Azraels Auftrag (German Edition)
aktivierte den hydraulischen Schließvorgang der Kanzel. Der laute Warnsummer schnarrte in kurzen Intervallen. Es klang fast so, als ob man irgendwo in Italien im Feierabendverkehr stand und jemand ungeduldig auf seine Hupe schlug. Mit einem klickenden Schmatzen rasteten die Verriegelungsbolzen ein und verschlossen das Canopy.
Ganz sachte schob Mika den Schubregler mit der linken Hand nach vorne, die Rechte ruhte in seinem Schoß. Direkt vor Mika waren im Armaturenbrett drei digitale Multifunktionsinstrumente installiert, welche an die Displays tragbarer DVD-Player erinnerten. Entsprechend dem Weight-On-Wheel Modus stand das äußerst rechte DISPLAY im Triebwerks-Anzeige Format, auf dem man deutlich die Schubzunahme beider Triebwerke ablesen konnte. Mika löste mit einem Schalterdruck die Feststellbremse und der Typhoon begann sich in Bewegung zu setzen.
Die Bordmechaniker hatten ihre Schallschutzkopfhörer aufgesetzt, was sie von weitem wie eine Karikatur von Mickey-Mouse erscheinen ließ.
Mika und Carlos zeigten ihren beiden Mechanikern mit der Hand einen Gruß, worauf hin diese wie Honigkuchenpferde zu grinsen begannen, was sie noch mehr an Mickey erinnern ließ.
Die GT-034 rollte von der großen Betonplatte auf den parallel zur Landebahn verlaufenden Zubringerweg, dem so genannten Taxiway. Mika leitete eine Rechtskurve ein, indem er das rechte Pedal mit dem Fuß sanft drückte.
Als der Jet stand, bremste er. Die Stoßdämpfer des Bugrades ließen die Nase leicht nach oben wippen.
Mika löste die Bremse.
Auf dem Display las er die relative Bodengeschwindigkeit ab: 10 mp/h, 15 mp/h, 30 mp/h, 45 mp/h..., als über Com eine schreiende Stimme zu hören war: „Hey, geht’s euch noch ganz gut? Falls ihr es übersehen habt, das hier ist noch nicht die Rollbahn ...“
„Flightcontrol, sie haben doch selbst gesagt, wir sollen uns zügig bewegen.“
Eine Pause erfolgte.
„Sollen wir langsamer machen? Wir tun alles, was sie sagen.“
In 500 m Entfernung stellte Massimo im Tower seinen dampfenden Becher Kaffee ab, als er merkte, dass sein Sodbrennen wieder einsetzte.
„Flightcontrol?“ Kurze Pause.
„Macht doch, was ihr wollt“, erklang es vom Tower durch zusammengebissene Zähne.
Der Startpunkt befand sich vom Hangar aus gesehen genau auf der entgegengesetzten Seite der Rollbahn. Das bedeutete eine Fahrt von annähernd 3 km.
Carlos hatte es schon vorher bemerkt und sprach nun erstmals Mika darauf an.
„He, Amigo, hast du bemerkt, dass der gesamte Stützpunkt in Aufruhr ist? Schau mal da drüben zu den Tomcats. Wie ein Ameisenhaufen! Und dort bei Rollbahn 01 steigen die ersten Tornados auf. Hast du eine Ahnung, um was es geht?“
Mika sah hinüber und bemerkte es ebenfalls.
„Ich sehe es. Nein, keine Ahnung, was hier los ist. Aber ich denke, wir werden es früh genug erfahren.“
Carlos sah in seinen Rückspiegel und sah die Landescheinwerfer der nächsten beiden Typhoons auf dem Taxiway.
„TOM-TOM und MADANDY sind bereits hinter uns.“
„Ja, gut.“ Mika nahm den Schub zurück, als er in zweihundert Meter Entfernung das Checkteam mit ihrem VW-Transporter an der Auffahrt zur Startbahn stehen sah. Beide Blinkleuchten des Transportes waren eingeschaltet.
„OK, dort vorne ist der Last-Chance. Den haben wir nun schneller erreicht, als ich dachte.“
„Ach! Hast du bemerkt, dass unser Bugrad zweimal abgehoben hat?“
„Ach was“, kam es zurück.
Ein seltsames Zwielicht hatte sich eingestellt. Die Sonne war vollständig aufgegangen, doch die Wolken im Osten hingen so tief, dass die Sonne gleich verschwinden würde. Der restliche Himmel war ein Gemisch aus violetten und tiefschwarzen Quellwolken. Immer noch fiel ein feiner Nieselregen.
Mika bremste leicht ab, indem er beide Pedale gleichzeitig trat und schwenkte dann in die Einfahrt zur Startbahn ein. In fünfzig Meter Entfernung stand das Last-Chance Team, einer von ihnen hielt die rot beleuchteten Winkerkellen nach oben. Gleichmäßig bewegte er die Kellen vor- und zurück.
Der Typhoon näherte sich mit Schrittgeschwindigkeit, wobei die Turbinen mit annähernd Leerlaufdrehzahl liefen. Als er sich bis auf fünf Meter genähert hatte, überkreuzte der Mechaniker die Kellen, um sie kurz darauf gleichmäßig in Richtung Boden zu stoßen. Mika betätigte die Feststellbremse, sofort ging das Team an die Arbeit.
Nach zirka einer Minute war alles geschehen und Mika bekam das Zeichen zur Weiterfahrt. Mit einem leichtem Wippen, begleitet von
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