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Introvertierte findet. Warum ist das so? Haben stille Persönlichkeiten irgendeine magische Eigenschaft, die die Kreativität beflügelt? Das könnte der Fall sein, wie wir in Kapitel 5 sehen werden.
Es gibt vielleicht auch eine weniger offensichtliche, aber doch erstaunlich wirksame Erklärung dafür, dass Introvertierte kreativer sind – sie ziehen es vor, allein zu arbeiten, und Alleinsein ist für Kreativität und Produktivität oft entscheidend . Wie der einflussreiche Psychologe Hans Eysenck einmal sagte, konzentriert die Introversion »den Geist auf die vorliegenden Aufgaben und verhindert die Zerstreuung der Energie für soziale und sexuelle Angelegenheiten, die mit der Arbeit nichts zu tun haben«. 5 Wenn Sie also allein im Garten unter einem Baum sitzen, während alle anderen sich auf der Veranda zuprosten, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass Ihnen der berühmte Apfel auf den Kopf fällt wie Newton. (Newton war einer der größten Introvertierten der Welt. William Wordsworth schilderte ihn als »Geist für immer allein durch fremde Gedankenmeere reisend«).
Wenn dies stimmt – wenn Alleinsein ein wichtiger Schlüssel für die Kreativität ist –, dann sollten wir alle einen Geschmack daran entwickeln. Wir sollten unsere Kinder lehren, unabhängig zu arbeiten. Wir sollten unseren Angestellten viel Privatsphäre und Autonomie geben. Doch zunehmend geschieht genau das Gegenteil.
Wir möchten glauben, dass wir in einem großartigen Zeitalter von kreativem Individualismus leben. Wir schauen zurück auf die Ära Mitte des letzten Jahrhunderts, in der die Wissenschaftler in Berkeley ihre Kreativitätsstudien durchführten, und fühlen uns ihnen überlegen. Anders als die Konformisten der 1950er Jahre hängen wir uns Poster von Einstein an die Wand, der protestierend die Zunge herausstreckt. Wir konsumieren Musik und Filme kleiner unabhängiger Labels und stellen unsere eigene Seite ins Netz. Wir »denken anders« (selbst wenn der Satz von Apples berühmtem Werbeslogan stammt).
Aber die Art und Weise, wie wir viele unserer wichtigsten Institutionen – unsere Schulen und Arbeitsplätze – organisieren, spricht eine ganz andere Sprache. Es ist die Geschichte eines gesellschaftlichen Phänomens, das ich »das neue Gruppendenken« nennen möchte – ein Phänomen, das die Gefahr in sich birgt, Kreativität am Arbeitsplatz zu ersticken und Schulkindern die Fähigkeiten vorzuenthalten, die sie brauchen, um in einer Welt zunehmender Konkurrenz Spitzenleistungen zu erzielen.
Das neue Gruppendenken stellt die Teamarbeit über alles. Es beharrt darauf, dass Kreativität und intellektuelle Leistung eine Gemeinschaftsangelegenheit sind. Und es hat viele mächtige Fürsprecher. »Innovation – das Herz der Wissensökonomie – ist fundamental ein Gruppenprozess«, schreibt der einflussreiche Journalist Malcolm Gladwell. 6 »Keiner von uns ist so klug wie wir alle zusammen«, erklärt der Organisationsberater Warren Bennis in seinem Buch Geniale Teams , dessen erstes Kapitel den Aufstieg der »großen Gruppe« und »das Ende des großen Mannes« verkündet. 7 »Viele Jobs, die wir als Domäne von einzelnen Denkern betrachten, sind in Wirklichkeit auf viele Menschen angewiesen«, sinniert Clay Shirky in seinem einflussreichen Buch Here Comes Everybody . Selbst »Michelangelo ließ einen Teil der Decke der Sixtinischen Kapelle von Gehilfen ausmalen«. 8 (Unerwähnt bleibt, dass die Gehilfen leicht austauschbar waren, Michelangelo aber nicht.)
Das neue Gruppendenken wird von vielen Firmen begrüßt, die ihre Arbeitskräfte zunehmend in Teams organisieren, ein Verfahren, das Anfang der 1990er Jahre populär wurde. Im Jahre 2000 hatten bereits in etwa der Hälfte der amerikanischen Firmen Teams Einzug gehalten, und heutzutage sind sie so gut wie überall vertreten. Eine in jüngster Zeit durchgeführte Erhebung zeigte, dass 91 Prozent der hochrangigen Manager glauben, dass Teams der Schlüssel zum Erfolg sind. 9 Der Berater Stephen Harvill sagte mir, es gebe unter den dreißig größeren Unternehmen, mit denen er 2010 gearbeitet hat, darunter JC Penney, Wells Fargo, Dell und Prudential, keines, das nicht mit Teams arbeitete.
Einige dieser Teams sind virtueller Natur und arbeiten von entfernten Standorten aus zusammen. Andere hingegen verlangen ein hohes Maß an persönlicher Interaktion in Form von Teambildungsübungen und Klausurtagungen, von Online-Kalendern, die allen die Verfügbarkeit der Mitarbeiter
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