenn dem so ist«, fuhr Ayesha fort, »dann soll die Welt eben ruiniert werden. Aber was meinst du damit? Oh, mein Lord Leo, vergib mir, wenn ich deinen raschen Gedankenflügen nicht immer sofort folgen kann – ich habe zu lange allein gelebt, ohne jede Gelegenheit, mich mit klügeren Geistern zu unterhalten.«
    »Es macht dir Spaß, dich über mich lustig zu machen«, sagte Leo irritiert, »und das finde ich nicht sehr fair.«
    Ayeshas Augen funkelten ihn an, und ich warf einen raschen Blick zur Tür. Doch Leo schien ihren Zorn nicht zu fürchten. Er verschränkte die Arme über der Brust und sah ihr ins Gesicht.
    Sie schwieg eine Weile, dann sagte sie: »Ich glaube, Leo, daß ich dich, abgesehen von der großen Vorbestimmung des Schicksals, vor allem deshalb so sehr liebe, weil du keine Angst vor mir hast. Im Gegensatz zu unserem Holly, der seit der Minute, als ich ihm androhte, seine alten Knochen in Gold zu verwandeln – was ich eigentlich hätte tun sollen«, und sie lachte amüsiert – »vor jeder meiner Bewegungen zittert und sich selbst unter meinen freundlichsten Blicken duckt.
    Oh! Mein Leo, wie gut du zu mir bist, wie geduldig mit meinen Launen und weiblichen Schwächen.« Sie hob die Arme, als ob sie ihn umarmen wollte, doch dann fuhr sie erschrocken zurück, und diese Bewegung demonstrierte ihre Entsagung besser als die tragischste Geste. Sie stand ein paar Sekunden lang reglos, als ob sie in sich hineinhorche, dann deutete sie auf die Couch und forderte Leo damit auf, sich zu setzen. Als er das getan hatte, zog sie eine kleine Fußbank vor die Couch, setzte sich ihm zu Füßen und sah zu ihm auf wie ein Kind, das einem Märchen lauscht.
    »Die Gründe, Leo, nenne mir die Gründe! Ich bin sicher, daß du recht hast, und – oh! – ich werde auf dich hören.«
    »Gut, ich will es dir kurz erklären«, sagte er. »Die Welt, wie du sie in deinen früheren ...« Er schwieg.
    »... in deinen früheren Zeiten gekannt hast«, brachte sie den Satz zu Ende.
    »Ja, so etwa wollte ich es sagen. Diese Welt hat das Gold zum Maßstab ihres Reichtums gemacht. Auf ihm sind alle Zivilisationen begründet. Wenn du so viel Gold herstellst, wie es dir anscheinend möglich ist, müssen diese Zivilisationen zusammenbrechen: alle Guthaben werden verschwinden, Kredite werden unmöglich gemacht, und die Menschen werden gezwungen sein, wieder zum Tauschhandel zurückzukehren, den einst ihre wilden Vorfahren praktiziert haben, und der noch heute in Kaloon die einzige Möglichkeit der Bedarfsdeckung bildet.«
    »Und was wäre daran so schlimm?« fragte sie. »Es würde alles viel einfacher machen und die Menschen wieder in die Zeit zurückversetzen, als sie gut waren und weder Luxus, noch Gier kannten.«
    »Und sich gegenseitig die Schädel mit Steinäxten zertrümmerten«, setzte Leo sarkastisch hinzu.
    »So wie sie einander jetzt Stahl ins Herz stoßen oder Bleikugeln hindurchschießen, wie du es mir erzählt hast. Oh, Leo, wenn die Nationen am Bettelstab sind und ihr goldener Gott von seinem Thron gestoßen ist; wenn die Wucherer und die fetten Händler zittern und leichenblaß werden, weil alles, was sie gehortet haben, nur noch wertloser Tand ist; wenn ich die Banken dieser Welt zum Ziel meines Spottes gemacht habe und über den Ruinen ihrer reichsten Märkte lache, dann, Leo, wird dann die Menschheit nicht wieder zu den wirklichen Werten zurückkehren?
    Was ist schon dabei wenn wir jenen schaden, die mehr an Profit denken als an menschliche Tugenden; jenen, die, wie der hebräische Prophet schrieb, Feld neben Feld legen, und Haus neben Haus stellen, bis die Unglücklichen, die sie beraubt haben, keinen Platz mehr finden, an dem sie wohnen können? Was wäre schon dabei wenn damit bewiesen würde, daß eure größten Weisen Narren sind und wir eure Geldwechsler mit dem Gold vollstopfen, nach dem sie so gieren, bis sie daran ersticken? Was ist, wenn ich die Armen und Unterdrückten gegen den Moloch Mammon verteidige? Sag, Leo, würde deine Welt dann nicht glücklicher sein?«
    »Das weiß ich nicht«, sagte Leo. »Auf jeden Fall aber würde es eine andere Welt sein, eine Welt, die nach einem neuen Plan geformt ist, regiert nach nicht erprobten Gesetzen, und ausgerichtet auf neue Ziele. Es wäre eine völlig fremde Welt, und wer kann sagen, was in ihr geschehen mag?«
    »Das werden wir dann schon feststellen, Leo. Oder aber, wenn

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