Azraels Auftrag (German Edition)

aufjaulendem Wummern der Triebwerke bewegte sich der Typhoon auf die Startbahn und nahm seine endgültige Startposition ein.
    Ein ungewöhnliches Panorama zeigte sich. Links von ihnen war das gelb-orange Licht einer Sonne zu sehen. Und rechts zeichnete sich ein gigantischer Regenbogen ab, der sogar ein zweites und drittes Bild erzeugte - und dahinter nichts als Schwärze.
    „Wow, das erinnert mich an meinen Traum heute Nacht“, erklärte Mika. „Wir waren auf einer extrem seltsamen Insel, und da waren Elfen und ...“
    „He, Amigo, ich hab' dir doch gleich gesagt, das es gefährlich ist, sich die komplette Herr-der-Ringe Trilogie an einem einzigen Abend reinzuziehen. Aber du wolltest ja wie immer nicht auf mich hören. Und so was kommt dann dabei heraus. Übrigens, es sind ... Elben!“
    „Was ist?“
    „Elben! Die nennt man Elben, nicht Elfen. Ich kenne jemand, der mir lang und breit den Unterschied erklärt hatte.“
    Mika musste grinsen. Sein Blick wanderte wieder nach vorne.
    Genau in diesem Moment sah er am linken Horizont einen gewaltigen Blitz entstehen. Der Blitz fächerte sich unzählige Verzweigungen auf, die gemeinsam nach rechts über den horizontnahen Himmel züngelten. Ein gewaltiges Knistern und Prasseln war im Com zu vernehmen. Immer wieder vereinigten sich die Teilblitze, um sich daraufhin in einem Vielfachen wieder zu trennen, bis der Himmel von einem Netz aus Blitzen überzogen war.
    „Flightcontrol, hier GT-034. Ich nehm’ mal an, ihr habt das gerade auch gesehen?“
    Keine Antwort erfolgte.
    „Also, dann nehm’ ich einfach mal an, das wir auch weiterhin da durch sollen?“
    Wieder erfolgte keine Antwort.
    „OK, war ja auch nur eine Frage.“
    „Sag mal, was war das denn für eine USB-Interlink Sache, von der dir vorhin Pedro erzählt hat?“
    „Aah, gut, dass du mich daran erinnerst“, entfuhr es Carlos, „ich hätte es doch glatt vergessen.“
    Mit diesen Worten kramte er in seiner rechten Beintasche und fingerte ein Zwei-Euro großen Gegenstand hervor.
    Plötzlich ging erneut ein Prasseln durchs Com, wesentlich stärker als vorher.
    Mika sah aus den Augenwinkeln, dass sich von rechts und links riesige Blitzausläufer bildeten und sich vor ihm in einer geschätzten Entfernung von zwanzig Kilometern zu einer leuchtenden Entladung vereinigten. Anstelle des Fernsehturms, der in der Nähe des Kaiserslauterner Betzenberges stand, loderte nun eine 50 m hohe Fackel. Der grollende Donnern war trotz der laufenden Turbinen deutlich zu hören.
    „Staffel GT-034, hier Flightcontrol. In ihrer Flugrichtung hat sich ein größerer Gewitterausläufer gebildet.“
    „Ach, hab’ ich noch gar nicht bemerkt.“
    „Wir haben soeben eine aktuelle Auswertung des Wetterradars erhalten. Innerhalb der letzten fünfzehn Minuten hat sich eine gewaltige Gewitterfront entlang ihrer geplanten Flugroute gebildet hat, und zwar auf einer Länge von über zweitausend Kilometern. Und Sie wächst weiter. So eine extreme Schlechtwetterfront hat es noch nie zuvor gegeben. Inzwischen befinden sich die vordersten Ausläufer schon über der Türkei.“
    „Über der Türkei? In welche Richtung schicken sie uns eigentlich?“
    „Erstmals Richtung Bodensee. Aber das erfahren sie alles, wenn sie oben sind.“
    „Falls wir oben sind“, unkte Mika.
    „OK, Jungs“, richtete Mika seine Ansprache an die Staffel, „dann mal los. Tut einfach das, was wir auch machen.“
    Eine unbekannte Stimme fragte: „Was genau meinst du denn damit - macht einfach das, was wir auch machen? “
    Er bekam keine Antwort.
    „Bereit, Kumpel?“ fragte Mika seinen Co-Piloten über das interne Com.
    „Bereit, wenn Sie es sind, Sir“, kam die Antwort auf das regelmäßige Ritual.
    Mika dachte über seinen Schützling nach: „Carlos hat recht. Er ist so weit. Wir haben es -zigmal geübt.“
    Mika klappte am linken, seitlichen Armaturenbrett einen Sicherungsbügel hoch und bewegte den darunter liegenden Drehschalter in die andere Position. Sofort änderten einige Kontrolllampen ihre Farbe und bestätigten die Übergabe der Steuerung an den Copiloten.
    „Na, dann überprüf noch mal deine Instrumente“, forderte Mika.
    Carlos wusste nicht, was Mika damit meinte. Er hatte doch erst alles überprüft und ...
    Carlos Gedanken stockten.
    Grün – sie leuchtete eindeutig grün! Sein Herz begann wild zu schlagen.
    Er konnte es noch gar nicht fassen! Ganz eindeutig waren sämtliche Steuerkontrollen auf das hintere Cockpit übertragen