Azazel
Gelegenheit, dorthin zurückzukehren, um aufgrund meines angeeigneten Wissens, was die Eigenschaften von Rennpferden betraf, zusammen mit einem Freund gewisse Investitionen zu tätigen. Ich nutzte die Gelegenheit, um Maggie zu besuchen, die, neben ihren anderen verborgenen Qualitäten, eine ausgezeichnete Köchin war.
Ich traf zur Mittagszeit dort ein. Octavius war zur Arbeit, doch das spielte keine Rolle. Ich bin kein Egoist und nahm es auf mich, zusätzlich zu meiner auch seine Portion aufzuessen.
Aber mir entging nicht, daß Maggie ein klein wenig bekümmert wirkte. »Bist du unglücklich, Maggie?« fragte ich beim Kaffee. »Steht es nicht gut um deine Ehe?«
»Oh nein, Onkel George«, sagte sie mit Nachdruck, »unsere Ehe ist der Himmel auf Erden. Wir haben zwar keine Kinder, empfinden aber soviel füreinander, daß wir das kaum als Verlust sehen. Wir leben in einem Meer nicht enden wollender Wonne und können vom Universum kaum mehr verlangen.«
»Verstehe«, antwortete ich und konnte mich nur mühsam zurückhalten. »Und warum dann diese Spur von Kummer, die ich an dir bemerke?«
Sie zögerte. »Oh, Onkel George«, platzte sie dann heraus, »du bist so ein feinfühliger Mensch. Es gibt eines, das ein klein wenig Sand in das Getriebe unseres vollkommenen Glücks streut.«
»Und das wäre?«
»Mein Aussehen.«
»Dein Aussehen? Was ist denn mit deinem -« ich schluckte und konnte die Frage nicht zu Ende sprechen.
»Ich bin nicht schön«, sagte Maggie, als würde sie mir ein wohlgehütetes Geheimnis anvertrauen.
»Aha!« sagte ich.
»Ich wünschte mir aber, ich wäre es - für Octavius. Ich möchte nur für ihn liebreizend sein.«
»Beschwert er sich denn über dein Äußeres?« fragte ich.
»Octavius? Aber keineswegs! Er erträgt sein Leid in würdevollem Schweigen.«
»Woher weißt du dann, daß er leidet?«
»Das sagt mir mein weibliches Herz.«
»Aber, Maggie, Octavius ist ja nun selbst - also - auch nicht gerade eine Schönheit.«
»Wie kannst du das sagen?« fragte Maggie gekränkt. »Er ist ein Gott.«
»Aber vielleicht hält er dich auch für eine Göttin.«
»Oh nein«, antwortete Maggie, »wie könnte er das denken?«
»Interessiert er sich denn für andere Frauen?«
»Onkel George!« sagte Maggie schockiert. »Was für ein schändlicher Gedanke! Ich kann es nicht fassen. Octavius hat nur Augen für mich.«
»Was spielt es dann für eine Rolle, ob du schön bist oder nicht?«
»Es ist wegen ihm«, sagte sie. »Ach, Onkel George, ich möchte für ihn schön sein.«
Dann sprang sie höchst unerwartet und unbeholfen auf meinen Schoß und benetzte mein Revers mit ihren Tränen. Es war regelrecht durchnäßt, als sie fertig war.
Da hatte ich natürlich schon Azazel kennengelernt, den zwei Zentimeter großen Dämon, den ich vielleicht das eine oder andere Mal schon erwähnt ... Also wirklich, Alter Freund, du hast keinen Grund, so hochnäsig »bis zum Erbrechen« zu murmeln. Jeder, der seinen Lebensunterhalt mit der Schriftstellerei verdient, sollte sieh schämen, das Wort Erbrechen ganz gleich in welchem Zusammenhang zu benutzen.
Wie auch immer, ich beschwörte Azazel.
Azazel schlief, als er eintrat. Ein Beutel aus einem grünlichen Material bedeckte seinen winzigen Kopf, und nur die gedämpften Laute eines rapiden Sopranschnarchens aus dem Inneren verriet, daß er am Leben war. Und die Tatsache, daß hin und wieder sein winzigkleiner Schwanz zuckte und erstarrte.
Ich wartete mehrere Minuten, ob er von selbst aufwachen würde und nahm ihm schließlich, da er keinerlei Anstalten traf, die winzige Haube mit einer Pinzette ab. Er schlug langsam die Augen auf, sah mich an und gab einen resignierten Seufzer von sich.
»Einen Moment dachte ich, ich hätte nur einen Alptraum«, sagte er. »Mit dir habe ich nicht gerechnet!«
Ich schenkte seinem kindischen Quengeln keine weitere Beachtung. »Ich muß dich um einen Gefallen bitten«, sagte ich.
»Na klar doch«, sagte Azazel griesgrämig. »Du gehst nicht davon aus, daß ich erwarten würde, du könntest etwas für mich tun.«
»Das würde ich jederzeit sofort tun«, antwortete ich einschmeichelnd, »wenn ich mit meinen bescheidenen Fähigkeiten irgend etwas ausrichten könnte, das für jemanden deiner Persönlichkeit und Statur auch nur ansatzweise nützlich wäre.«
»Wohl war«, antwortete Azazel besänftigt.
Ich möchte hinzufügen, daß es wahrhaftig abstoßend ist, wie anfällig manche Leute für Schmeicheleien sind. Mir ist zum
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