Azraels Auftrag (German Edition)
senkrechte Startmanöver durch. Schräg darunter erkannte man die Ramstein Airbase, die schnell kleiner wurde.
Eine weitere gewaltige Blitzentladung tauchte die Landschaft in ein fremdartiges Licht, dann trat die GT-034 auch schon in die dichte violette Wolkenmasse ein.
Im Tower standen 15 Menschen mit offenen Mündern, die einen solchen Start noch nie zuvor erlebt hatten.
Zwischenwelt, Transfer- und Ausbildungsort der Wächter
Das körperlose Bewusstsein erwachte.
Sonnenaufgang - es war ein gutes Licht.
Golden, warm und klar.
Wie immer, wenn die Grashalme an der Reihe waren, Licht zu erzeugen. In goldenen Wellen verließen die Lichtimpulse den Boden.
Es erinnerte an warmen Wind, der durch reife Weizenfelder streicht. Nur war die bewegende Kraft in Wirklichkeit kein Wind. Und die Grashalme waren alles andere als Gras, aber das fiel in dem surrealen Traum nicht weiter ins Gewicht.
Zufrieden ließ das Bewusstsein seine Sinne umherwandern. Doch da war etwas anders, tief im Hintergrund.
Eine Art Rufen.
Nichts, was man genauer bestimmen konnte. Eine Art Sehnsucht, ein Verlangen, irgendein Drang. Es tat gut, ihm zu folgen.
Es war wichtig - dieses Etwas musste erreicht werden. Doch was war es?
Das Bewusstsein löste sich von dem herrlichen Anblick und ging los. Knietief wandelte es durch die goldenen Wellen. Manchmal streiften die Arme über die Halme, was einer zärtlichen Berührung und dem hellen Klingen von Glocken gleichkam.
Irgendwann erreichte es eine Weggabelung. Das war der Moment, in dem sich das Gefühl Verlangen bildete. Ein deutlicher Wunsch, etwas erreichen zu wollen.
Ein Drang, einem eindeutigen Weg zu folgen.
Dem Weg.
Die Richtung, in die der Weg verlief, war nicht ausschlaggebend. Tief im Innern öffneten sich verborgene Türen. Es erkannte, dass das Ziel nicht darin bestand, einen bestimmten Ort zu erreichen.
Erinnerungen stiegen auf, dass die Antwort im Beschreiten selbst zu finden wäre. Eine Art Wispern erklang, angenehm ... und drängend. Es schien von oben zu kommen.
Das Bewusstsein konzentrierte seine Sinne auf diese Richtung, in die es vorher noch nie geschaut hatte. Die Ebene vor ihm wölbte sich nach oben. Je höher es sah, desto steiler schien der Anstieg. Das Bild, das sich bot, war eine Landschaft, die sich im Innern einer riesigen Kugel befand.
Von der anderen Seite der Hohlkugel vernahm es Worte: „Eleeya, hierher, ich bin hier!“
Das Bewusstsein erreichte es einen kleinen Teich, an dem es sich niederließ und zu trinken begann. Das goldene Wasser tat gut und stärkte. Als es sich von der Wasseroberfläche löste, erkannte es zum ersten Mal sein Spiegelbild darin. Doch vor dem Spiegelbild war eine leuchtende goldene Kugel zu erkennen. Das Bewusstsein konnte das Bild aus einem anderen Winkel betrachten: es selber befand sich auch auf der Oberfläche der goldenen Kugel, nur auf der entgegengesetzten Seite.
Und plötzlich wuchs die Erkenntnis, dass es unbedingt sein Spiegelbild erreichen musste, das es Eins mit ihm werden musste, um alles verstehen zu können.
Es kratzte sich an seinen Unterarmen. Die gegenüberliegende Seite der Blase, ja, das war es! Zum ersten Mal war so etwas wie ein Ziel zu erkennen.
Aber es war so weit entfernt, viel zu weit.
Und dieses Jucken in den Armen!
Unter der geröteten Haut der dürren Arme zeichneten sich die beiden Unterarmknochen ab.
Es ballte die rechte Hand zur Faust, um sie anschließend wieder zu öffnen.
Sie war vollständig aufgequollen! Alles war viel zu stramm. Es drehte die Handfläche nach oben und sah sich den Daumen genauer an. Der Daumenballen war am stärksten angeschwollen. Es ballte nochmals die Hand zur Faust und drückte sie mit aller Kraft zusammen, als sich mit einem schmatzenden Geräusch der Daumennagel abhob. Der leichte Schmerz wich einer wahren Erleichterung. Die Haut am Daumen begann weiter aufzuplatzen wie die Oberfläche einer reifen Frucht. Zwei Zentimeter, drei Zentimeter. Es spannte den Arm an. Mit einem Schlag riss die gesamte Haut bis zum Ellbogen auf. Ein Schwall klarer Flüssigkeit floss heraus. Als es die Hand nach hinten abwinkelte, löste sich einer der Unterarmknochen vom Ellbogengelenk. Wie ein zusammengefalteter Zollstock begann sich das neue Gebilde auszustrecken. Die Haut riss weiter auf. Erst bis unter die Achselhöhlen, dann entlang des Rückens bis in die Mitte der Schulterblätter.
Fasziniert betrachtete das Bewusstsein diesen schmerzfreien Vorgang. Es blickte auf den linken Arm, an dem
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