Azraels Auftrag (German Edition)

Mit schnellen Bewegungen betätigte er auf seinem rechten Instrumentenbrett Schalter, im selben Moment wurden aus einem Behälter unter der rechten Tragfläche mehrere kleine Päckchen nach hinten ausgestoßen.
    Keine Sekunde später zog Mika den Typhoon mit donnerndem Nachbrenner senkrecht nach oben, unmittelbar bevor die Päckchen zerbrachen und Millionen kleiner Staniolpapierschnipsel, ähnlich Lametta, freigaben.
    Das aktive Annäherungsradar der Rakete erkannte im selben Augenblick ein neues, größeres Ziel. Der Auswertungscomputer des Lenkflugkörpers erkannte, dass das größere Ziel abrupt abbremste, währenddessen sich das alte, kleinere Ziel mit extremer Richtungsänderung weiterbewegte. Und darauf hin hatte er im wahrsten Sinn des Wortes Eins und Eins zusammengezählt und seine Schlüsse daraus gezogen. Und entschieden, das alte Ziel beizubehalten.
    Carlos legte den Kopf steil in den Nacken und sah nach hinten. Er presste seine Zähne aufeinander, als er den kleinen, länglichen Gegenstand erkannte, der ebenfalls seine Richtung änderte.
    „Shit, verfluchter Mist“, schrie er. „Sie ist immer noch dran! Entfernung 200 m, schnell näher kommend!“
    Carlos drückte einige Schalter. Mehrmals war ein kurzes Klack-Boff zu hören. Carlos wusste, dass im Moment kleine Kartuschen aus dem Spender in der rechten Tragfläche nach hinten ausgestoßen wurden. Drei Sekunden später würden mehrere kleine Sonnen mit über dreitausend Grad ein neues Ziel darstellen.
    Carlos zählte mit: „Drei, zwei, eins...“, eine kurze Pause erfolgte, in der ein blendendes Licht entstand, „... Pellegratto-Nathdina!“
    Mika wusste, was das zu bedeuten hatte.
    Abrupt änderte er erneut die Flugrichtung und stieß gleichzeitig den Schubregler nach vorne bis zum Anschlag. Donnernd schalteten sich die Nachbrenner ein und leiteten einen rasanten Steilflug ein.
    Die fremde Rakete war immer noch an ihren Fersen.
    „Das ist keine Sidewinder-Rakete, es ist wahrscheinlich eine AMRAAM. Verfluchter Mist. Sie ist immer noch auf Verfolgungskurs. Abstand noch 400 Meter..., 300 Meter..., ACHTUNG, KONTAKT IN ACHT SEKUNDEN! Ich aktiviere jetzt DASS!“
    Diesmal war fast kein Geräusch zu vernehmen. Von einem hauchdünnen Stahl-Titanseil gehalten wurde eine weitere kleine Kartusche nach hinten ausgestoßen. Mit rasender Geschwindigkeit wurde von einer kleinen Spule im Innern des rechten Außenpylonen das Seil abgespult und vergrößerte den Abstand des Täuschkörpers zum Typhoon. In einer Entfernung von achtzig Metern wurde der Täuschkörper hinter dem Typhoon hergezogen und behielt dadurch dieselbe Geschwindigkeit und auch denselben Richtungswechsel bei. Sekundenbruchteile vorher wurde die integrierte Magnesiumverbindung gezündet. Achtzig Meter hinter dem Typhoon begann eine kleine Sonne zu leuchte.
    Die sich schnell nähernde Rakete erkannte den heißen, bewegten Triebwerksausstoß, berechnete, dass sie sich nun nahe genug angenähert hatte und explodierte.
    Achtzig Meter hinter dem Typhoon breitete sich eine gewaltige Glutwolke aus.
    „AHH..., verflucht, das war knapp“, schrie Carlos.
    Der Typhoon wurde von den heißen Gasmassen durchgeschüttelt wie ein welkes Blatt im Wind. Gleichzeitig spürten die Piloten ein Stottern eines Triebwerks, das kurz darauf komplett aussetzte.
    Wieder schnarrte der Alarmsummer BEEP... BEEP... BEEP! Wie an einem Tannenbaum gingen vielfache Warnleuchten an, die Multifunktionsdisplays zeigten alarmierend rote Balken mit der Aufschrift RH ENG OFF und die Bordelektronik rief monoton:
    „RIGHT ENGINE OFF! RIGHT ENGINE OFF! RIGHT ENGINE OFF!“
    „Shit“, schrie Mika.
    Der enorme Hitzeschock führte dazu, dass sich das Eurojet Triebwerk quasi „verschluckt“ hatte.
    Sofort leitete Mika einen Neustart des Triebwerks ein. Gleichzeitig drückte er die Nase des Jets nach unten und ging in einen rasanten Sturzflug über.
    Er hatte nur eine einzige Möglichkeit, indem sich das Triebwerk so schnell wie möglich abkühlte.
    „Oh, Lady, jetzt nur nicht schwach werden“, jammerte Mika. Noch immer befand sich der Typhoon im Sturzflug. „Komm, komm, komm“, betete er, als er erneut die Startsequenz durchlaufen ließ, während das andere Triebwerk mit dreiviertel Maximum auf die Oberfläche des Schwarzen Meers beschleunigte. Mika setzte alles auf eine Karte. Das Triebwerk musste abkühlen, bevor das zweite Triebwerk auch seinen Geist aufgab. Rasend schnell näherten sie sich der Wasseroberfläche.
    „PULL UP! PULL