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Azulamar: Der Erbe von Atlantis (German Edition)

Azulamar: Der Erbe von Atlantis (German Edition)

Titel: Azulamar: Der Erbe von Atlantis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah-Janina Hannemann
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Verachtung.
    »Du hast keine Ahnung«, schleuderte er mir entgegen. »Keine Ahnung! Siehst du das? Siehst du das, Ashlyn?«
    Er riss sich den Verband von seinem rechten Arm. Man hatte ihm einen Nummerncode eingebrannt, sein Fleisch war immer noch wund. Unter der Tätowierung sah ich sieben Einstichlöcher, klein, aber feuerrot.
    »Was passiert, wenn man einem Marianer Salzwasser in die Adern pumpt? Was geschieht, wenn er drei Liter Blut verliert? Wie reagiert er auf die verschiedensten Drogen?« Er packte mich an den Schultern, so fest, dass es schmerzte. Doch ich entwand mich seinem Griff nicht.
    »Mein Körper regeneriert sich selbst schnell, aber nie – niemals werde ich vergessen, was sie mir angetan haben. Man brachte mir die Leiche von Giles, beinahe bis zur Unkenntlichkeit geschunden. Und sie haben mir versprochen, dass sie dich töten würden, sobald ich gestorben wäre. Sie sagten mir, dass mein Vater bei der achten Injektion ums Leben gekommen ist. Diese Tage waren die schlimmsten meines Lebens. Ich kann deine mitleidigen Augen nicht sehen, Ashlyn. Komm mit mir oder lass es sein. Ich verlange nichts von dir.«
    Mit diesen Worten ließ er mich los und wandte sich um, um zu gehen. Zuvor wickelte er den Stofffetzen wieder um seinen Arm.
    Einen Moment lang zögerte ich, dann machte ich einen Schritt hinter ihm her, packte ihn an seinem schmutzigen Shirt, zog ihn mit einem Ruck zu mir heran und presste meine Lippen auf die seinen.
    Einige Sekunden wehrte er sich gegen die Berührung, doch dieses Mal war ich diejenige, die ihn festhielt.
    »Ich werde dich niemals allein lassen, River«, erwiderte ich, an seine Lippen murmelnd, während ich meine Stirn gegen die seine lehnte. »Egal, was geschieht, wir gehören zusammen. Und was auch passiert – ich werde dich bis in die Ewigkeit lieben.«
    »Die Ewigkeit kann zu einer langen Sache werden, wenn sie geprägt von Kummer und Schmerz ist, Ashlyn«, flüsterte River. »Ich will nicht, dass dich ein Versprechen bindet, dass du später wieder lösen musst.«
    »Hast du nicht zugehört? Ich will nur dich. Nichts mehr. Und wenn ich dafür für immer in Azulamar bleiben muss – ich werde es tun.«
    Besänftigt von meinen Worten, nahm River nun meine Hand, schob mir zärtlich eine Strähne hinters Ohr und zog mich hinter sich her zum Meer.
    Die Brandung rollte und donnerte, doch dieses Mal gelang es mir mühelos, sie mit meiner Kraft als Wasserflüsterer zu beschwichtigen. Wir ließen uns von der weißen Gischt umfangen, bevor River und ich in den Ozean gingen, um Gregory und all die Gefahren der Vergangenheit zurückzulassen.
    Um nie wieder aufzutauchen.

2. B UCH

12. Kapitel
V ON T REUE UND V ERRAT
    T rotz des nahenden Winters, der an Land schon mit frostigem, schwerem Schritt vorbeizog, war das Wasser bestimmt genauso warm wie bei meinem letzten Besuch in Azulamar. Mir fiel es kaum noch auf, dass ich anders atmete, nicht mehr richtig ging, sondern mehr durch das Meer glitt, ich bemerkte nicht mehr, dass meine Augen die Dunkelheit zu durchdringen vermochten.
    Immer tiefer und tiefer sanken River und ich, unsere Körper zogen uns hinab in Richtung Meeresboden, bis schließlich das helle Leuchten der Regenbogenstadt vor uns sichtbar wurde. Ich hatte mich an alles gewöhnt, nur nicht an die Schönheit von Azulamar. Immer noch rang ich nach Atem und verschluckte mich beinahe dabei, denn zu schildern, wie die Farben schillerten, changierten und glänzten, ist wohl mit den Worten eines Normalsterblichen nicht möglich. Mittlerweile war ich mir sicher, dass die engelhaften Gesänge von Azulamar von ebendieser Schönheit und Pracht berichteten, auch wenn ich die andersartigen Worte nicht verstehen konnte.
    Doch an diesem Tag gab es keinen Gesang, es war still um uns herum.
    Zu still.
    »Etwas stimmt nicht«, murmelte ich. Ein merkwürdiges Gefühl beschlich mich, es ließ mich trotz der Wärme frösteln. Eine dunkle Vorahnung, wie der Anfang eines merkwürdigen, abstrakten Albtraumes, zog engere Kreise um mein Bewusstsein.
    Es war, als stünde ich vor einem Rätsel, dessen Lösung in greifbarer Nähe, aber doch unsichtbar für mich, lag.
    »Was meinst du?«, fragte River.
    »Hörst du das nicht?«, flüsterte ich gebannt.
    »Was denn?«, erwiderte er. Stille. Pure, eisklare Stille.
    »Die Stimmen von Azulamar sind verstummt«, stellte nun auch River fest. Eine steile Falte bildete sich auf seiner marmornen Stirn. Wir näherten uns Azulamar, und plötzlich schoss ein Schmerz

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