Azraels Auftrag (German Edition)
zeigte eine Bodenelementanalyse. In verschiedenen Blautönen hoben sich die Felsstrukturen ab, in sattem Rot war das Vorland zu sehen. Doch einige Farbsprenkel erregten Mikas Aufmerksamkeit. Er regelte den Kontrast höher. Ein orangenes Band war am Boden zu erkennen, das über eine größere Strecke in Wellenlinien verlief, wenige hundert Meter vor dem Massiv nach rechts abknickte, um scheinbar im Massiv zu verschwinden.
Mika blickte auf den virtuellen Flugrichtungsindikator und aktivierte die Blicksteuerung. Nur eine Farbveränderung des Flugrichtungsanzeigers machte darauf aufmerksam, dass ab sofort der Typhoon jedes Ziel ansteuerte, das Mika mit seinen Augen anvisierte. Noch eine Sekunde geradeaus.
... den Blick geradehalten. Um Gottes Willen nicht zur Seite schauen.
Und... jetzt: nach rechts blicken.
Einen unsichtbaren Punkt 100 m über dem orangefarbenen Band anpeilen.
Die Steuerung des Typhoon reagierte unmittelbar. Mit einem Ruck wurde der Typhoon herumgerissen, lediglich die Trägheit ließ ihn noch etliche Meter in Richtung Berg driften. Die Anzüge absorbierten Beschleunigungskräfte von 38G, währenddessen der Typhoon durch eine Wolke aus Staub auf die Felswand raste, und plötzlich war er da - der Eingang zum Canyon.
Unmittelbar nachdem die Anzüge ihre Schutzstarre aufgegeben hatten, deaktivierte Mika die Blicksteuerung.
Schweiß lief ihm über die Stirn. Die Sensoren erkannten seine Überhitzung und reagierten bereits mit einem kühlen Luftstrom. Mika atmete mit einem Seufzer aus.
„Woher wusstest du, wo der Eingang in den Canyon ist? Meine Anzeigen haben mir rein gar nichts verraten“, fragte Carlos erstaunt.
„Ich habe auf Bodenelementanalyse gewechselt. Was ich gesehen habe, war anscheinend ein ausgetrocknetes Flussbett, in dem vor zig-tausend Jahren der Fluss die unterschiedlichsten Sedimente abgelagert hat“, antwortete Mika. „Hab’ ich mir zumindest mal so gedacht.“
In allen drei Displays erschien Eleeyas Gesicht. Sie zog die linke Augenbraue hoch und stellte die Ohren nach oben.
„Angeber.“
„Mhhhm...“, gab Mika grinsend von sich.
Von der Staubfontäne war nichts mehr zu sehen.
Der Canyon zeigte sich als etwa 300 Meter breites Labyrinth, das sich gelegentlich bis auf 50 Meter verengte. Mika hatte auf Infrarotsicht umgeschaltet und steuerte den Typhoon zwischen den mehrere tausend Meter aufragenden Wänden hindurch. Obwohl es heller Tag war, herrschte hier unten fast Nacht, doch das Helmdisplay stellte die Umgebung hell und gestochen scharf dar.
„Eleeya, wir haben keine exakten Daten über den Canyon. Alles was uns zur Verfügung steht sind Wahrscheinlichkeitsberechnungen, die von den optischen Auswertungen beim Anflug abgeleitet sind. Das ist nichts Genaues. Was ich aber erkennen kann, ist, dass sich der Canyon bald mehrfach verzweigen wird. Wir kennen nur die ungefähre Geschwindigkeit der Kugel beim Eintritt in den Canyon. Ich nehme an, du weißt auch nicht, welchen Weg unser Freak genommen hat?“
Mika spielte mit Hilfe der holographischen Darstellung mehrere Varianten durch.
„Ich glaube, es wird Zeit für den Täuschkörpereinsatz“, sagte Eleeya.
Loorn9
Loorn9 bewegte seine Sitzmulde in die unteren Einheiten. Es waren zu viele Kontrollen, die es bedienen musste. Zu zweit war es nicht so schwer, das Nest zu bedienen. Aber nun war es allein und seine Ausbildung hatte noch gar nicht richtig begonnen.
Der Schock saß tief! Noch vor wenigen Minuten hatte ihr Elter aus einer benachbarten Nesteinheit Unterweisungen gegeben.
Neuns Gedanken rasten. Was sollte es tun? Das Nest! Was war mit dem Nest passiert? Wo war die Nähe des Schwarms? Was war geschehen?
Es vermisste sein Elter. Immer, wenn es sonst nicht weiterwusste, spürte es seine beruhigenden Gedanken. Doch das war nun vorbei.
Elter war tot. Der Schwarmgeist konnte zwar den größten Teil seines allgemeinen Bewusstsein aufnehmen, doch der individuelle Teil war für immer verloren.
Loorn9s Individualgehirn kontrollierte seine zweite Nervenknotenansammlung, das Handlungsgehirn. Es schien fehlerfrei zu arbeiten. Loorn9 musste sich nicht auf seine Bewegungen konzentrieren, diese Funktionen übernahm das Handlungsgehirn. Loorn9 würde sich darauf verlassen können und hatte dadurch Zeit für ein paar geistige Planspiele. Wie konnte es dem Pfeilschiff entkommen? Noch einen direkten Treffer würde das Nest nicht überstehen. Loorn9 wusste, wie wichtig es war, mit
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