Azulamar: Der Erbe von Atlantis (German Edition)
dass ich Mühe hatte, ihm zu folgen.
Als er nur noch wenige Schritte von dem Feuer entfernt war, erhoben sich drei der Gestalten.
Mitten aus dem Laufen heraus knickte Goliath plötzlich in seinen Beinen ein und fiel auf die Knie. Seine Haut wurde schmutzig von dem feuchten Sand.
»Ich habe sie gefunden, Herr«, stieß er hervor, seine Wangen glühten. »Ich habe sie gefunden!«
Eine der Gestalten löste sich nun endgültig vom Feuer und kam auf Goliath zu. Ich blieb einige Schritte hinter ihm stehen.
»Mein Freund – du weißt, dass du nicht die Knie vor mir beugen musst.« Er griff nach dem Unterarm Goliaths und zog ihn mit einem freundschaftlichen, herzlichen Ruck auf die Beine. »Wir sind vor der Göttin alle gleich. Und so wird es auch bleiben.« Etwas Warmes stand in dem Blick des Marianers, der genauso groß war wie Goliath selbst.
»Es tut gut, dich wohlbehalten wieder hier zu sehen – besonders in Zeiten wie diesen«, fügte nun der, der anscheinend vom Rang her über Goliath stehen musste, düsterer und mit gedämpfter Stimme hinzu. Er gab Goliath einen leichten, sanften Schlag in die Seite, dann drehte er sich bedächtig zu mir herum.
Von der Statur her glich er Goliath tatsächlich sehr, allerdings war sein Haar rabenschwarz. Er hatte es teilweise zu dünnen Zöpfen geflochten, in die schimmernde dunkle Perlen eingearbeitet waren. Sein Haar ging nahtlos in seinen Bart über, der zu drei Spitzen nach unten frisiert war und in dem ich ebenfalls Schmuck ausmachen konnte.
Sein Gesicht war tatsächlich geschminkt – ich schätzte, auf seinen Lidern lag eine rußige Schicht von Kohle, die seine Augen noch dunkler machten als sie sowieso schon waren. Jetzt jedoch konnte ich erkennen, dass sein linkes Auge grünlich war, das rechte jedoch eher violett schimmerte.
Der Oberkörper des Mannes war nackt; er hatte sich nur einen dunklen, von Wind und Wetter beanspruchten Mantel über die tätowierten Schultern und Arme geworfen. Die Zeichen seiner Tätowierungen waren für mich nicht erkennbar: Schienen sie manchmal nur verschlungene Linien zu sein, erinnerten mich andere wiederum an keilartige, alte Buchstaben.
Seine Handgelenke hatte er mit festen Lederstreifen umwickelt, die genauso schwarz wie seine Beinkleider waren. Um seinen kräftigen Hals hing eine schwarzgliedrige Kette, an der ein faustgroßer, grün glühender Edelstein baumelte.
»Hast du es tatsächlich vermocht, sie zu finden, Goliath, mein Freund?«, sagte er leise, mehr zu Goliath und sich selbst, als wirklich zu mir.
»Das hat er«, mischte ich mich ein. Ich war es leid, dass man über mich sprach, als sei ich nicht anwesend.
Mein Gegenüber lächelte entschuldigend.
»Verzeiht. Ich wollte nicht unhöflich sein, besonders, weil ich – wenn ich es so ausdrücken darf – höchst erleichtert darüber bin, dass Ihr Euch entschlossen habt, Euch uns anzuschließen.«
»So weit würde ich noch nicht gehen …«, wehrte ich hastig ab. »Ich kenne bisher weder Euer Vorhaben, noch weiß ich, wer genau Ihr wirklich seid.« Ich warf ihm einen kurzen Seitenblick zu. »Goliath war der Meinung, dass mir jemand die Geschichte erklären sollte, der an Ihr mitgewirkt habt.«
Er lachte schallend auf und lockerte die Situation so deutlich auf. »Es ist nicht verwunderlich, dass man Euch in Azulamar davon nichts erzählt hat. Die feine Gesellschaft am Hof vergisst nur allzu gern, wer wir sind und welchen Anteil wir an der Geschichte der Welt haben.«
Erst jetzt bemerkte ich, dass sich ein Großteil der Nin’Aturianer um uns versammelt hatte. Die meisten hatten bereits Platz genommen – nur der vermeintliche Regent, Goliath und ich standen noch.
»Mein Name ist Alcatraz«, stellte er sich mir nun endlich vor.
»Der meine lautet Ashlyn«, erwiderte ich und neigte knapp, aber respektvoll den Kopf. Die Begrüßung hier war zumindest angenehmer als damals in Azulamar, das konnte ich jetzt schon sagen.
»Willkommen in Nin’Atur, Ashlyn. Ich bitte Euch, Platz zu nehmen und mit uns diesen Abend zu teilen, wie auch alles andere.«
Goliath setzte sich an Ort und Stelle auf den Boden, ich tat es ihm gebannt gleich.
In den Worten von Alcatraz lag etwas Verheißungsvolles. Er sprach so, als würde er mit seinen Worten die Erinnerung an uralte Zeiten vor meinen Augen heraufbeschwören können – und das tat er tatsächlich.
Alcatraz wartete, bis eine natürliche Stille eingekehrt war, nur die Musik dauerte noch weiter an.
»Fünfhundert Jahre lang
Weitere Kostenlose Bücher