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AZRAEL

AZRAEL

Titel: AZRAEL Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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daß er mit ihm nicht fertig werden konnte. Aber er wollte nicht vernünftig sein. Ganz plötzlich war die Wut da, die er den ganzen Tag über vermißt hatte, eine rasende, kaum noch zu beherrschende Wut, die ihn dazu trieb, nicht aufzuhören, nicht vernünftig zu sein, sondern weiterzumachen. Er brauchte ein Ventil. Er wollte etwas pac ken, etwas zerstören und kaputt machen, irgend etwas schlagen oder auch geschlagen werden, das war egal.
    »Mach keinen Ärger«, sagte Beate.
    »Ich?« Mark trat mit zwei zornigen Schritten um den Tisch herum und baute sich drohend vor dem Betrunkenen auf. » Er macht Ärger, nicht ich.«
    »Spiel dich nicht auf, Kleiner«, sagte der Bursche. »Hau ab, solange du es noch kannst.«
    «Und wenn nicht?« fragte Mark herausfordernd.
    Er wußte, was nun kam, und das zornige Aufblitzen in den Augen seines Gegenübers warnte ihn zusätzlich. Zorn und Frustration hatten seinen Kreislauf so mit Adrenalin überschwemmt, daß er mit einer Schnelligkeit und Kraft reagierte, an die er normalerweise nicht einmal zu denken wagte. Der Kerl schlug zu, ein vielleicht kraftvoller, aber sehr plumper Hieb, dem Mark mit Leichtigkeit auswich. Gleichzeitig schlug er zurück. Seine Faust traf den anderen am Kinn, und die Wirkung überstieg Marks kühnste Erwartungen: Der Bursche schrie auf, warf die Arme in die Höhe und stürzte rückwärts zu Boden, wobei er zwei oder drei andere mit sich riß. Für einen Moment drohte sich die Bewegung fortzusetzen, und Mark wartete beinahe darauf, daß sämtliche Diskobesucher wie eine ineinander gedrehte Schnecke aus Dominosteinen umfielen. Natürlich geschah das nicht. Trotzdem setzte sich d ie Bewegung irgendwie fort; für einige Sekunden kamen die Tanzenden aus dem Takt, dann erlosch auch das Flackern der Lichtorgel, und schließlich verstummte sogar die Musik.
    Der Betrunkene versuchte ungeschickt wieder auf die Füße zu kommen, aber da einige andere dies gleichzeitig auch probierten, behinderten sie sich nur gegenseitig; Mark hatte Zeit genug, ihm nachzusetzen und in eine entsprechende Position zu kommen. Er war plötzlich ganz ruhig. Der Zorn war noch da, vielleicht sogar schlimmer als zuvor, aber er machte ihn jetzt nicht mehr fahrig oder störte seine Konzentration. Er beobachtete den anderen genau, während er sich aufrappelte. Sein Gesicht wirkte benommen und ziemlich überrascht, aber nicht besonders angeschlagen. Sein Schlag hatte eine spektakuläre, aber leider keineswegs nachhaltige Wirkung erzielt. Wahrscheinlich hatte er den Kerl nur wütend gemacht. Er durfte ihm auf keinen Fall die Gelegenheit geben, seinerseits einen Treffer anzubringen.
    Als der Bursche aufstand, empfing ihn Mark mit einem Tritt vor das Knie, der ihn nicht fällte, ihn aber mit schmerzverzerrtem Gesicht zurücktaumeln ließ. Mark setzte ihm nach, boxte ihn zwei-, dreimal mit aller Gewalt in den Leib und zielte mit einem Handkantenschlag nach seiner Kehle, als die erhoffte Wirkung auch diesmal ausblieb.
    Sein Arm wurde mit solcher Kraft gepackt und zurückgerissen, daß er vor Schmerz aufschrie und gestürzt wäre, hätte die gleiche Hand, die ihn zurückgerissen hatte, ihn nicht auch festgehalten. Eine Sekunde später wurde sein Arm mit brutaler Kraft auf den Rücken gedreht, eine Hand krallte sich in sein Haar und riß seinen Kopf in den Nacken, und dann traf ihn ein harter Kniestoß in den Rücken und ließ ihn endgültig in die Knie brechen. Ein gleißender Schmerz explodierte in seinen Nieren, und für einen Moment sah er nichts außer bunten Farbblitzen. Sein Kopf wurde so weit in den Nacken gebogen, daß er kaum noch Luft bekam und deshalb auch nicht schreien konnte, und der Gewalt, mit der er festgehalten wurde, hatte er nichts entgegenzusetzen. Trotzdem wehrte er sich noch einen kurzen Moment mit aller Kraft. Seine Wut war noch nicht verraucht. Er fügte sich mit seiner Gegenwehr n ur selbst Schmerzen zu, aber das war ihm gleich. Er mußte irgend etwas zerstören - wenn er nichts anderes fand, sich selbst.
    Kurz bevor er sich selbst den Arm auskugeln konnte, wurde der Griff ein wenig gelockert, nicht einmal annähernd weit genug, um sich loszureißen, aber immerhin kam er unsicher auf die Füße, auch wenn er weiter mit unerbittlicher Kraft gehalten wurde. Er drehte den Kopf zur Seite, soweit es die Hand zuließ, die sich noch immer in sein Haar krallte, und erkannte, daß er von einem langhaarigen, muskelbepackten Burschen in Lederjacke und Jeans festgehalten wurde. Ein

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