Azraels Auftrag (German Edition)
vor den mittlerweile extremen Temperaturen zu schützen, trotzdem fror er sehr stark. Scheinbar war der Anzug doch nicht mehr so funktionsfähig wie gedacht.
Die Anzeige im Helmdisplay sprang von Minus 63 auf Minus 65 Grad Celsius um.
Wie ein milder Frühlingstag in Madrid, Amigo. Ich habe dir immer gesagt, wie du damit umgehen sollst. Irgendwann einmal wird dir das helfen , ging Mika durch den Kopf. Wieder musste er lächeln, als er daran dachte, wie oft ihm in den letzten Minuten die Gespräche mit seinem Freund durch den Kopf gegangen sind.
Mika warf nochmals einen Blick auf die Displayanzeige.
Plötzlich kam ihm eine Idee. Warum war er nicht bereits früher darauf gekommen? Er hätte es zumindest versuchen können.
„Display, taktische Ansicht!“, war Mikas Stimme zu hören. Sofort war die normale Ansicht von einer leuchtend roten Gitterstruktur überlagert.
Falschfarben überlagerten den Schnee und gaben Informationen über Struktur und Dichte.
Mika machte einen großen Schritt zur Seite, als er erkannte, dass er als nächstes direkt in eine Schneesenke gestolpert wäre.
Dann erkannte er in der taktischen Ansicht die Kante, die er vorher nicht gesehen hatte. Nur noch wenige Meter trennten ihn von ihr.
Mika beschleunigte seine Schritte, dann hielt er den Atem an.
Vor ihm erstreckte sich das erste Hindernis, das in der Karte vermerkt wurde. Aus irgendeinem Grund, vielleicht war es einfach nur Müdigkeit, hatte er die Höheninformationen in der Karte falsch beurteilt.
Mika blickte auf ein tiefer gelegenes Plateau. Der Höhenunterschied zum anderen Plateau schätzte er auf etwa einhundert Meter, was auch den Informationen entsprach, die er der Karte entnommen hatte. Doch das war nicht das Schlimmste.
Ein nahezu zweitausend Meter tiefer Graben trennte die beiden Plateaus, wie der Burggraben eine Ritterburg vom Umland.
Mika sah sich nochmals die Karte genauer an. Das konnte doch nur ein Witz sein, das dies die einzige Stelle sein sollte. Mika spielte mit den Kontrollen der Kartenanzeige und ließ den Ausschnitt in verschiedene Richtungen wandern. Langsam richtete sich sein Blick wieder auf das tiefer gelegene Plateau.
Irgendeine irre Laune der Natur hat die Polarregion wie aus einem Block gestanzt und mehrere tausend Meter aus der umliegenden Oberfläche erhoben. An wenigen Stellen reichten die Grenzen des Plateaus an die Grenzen der benachbarten Gebirgsformationen relativ nach heran.
Und an dieser Stelle war sie am geringsten.
Keine zwanzig Meter trennten dieses Massiv vom nächsten.
Geradeaus gemessen!
Wieder sah Mika in die Schlucht hinab und erkannte, dass die Wände des Plateaus nicht ganz senkrecht abfielen.
Erneut warf er einen Blick auf die Karte und suche nach anderen Darstellungsmöglichkeiten. Mika wählte eine andere Ansicht, und sofort änderte sich die Darstellung der Karte und zeigte den günstigsten Weg im Querschnitt. Links war das Massiv zu sehen, auf dem Mika im Moment stand und rechts davon das tiefer gelegene Plateau, dazwischen lag eine tiefe Kluft.
Langsam ließ Mika die Schnittstelle weiter nach links Wandern. Wie in einem Computertomogramm zeigten sich jetzt die verschiedenen Querschnitte.
Mika stoppte die Bewegung und ließ den Schnitt ein Stück weiter nach rechts wandern.
Und wieder Stopp. Was er erkennen konnte, sah ganz brauchbar aus. In ziemlich steilem Winkel fiel die Wand ab und wurde weiter unten wieder sanft umgelenkt. Das Ganze erinnerte ihn an eine extrem steile Skischanze.
Mal überlegen, dachte er. Das sind sechzig Meter nach unten in einem Winkel von nahezu achtzig Grad, die Beschleunigung hier ist etwas geringer, hmm, aber dafür ist auch die Anziehungskraft selber geringer!
Mika ging in Gedanken einige Berechnungen durch. Wenn es funktionierte, würde er am Ende der natürlichen Rampe genug Schwung bekommen, um auf die andere Seite zu gelangen. Es waren nur zwanzig Meter.
Mika schaltete die Karte in normale Aufsicht und erkannte, dass sich der dargestellte Schnitt zirka fünfzehn Meter zu seiner Rechten befand.
Langsam näherte sich Mika dieser Stelle und sah nach unten. Er spürte, wie eine eiserne Faust sich um seinen Magen legte. Gewiss, er kannte keine Höhenangst. Zumindest hatte er das bisher geglaubt, doch das hier war etwas anders. Bei allen anderen Sachen wusste er, was er tat. Selbst wenn er den Jet flog, hatte er alles im Griff und ging keine unnötigen Risiken ein.
Ist das so, Amigo? hörte er wieder in Gedanken, Top Elite? Beherrscht
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