Azraels Auftrag (German Edition)
Carlos.
„Kumpel, denk’ erst gar nicht daran...“
„OK, Mika.“ Carlos’ Blick wanderte zwischen seinen Displays hin und her. Ein flaues Gefühl breitete sich in seinem Magen aus. „Hoffentlich lösen wir nicht die kritische Masse aus, wenn wir einen abschießen!“
„CARLOS!“
„Ist ja schon gut...“
Ein zweites, schnarrendes Piepsen erklang. Wieder blinkte der Attention Getter und die unsichtbare Stimme schnarrte monoton: „MISSILE! MISSILE! MISSILE!“
„Mist, verfluchter“, rief Mika und riss den Stick scharf nach links. Gleichzeitig zog er ihn scharf zu sich heran und leitete kopfüber einen Sturzflug ein.
„Wahrscheinlich Sidewinder“, meldete Carlos. „Entfernung vier Kilometer, schnell näher kommend.“
Er blickte über seine Schulter nach oben. Was er sah, ließ ihm einen Schauer über den Rücken laufen. Die ersten feindlichen Maschinen lösten sich aus den Wolkenfetzen und trennten sich von dem größeren Pulk. Wie es aussah waren fast zwei Drittel der feindlichen Staffel im Schutz der unteren Wolken an sie herangetreten und nahmen nun den Kampf auf.
„Missile auf fünf Uhr, Entfernung eintausendeinhundert Meter. Schnell näher kommend. siebenhundert..., fünfhundert..., ich aktiviere jetzt CHAFF.“
Der Tunnel
Der Zeitpunkt war ganz eindeutig viel zu früh. Wie nur sollte sie dazu jetzt schon in der Lage sein?
Eleeya begann zu zittern und zog den grauen Kapuzenumhang enger um sich. Das grobe Material der Pflanzenfasern begann zu scheuern, doch ihre Gedanken rasten zu sehr, um dies zu bemerken. Eleeyas Blick war auf die Gischtkronen gerichtet, die mehrere hundert Meter unter ihr die Klippen umspülten. Das Wasser der Bucht zeigte sich heute Morgen in einem schmutzigen Grau. Obwohl die beiden Sonnen bereits aufgegangen waren, war es empfindlich kalt für diese Jahreszeit. Nebelschwaden zogen von unten herauf und überzogen alles mit einer feuchten Schicht.
„Ich kann es nicht“, begann sie zu schluchzen. „Ich bin doch gerade Elf geworden!“
Erste Tränen begannen über ihre Wange zu laufen. Eleeya spürte, wie sich ihr der Magen verkrampfte.
„Verdammt noch mal, jetzt reiß dich gefälligst zusammen“, schnauzte Azrael sie an. „Du benimmst dich ja gerade so, als ob du eben erst angefangen hast!“
„Azrael“, fiel die ruhige Stimme des Ersten Wächters ein, „lass sie. Gib ihr ein wenig Zeit.“
Die riesige Scheibe Uvellars leuchtete wesentlich schwächer als gewöhnlich. Blutrot stand die größere der beiden Sonnen am Himmel. Aber das Besondere daran war, dass sich heute Morgen Denaan direkt vor die rote Scheibe Uvellars geschoben hatte. Ein blauer Strahlenkranz umloderte Denaan und die blaue Sonne schien deutlich zu pulsieren. Wie ein schlagendes Herz pochte Denaan, die Sanfte, am Himmel. Und bei jedem Schlagen lief eine Erschütterung durch Uvellar.
Whumm..., Whumm..., Whumm... schlug das riesige Herz.
„Hab’ keine Angst, mein Mädchen. Es ist gleich soweit. Achte auf die Sonnen, Eleeya, sie werden dir den Augenblick verraten.“ Die Stimme des Ersten Wächters wirkte besonders sanft.
Eleeya drehte sich um und wischte sich unbeholfen mit einem Zipfel des Umhangs ihre Tränen ab. Der Erste Wächter hatte sich bis auf wenige Meter genähert.
„Was ist, wenn ich versage, Vater?“ fragte Eleeya und schaute in seine gutmütigen, braunen Augen. „Was ist, wenn ich irgendetwas nicht richtig mache?“
Der Erste legte ihr seine beiden Hände auf die Schultern und sah sie lange an.
„Was ich dir noch nicht erzählt habe, mein Mädchen, ist, dass wir Wächter bereits die Zukunft kennen“, log er. „Daher weiß ich es ganz genau. Du wirst nichts falsch machen. Es wird alles so werden, wie es sein soll.“
Ein zartes Lächeln bildete sich auf Eleeyas Lippen.
Azrael stand im Hintergrund und zog die linke Augenbraue hoch. Es war zwar jedes Mal dasselbe. Wie konnte man nur so naiv sein. Anderseits handelte er auch immer ähnlich, wenn er geschickt wurde.
Nun, die Zukunft war keineswegs bekannt.
Und dieses Mal deutete sogar alles auf eine gewaltige Verschiebung des Flusses hin. Nichts würde dann mehr so sein wie es einmal war. Das konnte bedeuten, dass es ein paar unbedeutende Planeten mehr oder weniger im Universum gab. Es konnte auch heißen, dass seine Familie vor undenklicher Zeit niemals einen Sohn Namens Azrael bekommen würden, sondern eine Tochter (ein furchtbarer Gedanke). Oder es würde nur eine einzige, winzig kleine Veränderung
Weitere Kostenlose Bücher