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Azraels Auftrag (German Edition)

Azraels Auftrag (German Edition)

Titel: Azraels Auftrag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Oswald
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dieselbe Verwandlung bereits eingesetzt hatte. Als es nun die Arme ausstreckte, spannte sich ein feuchtes Gewebe zwischen den Schulterblättern und der Spitze des erweiterten Finger, der ehemals ein Unterarmknochen war.
    Bis jetzt gab es nur Eindrücke und Gefühle, doch in diesem Augenblick formten sich erstmals Gedanken: Welche Erleichterung! Wie angenehm. Endlich frei!
    Und noch während es die beiden Arme zu der gesamten Länge ausstreckte, bemerkte es den hauchdünnen Film, den das auffaltende Gewebe bildete. Überrascht betrachtete es die feuchten, zerbrechlichen Schwingen, die in sämtlichen Regenbogenfarben schillerten.
    Die Stimme des Sommerwindes wurde lauter, umstreiche die schillernden Flügel und begann sie zu trocknen. Mit ausgebreiteten Schwingen stand es da, den Kopf in den Nacken gelegt, und blickte auf die entgegengesetzte Seite der Hohlkugel.
    Und schließlich stieß sich mit einem Satz ab, dem Ruf entgegen. Opalisierende Schwingen glitzerten im Sonnenlicht.
    „Eleeya, hier bin ich!“ hauchte der Ruf.
    Es glitt immer höher und höher, bis es den Mittelpunkt der Hohlkugel erreichte, dann kehrte sich das Gefühl um in ein Fallen. Schneller und schneller stürzte es der Oberfläche der gegenüberliegenden Seite entgegen, bis es den Boden erreichte - und durchbrach.
    Und endlich, als es die Hülle der äußeren Kugel durchstieß, sah es, dass es nicht nur diese eine Kugel gab.
Es gab Hunderte davon, Tausende, Millionen! Wie Seifenblasen waren sie da, jede für sich, doch alle miteinander verbunden.
Es erkannte, dass dies erst der Anfang war!
    Und ein einziges Wort umspülte die Blasen.

„ELEEYA”, hallte der Ruf durch ihren Geist.
    Schlagartig wurde ihr klar, wer sie war.
Ihre Reise war abgeschlossen.
    Ihr war klar, wer sie war, und wieso sie hier war.
„Sie ist angekommen“, raunte ich den anderen zu, „ihr Bewusstsein beginnt sich zu formen.“
    Die Antwort der verbliebenen Wächter war ein Nicken.
    „Und du bist sicher, dass ihre alten Erinnerungen ausreichend isoliert sind?“ fragte der Erste.
    Empört über so viel Mangel an Vertrauen zuckte meine Augenbraue nach oben.
    „Alles ist weg, komplett eingefroren“, leierte ich herunter, „bis hinunter zur 5. Stufe.“
„Nun gut, ich möchte nur sichergehen, dass sich nicht noch einmal etwas Ähnliches ereignen kann wie bei der dieser Walpurgissache.“
    Ich begann, auf meiner Oberlippe zu knabbern, als ich an den Vorfall vor vierhundert Jahren dachte.
Aber nein, das war etwas komplett anderes. Die Sache mit dem Feuer hätte sich nicht in dieser Art und Weise entwickeln sollen. Doch diesmal würde nichts schief gehen - davon war ich überzeugt.
     
    4000 Fuß über Rheinland-Pfalz
     
    Noch immer bohrte sich der Typhoon senkrecht durch die tiefschwarzen Wolken. Im Cockpit herrschte Nacht, ein sanftes türkis-grünes Licht beleuchtete die Konsolen.
    „Ist dir was aufgefallen, Mika?“
    „Was meinst du dann?“
    „Achte mal auf die atmosphärischen Bedingungen. Normalerweise sollten uns extreme Turbulenzen hin und her rütteln.“
    Mika sah kurz nach draußen in die undurchdringlichen Wolkenfetzen und warf dann einen kurzen Blick auf seine Instrumente.
    „Stimmt, du hast Recht. Hier bewegt sich kein Lüftchen. So etwas ist unmöglich.“
    Ein lauter Summton, der an das Wecksignal eines alten Radioweckers erinnerte, erklang dreimal hintereinander. Links und rechts blinkten an der oberen Instrumentenkonsole die beiden Attention-Getter in grünem Licht. Mika presste den rechten der beiden Signalgeber und beendete das Blinken.
    Das Dedicated-Warning Panel zeigte in leuchtend roter Schrift die Worte „MIDS PROCEED“ und „DATALINK OK“. Mit einem weiteren Druck deaktivierte Mika die Leuchtanzeige.
    „Ah, soeben kam unsere neue Flugroute. Die Waypoints werden gerade vom Navigationscomputer aufgearbeitet.“
    Im selben Moment aktivierte der Flight Control Computer das mittlere der drei Anzeigemonitore und platzierte die entsprechenden Zeichen und Bilder. Eine elektronische Karte im Maßstab 1:50000 zeigte verschiedene Symbole, die mit Linien miteinander verbunden waren.
    „Mal sehen, wo sie uns eigentlich hinschicken werden“, entgegnete Carlos und drückte mehrere Schalter am Display. Wie Stecknadeln, die in eine Landkarte steckten, wurden die Flugmarken angezeigt.
    „Hey, über dem Bodensee findet ein Rendezvousmanöver statt. Dort werden wir uns ein paar anderen Maschinen anschließen.“
    „Mhhm ...“ Carlos scrollte weiter in

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