Azulamar: Der Erbe von Atlantis (German Edition)
Körper des guten Baltimore hier nicht vertrocknet. Er wird auch in zwanzig Jahren noch so aussehen … Und auch in zwanzig Jahren werde ich mich noch jeden Tag an meine Rache an ihm erinnern können …« Die Stimme Gregorys verlor sich in Schweigen, als er seine Fingerspitzen über das kühle Glas gleiten ließ.
»Nein!« River brach mit einem Aufschrei zusammen.
Er vergrub sein Gesicht in seinen Händen und erstickte so das Schluchzen, das sich seiner Kehle entrang.
»Oh, nicht weinen, River«, lächelte Gregory. »Schon in wenigen Stunden wirst du Rücken an Rücken mit deinem Vater stehen …«
Man führte uns weiter herum, und nun sah ich, dass es noch einen zweiten, abgetrennten Glaskasten hinter Baltimore gab. Ich war zu schockiert, um zu weinen.
Die Angst war mit einem Mal da, mit einer unvorstellbaren Kraft. Ich spürte, wie sie drohte, mich zu überwältigen.
Jeglicher Stolz war aus meinem panisch schlagenden Herzen getilgt; ich wäre auf die Knie gegangen, hätte um unser Leben gefleht. Doch meine Muskeln ließen sich zu keiner Bewegung, zu keiner Reaktion zwingen. Ich konnte nicht mehr sprechen, selbst das Atmen fiel mir schwer.
»Und was dich angeht, Ashlyn, nun …« Er machte ein nachdenkliches Gesicht. »Es war einfach schrecklich. Dieser junge Psychopath, der dich ermordet hat … Er hat dich einfach im Schlaf erwürgt, und ich konnte nur noch deine Leiche bergen. Deine Mutter wird nicht lange trauern, keineSorge. Und wenn, dann werde ich sie trösten. Man wird von dir sprechen, bis deine Fotos verblichen sind, man wird sich kurzweilig an Ashlyn Gibbs erinnern. Aber irgendwann wird dein Name nicht mehr erwähnt werden, dein Grab wird neu verwendet werden, wenn nur noch Staub von deinen Knochen übrig ist …«
Auch jetzt war River der Stärkere von uns beiden.
»Lass sie leben, Gregory. Töte mich, wie du willst … Es ist mir gleich, aber bitte … Lass sie leben …«, erhob River die Stimme. Er kam nun wieder auf die Beine. Eine verwegene Stärke blitzte unter all dem Schmerz hervor.
»Das ist dein einziger Wunsch?«, fragte Gregory.
»Ja«, sagte River leise.
»River, nicht …«, wisperte ich.
»Nun – dann sollst du sie sterben sehen«, verkündete Gregory selbstzufrieden. »Eigentlich hatte ich vor, dich zuerst zu töten und danach Ashlyn, aber so gefällt es mir fast noch besser.«
»Nein! Lass Ashlyn da raus! Ich bitte dich, Gregory, nein!«
»Was glaubst du, River, wird sie auch so lange kämpfen wie dein Vater?«, Gregory lachte heiser. »Nun, wir werden es gleich erfahren. Skelter, bring sie um.«
Langsam, sehr langsam, wandte ich mich zu Skelter herum.
Seine schwarzen Augen würden das Letzte sein, was ich jemals sah. Meine Kraft zu kämpfen war komplett verschwunden.
»Sie wollen Miss Ashlyn auch töten?«, fragte Skelter mit seiner ruhigen, nüchternen Stimme.
»Das hast du doch gehört«, erwiderte Gregory ungeduldig. »Tu es.«
»Aber es war nie die Rede davon, dass Miss Ashlyn ebenfalls stirbt«, warf Skelter ein. »Immer nur von dem Marianer. Immerhin gehört sie zur Familie.«
»Skelter, uns bleibt keine andere Wahl. Tu es jetzt! Das ist ein Befehl!«
»Verzeihung, Mr. Gregory, aber Miss Ashlyn ist kaum mehr als ein Kind. Und sie ist eine junge Frau. Es widerspricht jeglichem Ehrenkodex, sie jetzt zu töten.«
»Du hast ebenso wenig Ehre wie ich, Skelter.« Gregorys Selbstsicherheit bröckelte, während ich ein wenig Hoffnung schöpfte. Konnte es sein, dass Skelter nicht mehr bereit dazu war, ausnahmslos alles zu tun, was Gregory ihm auftrug?
Leben kam in mich.
»Skelter«, riss ich das Wort an mich, und sein Blick zuckte zu mir herum und musterte mich ungläubig, als wäre ich eine Statue, die plötzlich zu sprechen begonnen hatte, »Skelter, bitte – hilf uns. Ich flehe dich an!«
Ich machte einen Schritt auf Skelter zu, der unwillkürlich vor mir zurückwich. Er streckte gleichzeitig die Hand mit seiner Waffe aus, hoch erhoben, und ich drückte wie von selbst meine Stirn gegen den eiskalten Lauf der Pistole.
Wenn er nun den Abzug betätigte, würde ich einfach so sterben. Aber das sollte er ja sowieso nicht – Gregory wollte, dass er mich erwürgte.
»Meine Loyalität gilt ganz und gar Mr. Aames, Miss Ashlyn«, antwortete Skelter vage.
»Dann musst du mich jetzt erschießen.«
Ich hörte, wie River schräg hinter mir keuchte, doch ich meinte es in diesem Moment tatsächlich ernst.
Skelter war für einen Augenblick unaufmerksam. Er sah zu
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