Ayesha - Sie kehrt zurück
Firmament des Himmels auftaucht, in unserem unsterblichen Glanz vor die verwunderte Menschheit treten werden. Es wird mir Spaß machen, ich sage dir, Leo, es wir mir Spaß machen, zu sehen, wie Mächte, Königreiche und Fürstentümer vertreten durch ihre Kaiser, Könige und Regenten, vor unserem Thron drängen und ergeben die Gnade erflehen, uns dienstbar sein zu dürfen. Zumindest«, setzte sie hinzu, »wird es mir für eine Weile Spaß machen, bis wir uns höheren Zielen zuwenden werden.«
Während sie sprach, verstärkte sich das Strahlen des Lichts auf ihrer Stirn, breitete sich aus und wurde zu einem glühenden Fächer, und ihre Augen wurden zu Spiegeln, in denen ich sie auf dem Thron sitzen und die Huldigungen vorbeiziehender Menschenmassen entgegennehmen sah.
»Und wie«, fragte Leo mit einem gequälten Stöhnen – denn diese Vision der Weltherrschaft schien ihn nicht gerade zu begeistern – »wie, Ayesha, willst du das alles erreichen?«
»Wie, mein Leo? Auf eine höchst einfache und geniale Weise. Viele Abende lang habe ich den weisen Reden unseres Holly zugehört – das heißt, er hält sie für weise, obwohl er noch viel lernen muß –, über seinen primitiven Landkarten gehockt und sie mit denen verglichen, die in meiner Erinnerung aufgezeichnet sind, da ich in den letzten Jahrhunderten keine Zeit dazu fand, mich mit so unwichtigen Dingen zu befassen. Außerdem habe ich über deine Berichte von den Rassen und Nationen dieser Welt nachgedacht, über ihre Torheiten, ihr armseliges Streben nach Geld und Macht, und ich habe erkannt, daß es weise und richtig wäre, sie alle zu einem großen Reich zusammenzufassen und uns als Herrscher über sie zu setzen, um ihre Geschicke zu lenken und Kriege, Krankheit und Armut für immer zu beseitigen, damit diese Kreaturen eines Tages (Ephemeride war der Ausdruck, den sie benutzte) glücklich und zufrieden von der Wiege bis zur Bahre leben können.
Wenn ich nicht Rücksicht auf deine unerklärliche Abscheu vor Blutvergießen nehmen müßte, selbst wo es politisch notwendig und richtig ist – weil du, mein Leo, noch kein wirklicher Philosoph bist –, wäre das sehr rasch und einfach zu bewerkstelligen, da mir eine Waffe zur Verfügung steht, die ihre Arsenale zermalmen und ihre Flotten in die Tiefe des Meeres schicken könnte; ja, ich, der selbst die Blitze und die Elementarkräfte der Natur gehorchen müssen. Doch du, mein Leo, schauderst vor dem Töten zurück und glaubst, daß der Himmel mir zürnen würde, wenn ich mich zum Werkzeug dieses Himmels mache – oder dazu erwählt werde. Nun, dann soll es so sein, denn dein Wille ist auch der meine, und deshalb werden wir einen sanfteren Weg wählen.«
»Und wie willst du die Könige dieser Erde dazu bringen, dir ihre Kronen auf das Haupt zu setzen?« fragte ich erstaunt.
»Indem ich ihre Völker dazu bringe, sie mir anzubieten«, antwortete sie ernsthaft. »Oh! Holly, Holly, wie eng ist doch dein Geist, wie kläglich deine Phantasie! Öffne die Tore deines Verstandes und denke nach. Wenn wir unter den Menschen erscheinen und mit Gold um uns werfen, damit sie ihre Bedürfnisse befriedigen können, werden sie dann nicht schreien: ›Seid unsere Monarchen und herrscht über uns‹?«
»Vielleicht«, sagte ich zweifelnd, »aber wo willst du unter den Menschen erscheinen?«
Sie zog eine Karte der östlichen Hemisphäre heran, die ich gezeichnet hatte, deutete mit dem Finger auf Peking und sagte: »Hier. Dies ist der Ort, der für einige Zeit unser Heim sein soll, vielleicht für drei oder fünf, oder sieben Jahrhunderte, je nachdem, wie lange es dauern wird, dieses Volk zu meiner Zufriedenheit und für unsere Zwecke zu formen. Ich habe die Chinesen dazu ausgewählt, weil du mir gesagt hast, daß dieses Volk unzählbare Millionen umfaßt, daß die Chinesen tapfer, kultiviert und geduldig sind, und, obwohl zur Zeit durch eine schlechte Regierung schwach und machtlos, in der Lage wären, durch ihre Menschenmassen die kleinen Nationen des Westens zu überrennen. Deshalb werden wir hier unsere Herrschaft beginnen; von uns sollen sie Weisheit erlernen, und du, Holly, wirst ihre Armeen unbesiegbar machen und dem Land eine gute Regierung, Frieden, Reichtum und eine neue Religion geben.«
Ich fragte sie nicht, wie diese neue Religion aussehen sollte. Es schien mir unnötig, denn ich war überzeugt, daß sie in der Praxis irgendeine Form der Ayesha-Anbetung sein würde. Ich war so damit beschäftigt, mir vorzustellen,
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