Babel 1 - Hexenwut
solltet ihm dankbar sein.«
»Das hat damit überhaupt nichts zu tun. Wir sorgen füreinander, und Tom weiß das.«
»Hast du auch das Gefühl, dass sie sich manchmal wie eine Sekte anhören?«, fragte Sam, und plötzlich war das Zucken in Babels linkem Auge wieder da.
»Noch ein Wort, und ich reiß dir die Zunge raus, klar?«
Aber Sam blieb von ihrer Drohung unbeeindruckt, stattdessen hob er nur die Hände, wie er es schon als Siebzehnjähriger getan hatte, und die Geste bedeutete noch immer dasselbe: Ich bin das reinste Unschuldslamm.
»Ich kann mir ohnehin nicht vorstellen, dass Tom länger bleibt, wenn er erfahrt, dass dieser Typ hier ebenfalls ein und aus geht«, sagte Konrad. »Seine Schwärmerei für dich ist wie ein Fieber, aber gegen Fieber gibt es Mittel.«
»Willst du mir jetzt auch noch drohen? Du suchst dir dafür wirklich den ungünstigsten Zeitpunkt aus.«
Sam ließ die Fingerknöchel knacken. »Okay, mir reicht's jetzt, ich schmeiß den Kerl raus.«
Und bevor sie es verhindern konnte, hatte er den Plag, der ihn um einen halben Kopf überragte, an Arm und Kragen gepackt und zerrte ihn zum Tor. Obwohl er sich wehrte, hatte Konrad Sams Kraft und seinem unbeherrschten Temperament wenig entgegenzusetzen. Er gab dem Plag einen Stoß, der den Mann aufs Straßenpflaster beförderte. Fast tat er ihr leid.
Mühsam rappelte er sich auf und betrachtete die aufgeschürften Hände, die er sich bei dem Sturz zugezogen hatte. Der Blick, den er ihnen zuwarf, war selbst an der üblichen Antipathie der Plags gemessen feindselig. Ohne ein weiteres Wort rappelte er sich auf und humpelte davon. Auf der anderen Straßenseite blieb eine Frau stehen und schaute ihm irritiert nach.
Als sich Sam zu Babel umdrehte, sah sie ihn mit verschränkten Armen an.
»Der Hahn im Hof hat also sein Territorium verteidigt, herzlichen Glückwunsch.«
»Was denn? Ich hab doch gar nichts gesagt. Komm schon, der Kerl hat's verdient.«
»Trotzdem war es nicht sehr diplomatisch. Ich arbeite gerade für sie.«
»Nein, du spielst ihren Babysitter. Und seit wann bist du diplomatisch?«
Vor Kurzem hatte Babel noch zu Clarissa gesagt, dass es nicht klug war, einen Krieg gegen die Plags vom Zaun zu brechen -und nun war sie selbst auf dem besten Weg dorthin, weil sie wieder einmal nicht in der Lage war, Sams Temperament Zügel anzulegen.
Sie maßen sich mit Blicken, bis Babel den Kontakt abbrach und zur Haustür ging. Die Dogge war nirgendwo zu sehen, nur ein Busch an der Grenze zum Nachbargrundstück wackelte verdächtig.
Hiermit präsentiere ich Ihnen den nutzlosesten Wachhund, den es gibt. Er reagiert nicht mal, wenn ein Dämonenkind in der Nähe ist!
Sam folgte ihr in die Küche, in der sie sich gegenüberstanden wie zwei Gladiatoren kurz vor dem Kampf, bis Babel irgendwann zornig fragte: »Was zum Henker willst du schon wieder hier?«
»Fragen, ob du meine Hilfe brauchst. Hättest du es gestern Abend nicht so eilig gehabt, hätte ich das da schon gefragt. Die Sache wächst dir über den Kopf, Babel.«
Mit Scham dachte sie an das, was sie den Abend zuvor mit ihm getan hatte, und vermutlich wurde sie sogar ein bisschen rot, wenn sie die Hitze in ihren Wangen richtig deutete. Dabei gab es rational betrachtet gar keinen Grund, sich zu schämen. Es war ja nicht so, dass Tom und sie irgendwelche Verpflichtungen eingegangen waren. Sie kannten sich seit ein paar Tagen, da machte man doch noch keine Versprechen. Trotzdem konnte sie sich des Gefühls nicht erwehren, dass sie ihn hintergangen hatte. Eben weil sie genau spürte, dass die Sache mit ihm nicht nur eine kleine Sommerliebelei war. Es steckte mehr dahinter - und sie war auf dem besten Wege, das kaputt zu machen.
»Was soll das mit diesem Plag, Babel? Ich kann ihn überall an dir riechen.«
»Das geht dich nichts an, okay? Das ist meine Sache.« Sie sah zur Seite.
»Versuchst du mal wieder, ein normales Leben zu fuhren?«
Der Schlag saß, und das wusste er auch. Aber sie konnte sich von ihm nicht ablenken lassen. Für dieses Drama blieb keine Zeit. »Ich kann das jetzt nicht ausdiskutieren, Sam. Zuerst muss ich diese Sache zu Ende bringen.«
»Du meinst, die Sache mit den toten Plags.«
»Ich muss einer Spur folgen. Ein paar Fragen stellen, solche Sachen. Ich hab s versprochen.«
Für einige Herzschläge fixierte er sie mit seinem Blick, als könne er so ihre Gedanken lesen und herausfinden, wie ernst es ihr damit war. Dann lehnte er sich an den Türrahmen, als wäre es sein
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