Babel 1 - Hexenwut

Titel: Babel 1 - Hexenwut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Winter

Vom Netzwerk:

hindeutete. Aber die beißende Energie der Totenebene konnte sie nicht spüren.
    Hier war eindeutig Magie ausgeübt worden, aber Totenenergie ließ sich nicht finden.
    Das kann nicht sein.
    Eine plötzliche Starre erfasste alle ihre Glieder.
    »Babel?«
    Das ist unmöglich.
    »Babel!«
    Sie sah auf, direkt in Toms besorgtes Gesicht.
    »Was ist?«
    Es fiel ihr schwer, die Worte auszusprechen, die mit einem Mal alles veränderten. »Hier ist nichts.«
    »Was meinst du mit nichts?«
    Verwirrt hob sie die Hände. »Ich meine, ich kann absolut keine Totenenergien spüren.«
    »Das ist unmöglich. Alle Lebewesen geben bei ihrem Tod Energie an die Umwelt ab. Auch wir. Wir waren Energie, bevor wir Fleisch wurden, und dahin gehen wir auch zurück.«
    Ungeduldig stand sie auf, schob den Rock nach unten und klopfte sich die Hände ab. »Ich brauche keine Vorträge über Magie, Tom, ich kenn mich damit aus. Und ich sage dir, hier ist nichts.«
    »Du musst dich irren.«
    »Das tue ich nicht. Ich bin keine Anfängerin.«
    Sein Blick fiel auf ihre Hände, und auch dieses Mal ließ Babel ihn sie betrachten. Es stimmte - wenn es um Totenenergie ging, kannte sie sich aus. Damals mit Sam hatte sie so viele Tiere
    getötet, um Dämonen zu beschwören, dass sie eine Zeit lang geglaubt hatte, der Tod wäre ihr Parfum, so sehr hatte sie sich an seinen Geruch und seine weiße Farbe gewöhnt.
    Beunruhigt sah sie sich um. So etwas hatte sie noch nie erlebt. Die Toten hinterließen immer Spuren. Plötzlich erinnerte sie sich an das, was Peking gesagt hatte. Er hatte über die Leere gesprochen, und sie hatte angenommen, er meine das Leben nach dem Tod. Aber vielleicht hatte er ja auch diese Leere gemeint, die Abwesenheit der Totenenergie.
    Ihre Unruhe übertrug sich auf Tom, und sie sah ihm an, dass er am liebsten gegangen wäre. Nicht aus Angst, sondern weil ihm diese ganze Sache zutiefst zuwider war. Der magische Umgang mit Totenenergie war für die Plags wie ein rotes Tuch.
    Babel ging es nicht besser.
    Ich bin nicht mehr die, die ich damals war.
    In ihrem Hinterkopf hörte sie Sams dunkles Lachen und wie er flüsterte: Du Feigling.
    »Vielleicht wurde sie nicht hier ... getötet.«
    Tom schüttelte den Kopf. »Die Kerle von der Kriminaltechnik waren fit, und der Beamte von der Kripo hat mir gesagt, dass es hier passiert ist.« Er ging zum Sofa und ließ sich fallen. Vollkommen ratlos blickte er sich im Zimmer um, aber nichts gab darüber Aufschluss, was hier geschehen war. Seine Schultern waren angespannt nach oben gezogen, und Babel ahnte, was in ihm vorging. Was sollte er den anderen Plags erzählen? Er war es schließlich gewesen, der sich dafür eingesetzt hatte, eine Hexe zurate zu ziehen - und jetzt brachte ausgerechnet diese Hexe noch schlimmere Nachrichten. Aber Babel wollte ihn auch nicht anlügen, das wäre für ihn und seine Leute noch gefährlicher.
    »Welche Erklärung könnte es dafür geben, dass du nichts siehst?«, fragte er nach einer Weile.
    »Ich kann nicht ausschließen, dass es an mir liegt, aber das glaube ich nicht. Gestern hat dieser Zauber noch sehr gut funktioniert, und ich habe keine Schwierigkeiten, alle anderen Energien zu erkennen. Bei dem, was hier passiert ist, müsste ich irgendetwas sehen. Wenigstens eine winzige Spur Weiß. So schnell verflüchtigt sich Totenenergie nicht.« Sie setzte sich neben ihn, den Bück auf Annabeiles Gestalt auf dem Foto gerichtet. »Ehr-Üch gesagt wirkt es, als hätte irgendwas die Energie abgesaugt, und zwar gründlich.«
    »Wie? Mit einem Zauber?«
    Nachdenklich nickte sie und wartete darauf, dass er den Zusammenhang herstellte.
    »Dann war es wirklich eine Hexe.«
    Die Vermutung stand zwischen ihnen und bereitete ihr Magenschmerzen. Babel war noch nie einer anderen Hexe begegnet, die die Ebenen so leicht beeinflussen konnte wie sie selbst. Totenenergie zu erzeugen, war einfach, sie zu lenken, allerdings schwierig. Wie Pech klebte sie an dem Ort, der mit ihr in Berührung gekommen war. Einen Ort vollständig von ihr zu reinigen, erforderte Kraft und Konzentration, die nur wenige Hexen aufbrachten. Gegen jemanden anzutreten, der das fertigbrachte, war eine düstere Aussicht, die Babel mehr beunruhigte, als sie vermutet hätte. Babel bediente sich dieser Fähigkeit nicht mehr. Wenn eine Hexe also über ausreichend Kraft verfügte, um kontrolliert Totenenergie aufzunehmen, und keine Skrupel hatte, das auch anzuwenden, war sie in vielerlei Hinsicht mächtiger als Babel, deren