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sexuelle Höhepunkte bis hin zu Geld. Sie haben nachweisbar größere ökonomische, politische und hedonistische Ambitionen als Introvertierte. Selbst ihre Geselligkeit steht dieser Ansicht nach im Dienste der Belohnungssensitivität. Extravertierte suchen die Begegnung mit anderen, weil menschliche Kontakte per se erfüllend sind.
Was liegt dieser Belohnungssuche zugrunde? Der Schlüssel scheint die positive Emotion zu sein. Extravertierte empfinden tendenziell mehr Freude und Aufregung als Introvertierte – Emotionen, die, wie der Psychologe Daniel Nettle in seinem erhellenden Buch zum Thema Persönlichkeit erläutert, »als Reaktion auf das Verfolgen oder Erreichen einer Sache freigesetzt werden, die man wertschätzt. Die Vorstellung, diese Sache zu erobern, löst Aufregung aus. Nach der Eroberung folgt die Freude.« 4 Extravertierte befinden sich mit anderen Worten oft in einem emotionalen Zustand, den wir »Überschwang« nennen könnten – ein Aufflammen von energiegeladenen, enthusiastischen Gefühlen. Es ist eine Empfindung, die wir alle kennen und mögen, aber nicht unbedingt im selben Ausmaß oder derselben Häufigkeit. Das Verfolgen und Erreichen ihrer Ziele scheint Extravertierten zusätzliche Gefühle des Überschwangs zu bescheren.
Die Grundlage dieses überschwänglichen Zustands scheint eine hohe Aktivität in einem Netzwerk von Hirnstrukturen zu sein, das oft als Belohnungssystem bezeichnet wird und zu dem der orbitofrontale Kortex, der Nucleus accumbens und der Mandelkern gehören. 5 Die Aufgabe des Belohnungssystems besteht darin, uns für potenzielle Leckerbissen zu begeistern. Experimente im Magnetresonanztomografen haben gezeigt, dass das Belohnungssystem von allen möglichen Freuden aktiviert wird, von der Erwartung eines angenehmen Geschmacks auf der Zunge über Geld bis hin zu Fotos von attraktiven Menschen.
Die Neuronen, die die Informationen in das Belohnungssystem übertragen, bedienen sich teilweise eines Neurotransmitters – eines Botenstoffs, der Informationen zwischen Hirnzellen hin und her befördert – namens Dopamin. Dopamin ist der »Belohnungsstoff«, der als Reaktion auf antizipierte Freuden ausgeschüttet wird. Je stärker unser Gehirn auf Dopamin reagiert oder je mehr Dopamin uns zur Ausschüttung zur Verfügung steht, desto mehr sind wir nach Auffassung einiger Wissenschaftler auf Belohnungen wie Sex, Schokolade, Geld und Status aus. Wenn man die Dopamin-Aktivität im Mittelhirn von Mäusen stimuliert, fangen sie an, aufgeregt in einem leeren Käfig umherzulaufen, bis sie verhungern und tot umfallen. Kokain und Heroin, die Dopamin ausschüttende Neuronen bei Menschen stimulieren, machen Menschen euphorisch.
Die Dopaminpfade der Extravertierten scheinen aktiver zu sein als die der Introvertierten. Auch wenn die genaue Beziehung zwischen Extraversion, Dopamin und dem Belohnungssystem des Gehirns noch nicht abschließend geklärt ist, sind die ersten Forschungsergebnisse faszinierend. In einem Experiment gab Richard Depue, Neurobiologe an der Cornell University, einer Gruppe von Introvertierten und Extravertierten ein Amphetamin, das das Dopaminsystem aktiviert, und stellte fest, dass die Extravertierten stärkere Reaktionen zeigten. 6 In einem anderen Experiment fand man heraus, dass Extravertierte, die bei Glücksspielen gewinnen, mehr Aktivität in den belohnungssensitiven Regionen ihres Gehirns aufweisen als Introvertierte. Und noch andere Untersuchungen haben gezeigt, dass der mediale orbitofrontale Kortex, eine Schlüsselkomponente im dopamingesteuerten Belohnungssystem des Hirns, bei Extravertierten größer als bei Introvertierten ist.
»Introvertierte hingegen«, schreibt Nettle, »weisen eine geringere Reaktion im Belohnungssystem auf und bemühen sich daher weniger, Anzeichen von Belohnung nachzugehen.« Sie sind »wie wir alle von Zeit zu Zeit von Sex, Partys und Status angezogen, aber der Kick, den sie bekommen, ist relativ gering, und deshalb reißen sie sich kein Bein aus, um diese Dinge zu erreichen«. 7 Kurz gesagt, geraten Introvertierte nicht so leicht in Euphorie.
In gewisser Weise können sich Extravertierte glücklich schätzen; Euphorie hat die wunderbare Qualität des Champagnerprickelns. Sie feuert uns an, uns beim Arbeiten und Spielen Mühe zu geben. Sie gibt uns den Mut, Chancen zu ergreifen. Die Aussicht auf überschwängliche Gefühle sorgt auch dafür, dass wir Dinge tun, die wir sonst zu schwierig oder zu lästig fänden, wie etwa
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