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Babel Gesamtausgabe - Band 1-3

Babel Gesamtausgabe - Band 1-3

Titel: Babel Gesamtausgabe - Band 1-3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Winter
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noch.«
    »Wie erfrischend, wenn sich mal jemand nicht sofort eine Meinung bildet«, erwiderte sie und sah sich suchend auf dem Gang in der zweiten Etage um. »Munzkis Büro muss da hinten sein.« Sie zeigte auf das Ende des Gangs.
    Tom grinste. »Der weiteste Weg. Das gibt den Besuchern Zeit, noch einmal genau über das nachzudenken, was sie später sagen wollen.«
    Auf dieser Etage waren kaum Besucher unterwegs. Hin und wieder klappte eine Tür und entließ einen mürrisch aussehenden Mitarbeiter mit Aktenordnern unter dem Arm. Neben der Tür des Staatsanwaltsbüros war ein Messingschild angebracht, auf dem zu lesen war: Frau Hohenlink, Sekretariat, bitte anklopfen . Kein einziger Fingerabdruck war darauf zu sehen, als hätte erst kürzlich jemand mit einem Poliertuch darüber gewischt. Gegenüber der Tür stand eine alte Bank, wie sie oft in Rathäusern und Bibliotheken zu finden sind. Unbequeme Ungeheuer, auf denen einem schon nach drei Minuten der Hintern wehtut.
    Argwöhnisch betrachtete Babel die Bank, setzte sich dann aber doch, bevor sie zu Tom sagte: »Zuerst müssen wir die Sekretärin loswerden. Wir haben keinen Termin, deshalb wird sie uns nicht zu Munzki durchlassen. Da musst du mir helfen. Du klopfst und musst unbedingt die Tür offen lassen, damit ich die Frau sehen kann. Wenn das von hier aus nicht geht, komme ich dir nach und tue so, als wären wir zusammen hier. Frag sie irgendwas, von mir aus, wie das Wetter ist, aber sorg dafür, dass sie sich ein bis zwei Minuten mit dir unterhält. Kriegst du das hin?«
    »Kein Problem.«
    Nein, wahrscheinlich nicht.
    »Und was machst du in der Zwischenzeit?«
    »Ich zaubere, huh-huh.« Sie fuhr mit den Händen durch die Luft, wie es die Theaterzauberer taten, aber Tom schien unbeeindruckt. Für einen kurzen Moment runzelte er die Stirn, aber er sagte nichts weiter dazu. Sicher hatte er nicht erwartet, dass sie einfach nur freundlich fragte, um etwas in Erfahrung zu bringen. Dass er in ihrer Nähe blieb, während sie Magie ausübte, war ihm anzurechnen, denn es musste ihn einige Überwindung kosten.
    Entschlossen ging er zur Tür hinüber und klopfte. Nachdem ein barsches »Herein« ertönt war, öffnete er die Tür bis zum Anschlag und trat an einen Schreibtisch, der mit der Stirnseite zum Gang stand, sodass Babel freie Sicht auf eine ältere Dame hatte, die missmutig die Nase krauszog. Breitbeinig stellte er sich links von ihr auf, die Daumen in die Gürtelschlaufen gehakt. Es war nicht schwierig, sich vorzustellen, welchen Anblick er bot – und welche Ablenkung dieser Anblick darstellte. Aber genau deshalb hatte sie ihn ja mitgenommen; seine hypnotischen Fähigkeiten kamen hier gerade recht.
    Babel hörte ihn nach einer anderen Abteilung fragen, dabei neigte er sich der Frau entgegen, und es dauerte nur wenige Sekunden, bis das Naserümpfen verschwunden war und einem unsicheren Lächeln Platz gemacht hatte. Ihr Blick huschte zwischen seinem Gesicht und seiner Körpermitte hin und her, immer schneller. Die Arme hatte nicht die geringste Chance.
    Würde Tom jetzt eine Flöte auspacken und damit durch die Gänge ziehen, würde sie fröhlich jubilierend hinter ihm hertanzen , dachte Babel. Allerdings stand zu vermuten, dass sie selbst ähnlich jubilierend hinterhergelaufen wäre.
    Es wurde Zeit, sich auf Wichtigeres als eine Flöte zu konzentrieren!
    Den Blick auf die Sekretärin und ihr verzücktes Lächeln gerichtet, stellte sich Babel eine sanfte Welle vor, die von ihrer Hand fortrollte. Unauffällig richtete sie die rechte Handfläche gegen die Frau hinter dem Schreibtisch. Die Magie pulste durch ihre Finger und wärmte das Silberarmband. Durch leichte Bewegung der Finger setzte sie die Welle in Bewegung, die den Gang überquerte. Ein zufällig Vorbeigehender würde sie als warme Luft spüren. Hätte Babel die Magie sichtbar gemacht, wäre ihre Farbe ein intensives Grün wie von kleinen bitteren Äpfeln. Ihr Blick hielt an der Sekretärin fest, er gab den Weg vor, den die Welle nehmen sollte. Über den Hals, weiter nach unten bis hin zu der Stelle, wo der Magen liegen mochte. Dort sollte die Magie die Magensäure langsam zum Schaukeln bringen.
    Als die erste Welle ihr Ziel erreicht hatte, verließ die nächste auch schon Babels Hand und nahm denselben Weg. Da sie der Frau keinen dauerhaften Schaden zufügen wollte, konzentrierte sie sich auf das Bild ihres Magens, um nicht versehentlich Herzrhythmusstörungen auszulösen. Babel begann zu schwitzen, sie

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