Azulamar: Der Erbe von Atlantis (German Edition)
die Höflichkeiten, kommt zum Punkt.«
Ja. Schluss mit den kryptischen Rätseln, mit den undurchsichtigen Prophezeiungen, die mir doch auch nicht wirklich helfen konnten! Von all dem hatte ich mich verabschiedet.
Ich war nicht mehr Ashlyn Gibbs, mein Name war ausgelöscht, genau wie meine wirkliche Existenz.
Keine siebzehnjährige Schülerin mehr.
»Nichts lieber als das. Ich bin kein Mann vieler Worte«, erwiderte er, und die Anspannung fiel sichtlich ein wenig von ihm ab. Trotzdem brauchte er einige Sekunden, bis er einen Anfang gefunden hatte.
»Ich bin hier, weil wir – das sind mein Volk und ich – erfahren haben, dass es in Azulamar zu einem Machtwechsel gekommen ist, der sich nicht positiv auf die gesamte Politik der Welt auswirken wird, zumal Spione meines Volkes berichtet haben, dass der ehemalige Gildenmeister, Alastair, der sich nun selbst zum König von Azulamar ernannt hat, plant, die gesamte Erdfläche zu überschwemmen.«
»Das kann ich soweit bestätigen«, fiel ich ihm ins Wort. »Und ich habe lange überlegt, wie ich das verhindern kann, aber dieser Armreif schränkt meine Fähigkeiten ein. Außerdem habe ich keinen Viorev-Stein mehr.«
Goliath nickte.
»Das weiß ich. Ein Spion hat mir berichtet, dass Prinz River Euch den Stein weggenommen hat, um zu verhindern, dass Ihr ihm folgt. Außerdem erzählt man sich in unserem Volk, dass Sie und der Prinz eine Liaison hatten. Ist das korrekt?«
»Es ist mehr als das. Es war …« Ich stockte nach Worten suchend, begnügte mich dann aber damit, sachlich zu bleiben. »Ich kann nur sagen, dass unsere Liaison, wie Ihr es nennt, zwar beendet ist, meine Gefühle für River aber immer die gleichen bleiben werden. Ganz egal, was geschieht.«
»Ich bin mir sicher, dass man Euch von der Prophezeiung erzählt hat, die seit unendlicher Zeit existiert? Von der Schaumgeborenen und der Tochter der Erde?«
»Ja, natürlich.« Ich stöhnte auf. Doch wieder die Prophezeiung. »Aber ich dachte, Ihr wolltet Euch kurz fassen.«
»Was ich sagen will, ist – mein Volk und ich, wir bieten Euch an, sich uns anzuschließen im Kampf gegen die Gilde der Wasserflüsterer und das Azulamar, wie es jetzt ist.«
»Noch einmal: Wer seid Ihr? Euer Name reicht mir nicht. Ich muss verstehen …«
»Ihr werdet verstehen.«
»Was?«
»Herrin«, wiederholte Goliath und blickte mir in die Augen. »Ihr seid die Hoffnung der Skalven, und wir sind bereit, Geschichte an Eurer Seite – unter Eurer Führung! – zu schreiben. Bitte, hört mich an!«
Skalven. Etwas an diesem Wort ließ meine Gedanken aufwirbeln. Ich hatte dieses Wort schon einmal gehört … Aber wo?
Ich wusste nicht wirklich, wer er war. Mir war auch bewusst, dass er nur ein Gesandter war, von irgendwem, der noch mehr Macht hatte und mir einen Teil dieser Macht anbot.
Doch mein Instinkt riet mir zu zögern. Zu oft hatten sich vermeintlich wohlgesonnene Persönlichkeiten in der letzten Zeit als hinterlistig und grausam entpuppt, dieses Mal würde die Vorsicht mein treuester, wahrhaftigster Gefährte sein.
»Ihr müsst die Gilde der Wasserflüsterer wohl eindeutig nicht leiden können«, schlussfolgerte ich. »Und Ihr müsst großen Mut aufbringen, denn …«, ich zögerte, diese Worte auszusprechen: »… denn die Apokalypse steht praktisch bevor.«
Zum ersten Mal zeigte sich auf Goliaths Gesicht ein richtiges Grinsen, wobei er einige goldene Zähne entblößte. »Auf die Apokalypse warten wir seit hundert Jahren – jetzt, wo sie da ist, werden wir sie uns nicht entgehen lassen – wir werden sie aufhalten.«
Er sagte es nicht wie einer dieser Endzeitpropheten, die manchmal mit ihren mit irren Sprüchen bemalten Schildern durch Los Angeles laufen. Er sagte es mit der nötigen Portion Sarkasmus und bitterem Scherz in seiner Stimme – und er sagte es aufrichtig.
»Erklärt mir alles, und ich werde entscheiden, was ich tun werde.«
Goliath lächelte, als wüsste er, dass ich mich bereits für seinen Vorschlag entschieden hatte. »Ich bitte Euch, mich zu begleiten. Wir werden in die bedeutungsvollste Geschichte der ganzen Welt eintauchen – sie sollte von jemandem erzählt werden, der an ihr mitgewirkt hat.«
Die Luft war frisch und klar; der Tag würde herrlich werden. Die Sonne zeigte sich für mich zum ersten Mal seit Wochen wieder am Himmel. Ich kann nicht beschreiben, wie sehr ich den Geruch des Meeres bereits vermisst hatte, das raue Stechen der Gischtsprenkel auf meinem Gesicht, als Goliath mich an
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