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AZRAEL

AZRAEL

Titel: AZRAEL Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Namensschild an ihrer Tracht verriet – mochte noch ziemlich jung sein, aber sie gehörte nicht zu den Men sc hen, die sich so leicht einschüchtern ließen. Jeder Ausdruck verschwand von ihrem Gesicht. Sie wirkte nur noch kühl und kein bißchen verunsichert.
    »Herr Sillmann, das hier ist ein Krankenhaus«, sagte sie. »Unsere Patienten brauchen vor allem - «
    »Hören Sie, Schwester Beate«, unterbrach sie Mark. »Ich weiß, was Sie sagen wollen, und Sie haben vollkommen recht damit. Aber ich habe es auch wirklich eilig. Wir können uns jetzt also eine Weile streiten und vielleicht ein bißchen laut werden, und jeder von uns könnte eine Menge Dinge sagen, die er eigentlich gar nicht so meint und die ihm gleich darauf schon wieder leid tun, das ist die eine Möglichkeit. Die andere ist, daß Sie jetzt den Telefonhörer nehmen und Professor Artner anrufen und ihm sagen, daß der Sohn von Gustav Sillmann hier ist und darum bittet, seine Mutter besuchen zu dürfen.«
    »Professor Artner ist... im Moment nicht hier«, antwortete sie, eindeutig überrascht, aber auch ein bißchen erschrocken. Sie schien nicht damit gerechnet zu haben, daß Mark den Chefarzt der Klinik persönlich kannte. Das war im Grunde auch nicht der Fall. Er hatte Artner ein einziges Mal getroffen und sich vielleicht zehn Minuten mit ihm unterhalten, aber er wußte, daß sein Vater und er sich gut kannten, und baute einfach darauf, daß die bloße Erwähnung des Namens seiner Forderung den nötigen Nachdruck verlieh.
    »Dann eben den zur Zeit diensthabenden Arzt«, sagte er.
    Diesmal ging seine Rechnung auf. Schwester Beate blickte ihn noch eine Sekunde verstört an, aber dann streckte sie die Hand nach dem Telefon aus und sagte: »Ganz wie Sie wünschen. Bitte gedulden Sie sich einen Moment. Ich werde sehen, was ich für Sie tun kann.«
    Sie tippte eine dreistellige Nummer ein und lauschte, und Mark trat einen Schritt von der Theke zurück, um sie nicht noch mehr in Verlegenheit zu bringen, sich selbst übrigens auch. Er fühlte sich alles andere als wohl in seiner Haut, und schon gar nicht in der Rolle, die er plötzlich spielte. Wenn Prein ihn jetzt sehen könnte, dachte er, würde sich wahrscheinlich ein selbstzufriedenes Grinsen auf seinem Gesicht a usbreiten. Tat er nicht genau das, was er ihm prophezeit hatte? Er schrie Protest und Widerstand, er behauptete, nichts von alledem haben zu wollen, was ihm das Schicksal als Geschenk mitgegeben hatte, und doch nutzte er das Gewicht seines Namens - genauer gesagt: des seines Vaters - und vor allem das seines Geldes aus, um ein Ziel zu erreichen. Und das schon bei der ersten kleinen Schwierigkeit, die sich zeigte. >Die dunkle Seite der Macht<, wie Darth Vader es wohl ausdrücken würde. Es war tatsächlich leicht, ihrer Verlockung zu erliegen.
    Vor allem, wenn man müde, hungrig und vollkommen verstört war.
    Die Schwester telefonierte eine ganze Weile, und obwohl Mark ganz bewußt nicht hinhörte, sagte ihm doch ihr Tonfall, wie sehr sie das überraschte, was sie erfahren mußte. Schließlich hängte sie ein und wandte sich mit einem Blick an Mark, in dem sich Verwirrung und eine Art widerwilliger Respekt miteinander mischten. »Sie können Ihre Mutter sehen. Wenn Sie sich nur noch einen Moment gedulden würden. Einer der Pfleger wird Sie zu ihr bringen.«
    »Selbstverständlich«, sagte Mark. Er bemühte sich, so freundlich zu lächeln, wie es gerade noch ging, ohne aufgesetzt oder gar schadenfroh zu wirken. »Und nichts für ungut, okay?«
    Er bekam keine Antwort. Er hatte damit gerechnet, aber es enttäuschte ihn trotzdem. Innerhalb weniger Stunden war es jetzt das zweite Mal, daß er bei einem vollkommen fremden Menschen einen unangenehmen Eindruck hinterlassen hatte - und übrigens auch das zweite Mal, daß ihm dies mehr zu schaffen machte, als es eigentlich sollte. Bisher zumindest verlief der Start in sein neues, selbstbestimmtes Leben ganz und gar nicht so, wie er es sich vorgestellt hatte.
    7. Kapitel
    Na, wieder einigermaßen fit?« Sendig lächelte und bot ihm eine Zigarette an, die Bremer tapfer, aber nicht besonders umsichtig ablehnte - mit einem heftigen Kopfschütteln nämlich, das sofort einen intensiven, hämmernden Schmerz in seinem Schädel nach sich zog. Er biß die Zähne aufeinander und versuchte, ein Stöhnen zu unterdrücken.
    »Gut, ich ziehe die Frage wieder zurück. War sowieso ziemlich dumm. Schließlich weiß ich, wie ich mich fühle. So eine Nacht steckt man nicht

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