Babel 1 - Hexenwut
will, dass das zwischen uns funktioniert.«
»Okay.«
»Okay.«
Noch einmal küsste sie ihn, dann zog sie ihn ins Wohnzimmer und schloss die Terrassentür. Sam hatte sich keinen Zentimeter bewegt.
Als Babel das Zimmer durchquerte, kam Urd zu ihr, schnüffelte an ihr herum und bellte.
»Wahrscheinlich riecht sie den Modergeruch vom Garten«, versuchte Babel zu scherzen und schob Urd energisch von sich. »Ich brauche eine Dusche.«
»Soll ich dich begleiten«, fragte Tom mit einem Grinsen.
»Wenn du magst.«
Gemeinsam stiegen sie die Treppe hinauf, und mit jeder Stufe verschlimmerte sich ihr schlechtes Gewissen.
Was mache ich hier nur?
Dummheiten. Und du kannst niemanden dafür verantwortlich machen außer dir selbst.
18
Am nächsten Morgen war Tom schon weg, als sie aufwachte, als würden sie die Szene ihres ersten gemeinsamen Morgens nachspielen, nur mit umgekehrten Rollen. Seinen Zettel hatte er an den Spiegel geheftet.
Mach keine Dummheiten, war darauf zu lesen, aber Babel stand der Sinn ohnehin nicht nach Dummheiten. Die hatte sie am Abend zuvor bereits begangen.
Du bist wirklich hoffnungslos.
Vielleicht sollte sie Tom bitten, sie zu hypnotisieren, um eine Abneigung gegen Sam in ihr zu verankern. Wütend auf sich selbst schaute sie in den Spiegel, in dem sich die Male an ihrem Hals zeigten, die inzwischen in den schönsten Blautönen schillerten. Außerdem schmerzten ihre Oberschenkel und die Schultern.
»Wie James Bond am Tag nach der Rettung der Welt zurechtkommt, fragt auch niemand«, murmelte sie, ging unter die Dusche und strich sich danach die Schulter mit Tamys Salbe ein, die seltsamerweise nach Sellerie roch.
Als sie endlich in der Küche ankam, war es bereits später Vormittag. Der Mann im Radio sprach von der bevorstehenden Mittagspause, die man dazu nutzen sollte, bei ihm im Sender anzurufen, um seine Meinung zum Thema Gesundheitsreform zu verkünden.
Guten Tag, mein Name ist Babel, und ich bin eine Hexe. Ich bin sehr empört darüber, dass sich die Krankenkassen weiterhin weigern, meinem Kurantrag stattzugeben, wenn mir ein Dämon das Herz aus dem Leib reißt. Halten Sie das etwa für gerecht?
»Rufen Sie an, liebe Hörer, wir sind an Ihrer Meinung interessiert!«
Mit Sicherheit.
Und wenn wir schon mal dabei sind, wussten Sie, dass der Berliner Fernsehturm Dämonen anzieht? Ehrlich.
Babel hatte gerade das Frühstück beendet, als das Telefon klingelte. Es war Karl.
»Was machst du gerade?«, fragte er ohne Umschweife.
»Mir überlegen, wie ich zur Gesundheitsreform stehe.«
»Entschuldige, dass ich gefragt habe. Okay, dann eben gleich zum Wesentlichen. Dein Journalist ist echt. Die Artikelreihe zu Wagenburgen hat's auch gegeben. Das stimmt zumindest alles.«
Es wäre auch zu einfach gewesen.
»Hast du sonst noch was rausfinden können?«
Sie hörte, wie er wieder einmal in seinen Papieren wühlte. »Der Kerl ist seit einem halben Jahr in der Stadt und arbeitet auch seit dieser Zeit für unser Käseblatt. Wenn du mich fragst, ist das eine Sackgasse.«
»Nicht unbedingt.« Nachdenklich löffelte sie Zucker in die dritte Tasse Kaffee. »Ich will ihn mir trotzdem ansehen. Nur für alle Fälle. Ausschließen, dass er in der Sache drinhängt.«
»Würdest du ihn denn wiedererkennen?«
»Wahrscheinlich nicht. Mehr als seinen Rücken habe ich ja nicht gesehen. Aber das ist auch nicht der entscheidende Punkt. Er würde mich wiedererkennen. Vielleicht wird er nervös und führt uns zu der Hexe.«
»Mir gefällt der Gedanke nicht, dass du da allein hingehst.«
»So etwas wie gestern wird mir nicht wieder passieren, Karl. Vielleicht war es genau das, was ich gebraucht habe.«
»Einen Schlag auf den Hinterkopf, damit du dich konzentrierst? Das hättest du sagen sollen, dann hätte ich dir gern einen Klaps verpasst.«
»Drauuuf... drauuuf... krik ... Kooapf ab ... krik ...«, ertönte es aus dem Hintergrund.
»Irgendwann werde ich dem verdammten Vogel den Hals umdrehen«, murmelte Babel. »Ich warte, bis Tom wieder hier ist, bevor ich mir den Kerl vornehme, einverstanden?«
»Okay. Aber ruf mich an, wenn's brenzlig wird, dann komme ich.«
»Und rettest mich wie ein Prinz in strahlender Rüstung?«
»So ähnlich.«
Sie lächelte, auch wenn er es nicht sehen konnte. »Mach dir keine Sorgen, ich krieg das hin.«
»Das tust du besser, Mädel.«
Nach dem Telefonat ließ Babel Urd in den Garten. Tom hatte sie erneut bei ihr gelassen, weil der Hund beim Abbau der Wagenburg nur im
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