Babel Gesamtausgabe - Band 1-3
dass in seinem Inneren alles andere als Ruhe herrschte.
»Mein Gott, Babel, ist das wirklich so schwierig zu verstehen? Ich komme eben manchmal her, um in deiner Nähe zu sein.«
Sie sahen sich an, und es war so verdammt schwer, nicht zu ihm hinüberzugehen.
Glaubte er wirklich, sie könnten ihr Happy End haben, wenn sie ihm nur endgültig nachgeben würde? Zeitung lesen am Frühstückstisch und am Sonntag Brunch mit Freunden? Sie waren beide nicht der Typ dafür.
Aber da waren eine unbestimmte Sehnsucht und die Erinnerungen an diese besonderen Stunden mit ihm, die sie nicht loslassen wollten.
Spring mit mir durchs Johannisfeuer, Babel! Wer da durchspringt, soll im nächsten Jahr Glück haben. Du brauchst keine Angst haben, ich halte dich fest.
Du wirst mich loslassen, wenn wir über das Feuer springen.
Niemals.
Und er hatte nicht losgelassen. Gemeinsam waren sie durchs Feuer gesprungen, in einem Dorf, mitten im Niemandsland, in dem die Zeit irgendwie stehen geblieben war – und er hatte ihre Hand fest umklammert gehalten. Danach waren sie nackt im See baden gewesen und hatten sich an dessen Ufer unter den Sternen geliebt. Ganz zerschrammt war ihr Rücken von den Kieseln gewesen, und dennoch war es eine der besten Nächte ihres Lebens gewesen. Das Feuerspringen hatte allerdings nicht gehalten, was es versprach. Im darauffolgenden Jahr hatte sie kein Glück gehabt.
Das Zuschlagen einer Autotür riss sie aus ihren Erinnerungen.
Hastig sprang sie auf, trat ans Fenster und entdeckte Toms Wagen. Er hatte Urd mitgebracht. Irgendwie bekam sie die Autotür auf und stürmte in Babels Garten, um an den Apfelbaum zu pinkeln. So viel zum Ritualplatz.
»Du musst jetzt gehen, Sam«, sagte Babel leise, ohne ihn anzusehen.
Als er neben sie trat, konnte sie die Hitze spüren, die von ihm ausging. Misstrauisch beobachtete er Tom durch die Scheibe.
»Dein Typ, würde ich sagen.«
»Hör auf!«
Peking hatte wohl recht gehabt, es war besser, die beiden trafen nicht aufeinander. Ihre Stimme klang brüchig, als sie ihn bat: »Leg es heute nicht darauf an, okay? Ich kann das heute nicht.«
Einen Moment schwieg er, doch dann flüsterte er: »Na schön, Babel, wie du willst. Aber das hier ist noch nicht beendet. Du weißt selbst, dass du dir was vormachst. Wenn das nur irgendeine Geschichte wäre, dann wäre sie schon vor Jahren vorbei gewesen.«
Überrascht schaute sie auf, weil er jetzt doch nachgab. Sie sahen sich in die Augen, und es kam zu einem dieser seltsamen Momente, in denen Babel ihm bis ins Herz sehen konnte – in dem er noch immer dieses Bild von ihnen trug. Die Wahrheit war, dass sie irgendwie immer darauf gewartet hatte, er würde ihr eines Tages sagen, er hätte eine andere Frau getroffen und sich verliebt. Aber der Tag war nie gekommen.
Auch nicht für sie. Jedes Mal, wenn sie sich verliebte, musste sie schmerzhaft feststellen, dass sie zwar neu lieben, die alte Liebe aber nicht ablegen konnte. Und drei waren meistens einer zu viel im Bett. Das war fast immer der Grund gewesen, warum ihre Beziehungen irgendwann den Bach runtergegangen waren.
Unwillkürlich schaute sie wieder zu Tom, der auf das Haus zukam. Im selben Moment beugte sich Sam herab. Er küsste sie auf den Nacken, und sie erstarrte. Ihre Energien verbanden sich miteinander, sie spürte, dass die grauen Wellen in ihrem Energiemuster in Bewegung gerieten wie die Saiten einer Geige. Er erzeugte einen Ton in ihr, etwas Geheimes, das nur ihnen beiden gehörte. Gleichzeitig wunderschön und erschreckend. Ihr Herz setzte für einen Schlag aus, um danach umso heftiger weiterzuschlagen.
Erinnerst du dich noch …
Aber ja.
Als Babel es endlich schaffte, sich zu bewegen, war Sam durch die Terrassentür verschwunden, und es klingelte an der Haustür. Wie aus einer Trance erwachte sie, aber ihr Herz schlug noch immer wie rasend. Sie warf einen letzten Blick aus dem Fenster und stellte fest, dass Urd gerade dabei war, unter dem Apfelbaum die Knochen des alten Ritualtiers auszubuddeln.
»Verdammt!« Hastig stürmte sie zur Tür und an Tom vorbei, der überrascht rief: »Was ist denn?«
»Dein Hund scharrt Knochen aus.«
Sie pfiff nach Urd, die sie schwanzwedelnd ansah, einen Knochen im Maul. Langsam trat Babel auf sie zu und hob die Hände.
»Das ist nun wirklich nichts für dich. Leg es wieder hin, ja?«
Die Hündin legte den Kopf schief.
»Das hier ist alt. Das schmeckt doch gar nicht mehr.«
Urd setzte sich, ließ den Knochen aber nicht los und
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