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Apartment gehen und sich bei einem ruhigen Mittagessen wieder regenerieren, wie er es am liebsten täte, oder soll er sich zu seinen Kommilitonen setzen? Auch wenn er sich dazu zwingt, in die Spangler-Mensa zu gehen, heißt das nicht, dass der soziale Druck damit schon aufhört. Im Laufe des Tages muss er weitere Entscheidungen dieser Art fällen. Am späten Nachmittag zur Happy Hour gehen? Anschließend losziehen, um einen langen und lauten Abend zu verleben?
Wie Don berichtet, gehen die HBS-Studenten an mehreren Abenden in der Woche in großen Cliquen aus. Die Teilnahme ist nicht obligatorisch, aber für diejenigen, die nicht auf Gruppenaktivitäten stehen, fühlt es sich so an.
»Geselligkeit ist hier ein Extremsport«, sagt einer von Dons Freunden. »Die Leute gehen ständig aus. Wenn man an einem Abend nicht mitgeht, wird man am nächsten Tag gefragt: Wo warst du? Ich gehe abends aus, als wäre es mein Job.« Don hat festgestellt, dass die Leute, die Gemeinschaftsveranstaltungen organisieren – Happy Hours, Abendessen, Trinkgelage –, an der Spitze der sozialen Hierarchie stehen. »Die Professoren erzählen uns, unsere Kommilitonen seien die Leute, die zu unserer Hochzeit kommen werden«, sagt Don. »Wenn man die HBS verlässt, ohne sich ein großes soziales Netzwerk geschaffen zu haben, ist es so, als habe man seine Zeit hier verplempert.«
Wenn Don abends ins Bett fällt, ist er völlig erschöpft. Manchmal fragt er sich, weshalb er sich eigentlich so anstrengen soll, aus sich herauszugehen. Don ist Amerikaner chinesischer Abstammung und hat vor Kurzem während der Sommerferien in China gearbeitet. Er war verblüfft, wie anders die gesellschaftlichen Normen dort sind – und wie viel wohler er sich damit gefühlt hat. In China legt man mehr Wert darauf, zuzuhören und Fragen zu stellen, statt zu dozieren; man setzt die Bedürfnisse anderer an die erste Stelle. In Amerika, so findet er, geht es im Gespräch darum, wie gut man die eigenen Erfahrungen in Geschichten verwandeln kann, während ein Chinese sich Sorgen machen würde, dass er seinem Gesprächspartner mit belanglosem Gerede nur die Zeit raubt.
»Damals im Sommer habe ich mir gesagt: Jetzt weiß ich, weshalb ich mich ihnen verwandt fühle «, erklärt Don.
Aber das war China, und hier sind wir in Cambridge, Massachusetts. Dies hier ist die Harvard Business School, und Don akzeptiert, dass er sich hier so gut wie möglich wie ein Extravertierter verhalten muss. Und wenn man die HBS daran misst, wie gut sie ihre Studenten auf die Praxis vorbereitet, scheint sie exzellente Arbeit zu leisten. Schließlich wird Don Chen sich nach seinem Abschluss in einer Unternehmenskultur wiederfinden, in der Redegewandtheit und soziale Kompetenz die wichtigsten Erfolgsindikatoren sind, wenn man einer Studie der Stanford Business School glauben darf. 3 Es ist eine Welt, die mir ein leitender Angestellter bei General Electrics einmal so schilderte: »Die Leute hier wollen sich gar nicht mit Ihnen treffen, wenn Sie ohne Powerpoint und eine fertige Präsentation ankommen. Selbst wenn Sie Ihrem Kollegen nur etwas empfehlen wollen, können Sie nicht einfach zu jemandem ins Büro gehen und ihm sagen, was Sie denken. Sie müssen mit einer Darstellung der Pros und Kontras und einem gebrauchsfertigen Konzept kommen.«
Nach dem Studium müssen viele Menschen – wenn sie nicht selbstständig sind oder Telearbeit machen – in großen Büros arbeiten und darauf achten, dass sie ihre Kollegen auf den Fluren verbindlich und selbstbewusst grüßen. Über die Arbeitsplätze in den Unternehmen sagt ein Firmencoach aus der Gegend von Atlanta: »Hier weiß jeder, dass es wichtig ist, extravertiert zu sein, und dass es problematisch ist, introvertiert zu sein. Also geben sich die Leute viel Mühe, extravertiert zu erscheinen, ganz gleich, ob es ihnen entspricht oder nicht. Das heißt, man muss sichergehen, dass man den gleichen Single Malt Scotch trinkt wie der Geschäftsführer und im richtigen Fitness-Studio trainiert.« 4
Selbst Firmen, die viele Künstler, Designer und andere Kreative beschäftigen, zeigen oft eine Vorliebe für Extraversion. »Wir wollen kreative Menschen anlocken«, sagte mir die Leiterin der Personalabteilung in einem größeren Medienunternehmen einmal. Als ich sie fragte, was sie mit »kreativ« meinte, antwortete sie, ohne zu zögern: »Man muss umgänglich, witzig und gut drauf sein, wenn man hier arbeiten will.«
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